Digitalpolitischer Jahresrückblick: Ein Jahr im Zeichen des Mobilfunks

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Veröffentlicht am 06.01.2020

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In der Digitalpolitik spielten der neue Mobilfunkstandard 5G und eine bessere Mobilfunkversorgung in allen Winkeln des Landes 2019 eine herausgehobene Rolle. Wir fassen noch einmal zusammen, was zur Zukunft des Mobilfunks beschlossen wurde, welche digitalpolitischen Höhepunkte das Jahr sonst noch zu bieten hatte und werfen auch schon einmal einen Blick voraus auf die Agenda im neuen Jahr 2020.

Das Jahr 2019 stand digitalpolitisch ganz im Zeichen des Mobilfunks. Das Jahr begann mit den 5G-Frequenzauktionen – Mitte Juni standen die Ergebnisse fest. Es schlossen sich Debatten zur IT-Sicherheit der Mobilfunkinfrastruktur und Beschlüsse zur Verbesserung der Netzabdeckung an. Im November beschloss die Bundesregierung dann ihre Mobilfunkstrategie. Aber es tat sich noch einiges mehr: Mit einem neuen Staatsvertrag wurde das Medienrecht des Landes in die Gegenwart katapultiert und an die Realität der Digitalisierung angepasst. Mit ihrer neuen Blockchain-Strategie will die Regierung die Innovationskraft stärken und mit dem im März beschlossenen DigitalPakt Schule soll die digitale Bildung in Deutschland Fahrt aufnehmen.

Der Mobilfunk der Zukunft

Mit den 5G-Frequenzauktionen, die Mitte Juni ihr Ende fanden, wurden die Grundlagen für den Mobilfunk der Zukunft gelegt. Den Aufbau des 5G-Netzes übernehmen die Mobilfunkanbieter Deutsche Telekom, Vodafone, Telefónica und 1&1 Drillisch. Dafür zahlen sie dem Bund insgesamt 6,55 Milliarden Euro für die Frequenzen. Dies führte auch zu Kritik, insbesondere von Seiten der Mobilfunkunternehmen, die die Fragen aufwarfen, ob dieses Geld nicht besser in den Ausbau der Mobilfunkinfrastruktur hätte fließen sollen.

Valentina Daiber, Vorstand für Recht und Corporate Affairs, bei der Auftaktveranstaltung in Mainz | Foto: Telefónica

Denn mit der Ersteigerung der Frequenzen gingen Versorgungsauflagen über das 5G-Netz hinaus einher. Diese sehen unter anderem vor, dass die etablierten Netzanbieter bis Ende 2022 mindestens 98 Prozent der Haushalte je Bundesland mit mindestens 100 Mbit/s erreichen müssen und 1.000 5G-Basisstationen sowie 500 Basisstationen mit mindestens 100 Mbit/s in bisher unversorgten „weißen Flecken“ in Betrieb nehmen. Weitere Ausbauschwerpunkte liegen auf Autobahnen, Bundes- und Landstraßen, Schienenwegen und Wasserstraßen.

Schlussendlich einigten sich die Mobilfunkanbieter mit dem Bund auf einen Vertrag, der eine nochmalige Ambitionssteigerung beim Mobilfunkausbau vorsieht, den Unternehmen aber finanziellen Spielraum verschafft. Sie können ihren jeweiligen Anteil an den Kosten für die 5G-Frequenzen jetzt in jährlichen Raten bis 2030 an den Bund überweisen. Zur Einigung mit der Bundesregierung erklärte der Vorstandsvorsitzende von Telefónica Deutschland, Markus Haas:

„Für unsere 45 Millionen Kunden im o2 Netz ist der heute geschlossene Pakt eine gute Nachricht. Wir haben im Schulterschluss mit der Politik und der Industrie die Voraussetzungen dafür geschaffen, unser hochmodernes Netz noch schneller und noch weiter in die Fläche zu bringen. Für eine digitale Vernetzung Deutschlands auf Weltniveau müssen wir jetzt mutig weitere Schritte gehen.“

Konkret setzt der Vertrag zwischen den Unternehmen und der Bundesregierung das Ziel, „99% der Haushalte bundesweit bis Ende 2020 und 99% der Haushalte in jedem Bundesland bis 2021“ mit Mobilfunk zu versorgen. Um dieses Ziel zu erreichen, vereinbarten die Unternehmen, ihre Kooperation zu verstärken und 1.400 zusätzliche Mobilfunkmasten zu errichten, die für eine Nutzung durch jeden Betreiber offenstehen.

