Bundesländer Digital: Digitalpläne für Hamburg

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Veröffentlicht am 17.06.2020

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Die rot-grüne Koalition in Hamburg will die Digitalisierung der Hansestadt zum Schwerpunktthema machen. Vor allem die Verwaltung soll dadurch smarter werden – mit Cloud- und Plattformlösungen, Open-Source-Produkten, aber auch mehr eigenem Know-how. Bei 5G, vernetzter Mobilität und digitaler Bildung soll Hamburg Vorreiter sein.

100 Tage nach der Bürgerschaftswahl haben sich SPD und Grüne auf einen Koalitionsvertrag und damit auf die Fortsetzung ihrer Zusammenarbeit im Senat für die nächsten fünf Jahre geeinigt. Am vergangenen Mittwoch präsentierten der Erste Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) und seine Stellvertreterin Katharina Fegebank (Grüne) das 205-seitige Werk zusammen mit den Landes- und Fraktionsvorsitzenden der beiden Parteien. Überschrieben ist es mit „Zuversichtlich, solidarisch, nachhaltig – Hamburgs Zukunft kraftvoll gestalten“. Prägendes Thema der „anstrengenden“ Verhandlungen war nach Angaben von Tschentscher die COVID-19-Pandemie, die Hamburg in die schwerste Krise seit langem gebracht habe. Am Samstag votierten die Delegierten des SPD-Landesparteitages und der Landesausschuss der Grünen für den ausgehandelten Vertrag. Am Mittwoch soll die Bürgerschaft Tschentscher im Amt bestätigen.

Im neuen Senat soll die SPD neben dem Ersten Bürgermeister künftig sieben statt wie bisher acht Senatoren stellen. Ihnen fallen die Ressorts Finanzen, Inneres und Sport, Wirtschaft und Innovation, Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration, Kultur und Medien, Stadtentwicklung und Wohnen sowie Schule und Berufsbildung zu. Die Grünen erhalten das Vorschlagsrecht für die Zweite Bürgermeisterin und übernehmen darüber hinaus die Leitung von vier statt drei Behörden. Sie sind zukünftig sowohl für die neue Behörde für Verkehr und Mobilitätswende als auch die Behörde für Umwelt, Klima und Energie zuständig. Der bisherige Chef der Grünen-Bürgerschaftsfraktion, Anjes Tjarks, ist als Leiter des Verkehrsressorts designiert. Jens Kerstan war bereits in der vorangegangenen Legislaturperiode Senator für Umwelt und Energie und soll dies mit einem um das Wort „Klima“ ergänzten Titel auch in dieser Wahlperiode bleiben. Die Spitzenkandidatin und Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank soll weiterhin der Behörde für Wissenschaft, Forschung, Gleichstellung und Bezirke vorstehen. Daneben stellen die Grünen noch die Senatorin für Justiz und Verbraucherschutz.

Pläne für die digitale Stadt

SPD und Grüne wollen die „Chancen der Digitalisierung“ nutzen und Hamburg als Standort für „gute Bildung und für Spitzentechnologie aus Zukunftsbranchen“ etablieren, wie sie in der Präambel schreiben. Entsprechend finden sich im Koalitionsvertrag viele Anknüpfungspunkte – von smarter Mobilität, digitalem Lernen bis hin zu Verbraucherschutz im Internet und digitaler Justiz. Ein Fokus liegt auf der digitalen Verwaltung.

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Digitalisierung soll ein Schwerpunkt der Legislaturperiode sein und zwar als ressortübergreifendes Querschnittsthema „von höchster Bedeutung“, heißt es im Kapitel „Die digitale Stadt gemeinsam gestalten“. Die digitale Transformation verändere das Gemeinweisen und betreffe jeden, schreiben die Koalitionäre. „Es geht daher auch um einen Kulturwandel, der in erheblichem Umfang unsere Lebens- und Arbeitswelten betrifft.“ Dabei soll die Digitalisierung „zu mehr Solidarität und zu mehr Geschlechtergerechtigkeit“ führen. Zur Umsetzung verweisen sie zum einen auf die Hamburger Digitalstrategie und zum anderen auf das Amt für IT und Digitalisierung im Senat, das die Digitalisierungspolitik „mit Blick fürs große Ganze“ umsetzen könne. Als positive Beispiele nennen SPD und Grüne den Klimarechner – ein Hochleistungsrechner am Deutschen Klimarechenzentrum (DKRZ), der Wissenschaftlern Daten für die Klimaforschung liefert – und den digitalen Antrag zum Kindergeld.

Vernetzte Verwaltung mit Know-how

Die Verwaltung soll über klassische Zuständigkeitsgrenzen hinweg denken und auch selbst eigene fachliche Expertise aufbauen. Außerdem soll sie sich an den Bedürfnissen der Bürger ausrichten und Services umfassend online anbieten. „In dieser Legislaturperiode werden alle relevanten Verwaltungsleistungen für Bürger*innen und Unternehmen online verfügbar gemacht werden“, verspricht die Koalition. Dies ist mit dem Onlinezugangsgesetz (OZG) bundesweit bis 2022 vorgesehen. Hamburg wolle sich im IT-Planungsrat, dessen Vorsitz das Bundesland 2021 übernimmt, für ein Bürgerkonto einsetzen, das die Kommunikation zwischen Bürgern und Behörden deutlich verbessert.

