Telekommunikation: Ergebnisse der VATM-Marktstudie 2022

Foto: Flickr Christoph Scholz | CC BY-SA 2.0 | Ausschnitt bearbeitet
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Veröffentlicht am 01.11.2022

Jedes Jahr im Herbst veröffentlicht der Verband der Anbieter von Telekommunitations- und Mehrwertdiensten e.V. (VATM) seine viel zitierte Marktstudie. Letzte Woche war es wieder soweit und es wurden neue Zahlen vor allem zum Glasfaserausbau, aber auch zum 5G-Fortschritt präsentiert.

Die Studie zum deutschen Telekommunikationsmarkt beruht auf einer Befragung der Mitgliedsunternehmen des VATM und wird im Auftrag des Verbandes jährlich von der Unternehmensberatung Dialog Consult durchgeführt. Die dazugehörige Publikation bietet einen guten Überblick über die Branche und behandelt in vier Kapiteln den Gesamtmarkt sowie die Bereiche Festnetz/Breitband, Mobilfunk und Mehrwertdienste.

Rekorde bei Investitionen und Glasfaseranschlüssen

Für 2022 stellt die Marktstudie fest, dass noch nie so viel investiert und gebaut wurde, wie in diesem Jahr. So ist die Summe der Investitionen mit 11,6 Milliarden Euro die höchste seit der Liberalisierung der Telekommunikation vor 25 Jahren. Den Großteil davon tragen mit 7 Milliarden Euro die Wettbewerber der damals privatisierten Telekom.

„Dabei wird vor allem in den ländlichen Raum investiert. Wir haben durch Vectoring auch im internationalen Vergleich viel Zeit verloren. Aber schon im vergangenen Jahr hatten wir den dritthöchsten absoluten Zuwachs in Europa.“ (David Zimmer, Präsident des VATM)

Screenshot: Twitter @vatmDE

Auch beim Glasfaserausbau wird mit 3,8 Millionen neuen FTTB/H-Anschlüssen bis zum Ende des Jahres ein neuer Höchststand erreicht, nachdem im Vorjahr bereits 2,6 Millionen Anschlüsse dazugekommen sind. Insgesamt stehen Ende 2022 geschätzt 12,3 Millionen Glasfaseranschlüsse zur Verfügung, von denen mit 3,4 Mio. ca. 28 Prozent tatsächlich genutzt werden. Das von der Bundesregierung in ihrer Gigabitstrategie angestrebte Zwischenziel einer Versorgung von 50 Prozent der Haushalte bis Ende 2025 ist damit zur Hälfte erreicht. In den nächsten drei Jahren müssen allerdings noch weitere ca. 13 Millionen Glasfaseranschlüsse hinzukommen, um die Vorgabe tatsächlich zu erfüllen.

Screenshot: Twitter @bmdv

Die Aufrüstung der bereits vorhandenen Breitbandkabelnetze auf Gigabit-Geschwindigkeiten steht laut der VATM-Studie hingegen vor dem Abschluss, da ihre Zahl 2022 nur noch um 200.000 auf 25,8 Mio. Anschlüsse steigt. Gemeinsam mit den Glasfaseranschlüssen sind somit 38,1 Millionen Gigabit-Anschlüsse verfügbar, womit drei Viertel der deutschen Haushalte potenziell versorgt sind. Nachgefragt werden momentan 12,6 Mio. der gigabitfähigen Festnetzanschlüsse, wobei fast die Hälfte der Kunden aber nur Download-Geschwindigkeiten von maximal 250 Mbit/s bucht.

5G-Zuwachs, mehr transportierte Daten & Telefonate

Hinsichtlich der Nutzung des Internets steigt das transportierte Datenvolumen 2022 weiter an: Im Durchschnitt beträgt es monatlich pro Breitbandanschluss 274,4 Gigabyte (2021: 231,2 GB), pro gigabitfähigem Anschluss 361 Gigabyte (2021: 325 GB). Im Mobilfunk verbrauchen die Nutzer:innen im Vergleich dazu durchschnittlich 5,7 Gigabyte pro Monat, was aber ebenfalls eine Zunahme bedeutet (2021: 4,1 GB).