Die Bundesregierung baut mit

Auf der Digitalklausur der Bundesregierung Mitte November beschloss das Bundeskabinett dann die Mobilfunkstrategie des Bundes. Die Strategie legt Ziele für den weiteren Mobilfunkausbau fest und benennt Maßnahmen zu dessen Beschleunigung. Darüber hinaus will sich die Bundesregierung selbst am Mobilfunkausbau beteiligen. Der auch für die digitale Infrastruktur zuständige Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) erklärte dazu:

„Trotz der Versorgungsauflagen und vertraglicher Verpflichtungen haben wir etwa 5.000 weiße Flecken, weil der Ausbau dort schlicht nicht wirtschaftlich, aber trotzdem notwendig ist. Wir werden daher die Erschließung von bis zu 5.000 Mobilfunkstandorten im Zusammenhang mit dem Gigabitausbau mit rund 1,1 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen ‚Digitale Infrastruktur‘ fördern. Bei der Umsetzung wollen wir die Kommunen umfassend unterstützen. Auch dafür wollen wir eine bundeseigene Gesellschaft errichten.“

Um beim Mobilfunkausbau schneller voranzukommen, will die Bundesregierung „Beschleunigungspotenziale“ bei Genehmigungsverfahren oder im Baurecht identifizieren. Die Länder werden angehalten, einen zentralen Ansprechpartner zum Mobilfunkausbau für Bürgermeister, Abgeordnete und Landräte zu schaffen, um konkret mitzuhelfen, Probleme vor Ort zu lösen. Bei 5G verfolgt die Bundesregierung das Ziel, dass 20 deutsche Städte bis Ende 2020 mit dem neuen Mobilfunkstandard versorgt werden.

Die digitale Zukunft braucht Bildung, Regeln und Innovation

Bereits im März 2019 gab der Bundesrat dem DigitalPakt Schule abschließend grünes Licht. Im Rahmen des Digitalpakts sollen bis Ende 2023 fünf Milliarden Euro zur Förderung der digitalen Bildung in Schulen und Berufsschulen fließen. Mit den Mitteln sollen die Schulen ans Breitbandnetz angeschlossen und mit den notwendigen Geräten für eine digitale Bildung ausgestattet werden. Im Gegenzug für die Unterstützung des Bundes verpflichten sich die Länder, die Entwicklung der digitalen Bildung durch moderne Lehrpläne und die Umgestaltung der Lehreraus- und -weiterbildung zu fördern. Die Verbesserung der digitalen Bildung soll einen Beitrag zur Stärkung der digitalen Kompetenz der Schüler*innen und späteren Arbeitnehmer*innen leisten. Sie sollen lernen, selbstständig in der digitalen Welt zurecht zu kommen und das notwendige Rüstzeug für den späteren Beruf erhalten. Schon jetzt fehlen den Unternehmen der Digitalbranche qualifizierte Mitarbeiter*innen.

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Foto: Unsplash / Patricia Prudente / Ausschnitt bearbeitet

Im Zuge der Digitalisierung hinkt aber auch oftmals das Recht hinterher. Digitale Medien, wie Facebook, Youtube oder Instagram nutzt heute fast jeder. Anders als Radio oder Fernsehen unterliegen diese Angebote jedoch kaum Regeln. Das soll sich durch eine Reform des Rundfunkstaatsvertrags ändern. Für Suchmaschinen und Soziale Netzwerke sieht der neue Staatsvertrag zum Beispiel Transparenzpflichten vor. Sie müssen zukünftig offenlegen, nach welchen Kriterien sie Inhalte auswählen und präsentieren. Auf Benutzeroberflächen, etwa der Programmübersicht auf einem Smart-TV, dürfen bestimmte Programme und Inhalte auch nicht ohne Grund schwieriger zu finden sein. Der Anfang Dezember von den Ministerpräsident*innen der Länder beschlossene Entwurf des neuen Medienstaatsvertrages soll bis März 2020 unterzeichnet werden – aktuell prüft die EU-Kommission dessen Vereinbarkeit mit dem europäischem Recht.