Für den Datenaustausch will Hamburg die „Urban Data Plattform“ verbessern, um verschiedene Datenbanken besser zu verbinden. Als Beispiel für diese Plattformlösung nennen die Koalitionäre digitale Modelle von Bauwerken, sogenannte digitale Zwillinge, die sämtliche Daten in einem intelligenten Modell vernetzen. Ziel sei auch, eine offene Schnittstelle für eine maschinenlesbare Parlamentsdatenbank bereitzustellen, die im nächsten Schritt barrierefrei gestaltet und mit anderen Bundesländern standardisiert werden soll. Um unabhängiger und transparenter mit seiner Software umgehen zu können, will Hamburg stärker auf Open-Source-Produkte setzen. Anwendungen sollen möglichst quelloffen und weitergabefähig sein. Vergabeverfahren will die Koalition so gestalten, dass ein breiter Mix von Herstellern und Lieferanten genutzt wird. Es soll geprüft werden, ob die Einsicht in den Softwarecode für die Stadt verbindlich geregelt werden kann.

Für alle Bürgerschaftsabgeordnete und Mitarbeiter soll das „cloudbasierte System – Phoenix – nach dem Vorbild von Schleswig-Holstein über Dataport eingeführt werden“. Sollte das Projekt erfolgreich laufen, werde es „schrittweise und freiwillig“ in der Hamburgischen Verwaltung etabliert.

„5G-Mobilfunk-Stadt“

Die Infrastruktur in Hamburg will die Koalition „im laufenden Jahrzehnt“ flächendeckend auf ein Glasfasernetz aufbauen. Derzeit würden mit einem Förderprogramm die letzten Lücken in der Breitbandversorgung geschlossen. Kostenloses WLAN soll an touristischen Orten und öffentlichen Plätzen weiter ausgebaut werden. Zudem soll sich Hamburg „in den kommenden Jahren“ zur „5G-Mobilfunk-Stadt“ entwickeln, anknüpfend an Pilotprojekte im Hamburger Hafen.

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Ressourcenschonende Technologie ist der Koalition wichtig. Als Vorbild gilt das Dataport-Rechenzentrum, das „nur mit regenerativen Energien betrieben wird, besonders energieeffizient ist und mit seiner Abwärme Büros und eine Turnhalle beheizt“. Mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz könnten Verwaltungsabläufe beschleunigt werden, dabei sollen für die Verwaltung entwickelte Algorithmen möglichst öffentlich verfügbar gemacht werden. Damit diese nicht bestimmte Bevölkerungsgruppen diskriminieren, sollen alle Behörden die Algorithmen nach einem bestimmten Standard überprüfen.

Smarte Mobilität und digitale Bildung

Moderne Mobilität lebe vom „cleveren Mobilitätsmix“, schreiben die Koalitionäre. Sie nehmen sich vor, den Stadtteil Grasbrook im Bezirk Hamburg-Mitte zu einem „Smart-Mobility-Stadtteil“ zu entwickeln, der weitestgehend frei von motorisiertem Individualverkehr ist. Die HVV-App soll zu einer Mobilitätsplattform werden, die Radverkehr, Car- und Ridesharing, Taxen, Park und Ride sowie das Stadtrad-System vernetzt. Der Hafen ist „eines der größten Anwendungsfelder für die Digitalisierung und eines der europäischen Testfelder für 5G“, heißt es im Koalitionsvertrag. Innovationen aus dem „smartPORT“ sollen gefördert und weltweit vermarktet werden.

In den Schulen will die Koalition die Infrastruktur für digitale Technik verbessern. 13.000 Unterrichtsräume sollen „in den nächsten fünf Jahren“ mit geschütztem WLAN und digitalen Tafeln ausgestattet werden. „Für Schüler*innen und Lehrkräfte werden darüber hinaus rund 50.000 Laptops, Tablets und Mikrocomputer beschafft“, verspricht die Koalition. Zudem sollen Bildungspläne überarbeitet werden, um „systematisch digitale Kompetenzen inklusive des Programmierens“ zu berücksichtigen. Für Lehrer werde eine digitale Lernplattform zum Austausch von digitalen Unterrichtsbeispielen entwickelt.

Hamburg möchte seine Initiative nextMedia.Hamburg für die Medien- und Digitalwirtschaft weiter ausbauen. Auch die Förderung für die Gamesbranche soll fortgeschrieben werden. Für mehr Transparenz für Internetnutzer will sich die Koalition auf nationaler und europäischer Ebene einsetzen. Ein zeitgemäßer Jugendmedienschutz sei zudem ein wichtiges Anliegen, für das sich Hamburg im Länderkreis starkmachen will.

Tagesspiegel Politikmonitoring

Der vorstehende Artikel erscheint im Rahmen einer Kooperation mit dem Tagesspiegel Politikmonitoring auf der Website des BASECAMP.

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