Foto: Flickr Christoph Scholz | CC BY-SA 2.0 | Ausschnitt bearbeitet

Zum höheren mobilen Datenvolumen trägt auch der 5G-Zuwachs bei: So hat sich die Zahl der für 5G genutzten SIM-Karten innerhalb eines Jahres auf 11,7 Millionen um mehr als ein Drittel erhöht (2021: 8,7 Mio. Karten). Bei allen aktiven persönlichen SIM-Karten von 112,8 Mio. Stück entspricht das einem Anteil von 10 Prozent; den Löwenanteil deckt weiterhin das LTE-Netz mit 69 Prozent bzw. 78 Millionen Karten ab. Außerdem werden immer mehr SIM-Karten für die Vernetzung von Maschinen genutzt: insgesamt sind bereits 33,4 Prozent aller 170 Millionen in Deutschland aktiven SIM-Karten sogenannte M2M-Karten (Machine-to-Machine).

Bei den Verbindungsminuten zeigt sich zudem, dass Deutschland mehr telefoniert als im Vorjahr. Im Durchschnitt wird hierzulande täglich rund 978 Mio. Minuten telefoniert. Mit dem Abflauen der Corona-Pandemie nehmen 2022 dabei auch die täglichen Minuten aus den Festnetzen leicht ab (von 295 auf 291 Mio.), während in Mobilfunknetzen wieder mehr telefoniert wird (456 statt 443 Mio.). (Funfact: Im Jahr 2018 hat der Mobilfunk das Festnetz bei den täglichen Minuten erstmals überholt und der Abstand ist seitdem weiter gewachsen.) Spannend ist zudem, dass der seit 2020 deutliche Anstieg der gesamten Verbindungsminuten weiter anhält, nachdem sie in den Jahren zuvor bei ca. 800 Mio. Minuten pro Tag stagnierten bzw. leicht zurückgingen.

Botschaften an die Politik

Foto: David Zimmer, Präsident des VATM e.V.

Die Vorstellung der Marktstudie nutzte VATM-Präsident David Zimmer für klare Botschaften an die Politik: Zum einen betonte er die Bedeutung des Wettbewerbs für den Glasfaserausbau und verwies auf den Vorrang des schnellen eigenwirtschaftlichen Ausbaus. Die ab 2023 in Kraft tretende staatliche Förderung solle hingegen vor allem dort eingesetzt werden, wo immer noch keine 100-Mbit/s-Versorgung vorhanden ist. Zum anderen mahnte er schnelle Verbesserungen bei den Genehmigungsverfahren an, die immer noch deutlich zu lange dauern würden.

„Wir brauchen jetzt wirklich dringend bundesweit harmonisierte und digitalisierte Antrags- und Genehmigungsverfahren.“

Darüber hinaus verwies Zimmer auf die aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen durch den russischen Krieg gegen die Ukraine und die Energiekrise, die auch die Telekommunikationsbranche betreffen: steigende Energiepreise und Betriebskosten, die hohe Inflationsrate und spürbare Materialengpässe. Trotzdem sei die Branche heute eine der wenigen, die mit sinkenden Preisen für Entlastung bei den Verbraucher:innen sorge. Wie lang das durch den wachsenden Kostendruck noch möglich ist, sei aber fraglich. Deshalb schloss der Präsident des VATM auch mit einem deutlichen Appell:

„Wir sind der Enabler für die gesamte Wirtschaft, aber auch für die gesamte staatliche Verwaltung, um die Digitalisierungs-, Nachhaltigkeits- und Klimaziele zu erreichen. Die Politik muss unsere Branche endlich als Schlüsselindustrie wahrnehmen und nicht länger mit immer neuen Belastungen und mehr Bürokratie ausbremsen.“

Mehr Informationen:

Digitale Infrastruktur: Was steht in der neuen Gigabitstrategie?
VATM-Jahrbuch 2021: Langer, aber möglicher Weg in die Gigabit-Gesellschaft
VATM-Studie 2020: Starker Anstieg der Investitionen

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