Innovationspotenziale für viele Sektoren der deutschen Wirtschaft sieht die Bundesregierung in der Blockchain-Technologie. Um die Chancen der Technologie zu nutzen, haben Bundeswirtschafts- und Bundesfinanzministerium die Blockchain-Strategie der Bundesregierung entwickelt. Diese sieht die Förderung von Forschung und Entwicklung, insbesondere in Reallaboren, die Verbesserung von Investitionsbedingungen und die Anwendung der Blockchain in der digitalen Verwaltung vor. Generelles Ziel ist, dass Deutschland seine Position als Standort für die Entwicklung erfolgreicher Blockchain-Anwendungen ausbaut. Dazu passend will die Bundesregierung mit der neuen Industriestrategie 2030 „Game-Changer-Technologien“ fördern.

Digitalpolitische Agenda 2020 bereits gut gefüllt

Auch für 2020 stehen sowohl in Deutschland als auch auf europäischer Ebene bereits einige digitalpolitische Tagesordnungspunkte auf der Agenda. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht hat noch im Dezember einen Referentenentwurf für ein Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität vorgelegt. Ein zentrales Anliegen ist, Menschen auch im Internet vor „Hatespeech“ zu schützen und die Grundlagen zu schaffen, damit Täter strafrechtlich verfolgt und zur Rechenschaft gezogen werden können. Der Entwurf wird voraussichtlich im Februar vom Kabinett beschlossen.

Im Frühjahr will die Bundesregierung außerdem eine „Datenstrategie“ beschließen, deren Eckpunkte im Rahmen der vergangenen Digitalklausur beraten wurden. Aus Sicht der Regierung sind Daten „eine Schlüsselressource“ für Wohlstand und Teilhabe im digitalen Zeitalter. Ziel der Strategie ist deshalb, die Bereitstellung und Nutzung von Daten deutlich zu steigern, keine neuen Datenmonopole entstehen zu lassen, eine gerechte Teilhabe zu sichern und Datenmissbrauch zu verhindern.

Im Bundesumweltministerium wird derweil an einer umweltpolitischen Digitalagenda gearbeitet. Die Eckpunkte stellte Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) bereits auf der re:publica im Mai 2019 vor. Mit der Agenda soll ein Beitrag dazu geleistet werden, die Digitalisierung zum Wohle von Klima- und Umweltschutz einzusetzen. Denn zum einen sieht das BMU „enormes Potenzial für den Umwelt- und Klimaschutz“, zum Beispiel durch Mustererkennung, Vernetzung und die Analyse großer Datenmengen. „Gleichzeitig stellt der Rohstoff- und Energiebedarf für Rechenzentren, Endgeräte und digitale Infrastrukturen aber auch eine neue Herausforderung für den Schutz von Ressourcen, Natur und Klima dar.“

Nach den Europawahlen 2019 und dem Start der neuen Europäischen Kommission im Dezember lohnt sich auch ein Blick auf die Digitalagenda auf europäischer Ebene. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) hat die bisherige Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager zusätzlich zur Exekutiv-Vizepräsidentin ernannt. In ihrer neuen Funktion koordiniert sie die Digitalpolitik der EU und soll „Europa fit für das digitale Zeitalter“ machen. In ihren politischen Leitlinien und in ihrem „Mission Letter“ hat die Kommissionspräsidentin Vestager konkrete Arbeitsaufträge für die kommenden Monate und Jahre mit auf den Weg gegeben.

Margrete Vestager | Foto: Henrik Andree

Vestager soll in den ersten 100 Tagen der Amtszeit der Kommission die Arbeit an einem europäischen Konzept zu Künstlicher Intelligenz koordinieren. Darüber hinaus soll sie an einer neuen, langfristigen Strategie für „Europas industrielle Zukunft“ mitarbeiten. Ein weiteres Vorhaben ist die Entwicklung von Regeln für digitale Plattformen, Dienstleistungen und Produkte als Teil eines neuen „Digital Services Act“ – der auch Arbeitnehmerrechte adressieren soll. Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt Vestagers ist das Thema Digitalsteuer. Bisher wird das Ziel verfolgt, 2020 eine Steuer für große Digitalkonzerne auf Ebene der G20 einzuführen – die OECD hat dafür einen Vorschlag erarbeitet. Sollte dies nicht klappen, drängt eine europäische Lösung auf die Agenda, denn Frankreich macht Druck bei dem Thema und befindet sich schon jetzt in einer Auseinandersetzung mit den Vereinigten Staaten.

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