Standpunkt: Eine Gigabitstrategie für Deutschland

Foto: CC-By 2.0 Flickr User Groman123. Bildname: Optical fiber bokeh / Ausschnitt bearbeitet.
Foto: CC-By 2.0 Flickr User Groman123. Bildname: Optical fiber bokeh / Ausschnitt bearbeitet.
Veröffentlicht am 19.01.2017

50 Mbit/s für 100 Prozent der Haushalte in Deutschland bis Ende 2018: Dies ist das viel diskutierte und seit 2013 fest erklärte Ziel der Breitbandstrategie der Bundesregierung. Mitte 2016 ist dieses Ziel nach Erkenntnissen der Bundesregierung bereits bei rund 72 Prozent der deutschen Haushalte erfüllt. Wesentliche Treiber dieses Erfolges sind der massive Ausbau von VDSL-Vectoring im kupferbasierten Festnetz, das Aufrüsten von Kabelnetzen und der nur in wenigen Jahren erfolgte und inzwischen nahezu flächendeckende Aufbau von LTE-Netzen in Deutschland.

Doch je näher die Zielerreichung der aktuellen Breitbandstrategie rückt, desto deutlicher wird auch, dass aufgrund technologischer Fortentwicklungen im Jahr 2018 nur ein Etappenziel erreicht werden wird und eine neue Strategie Deutschlands Weg in die Gigabitgesellschaft beschreiben muss.

Die Digitalisierung unseres Alltags beschäftigt Politik, Gesellschaft und Wirtschaft gleichermaßen: durch Industrie 4.0, das Internet der Dinge und autonomes Fahren entstehen enorme volkswirtschaftliche und soziale Chancen. Das Internet entwickelt sich durch diese Technologien von einem Netz, welches voll auf die Bedürfnisse und das Verhalten der Konsumenten ausgerichtet ist, zu einem industriellen Internet, welches sich neben hohen Bandbreiten vor allem durch geringe Latenz und extrem hohe Zuverlässigkeit auszeichnen wird.

Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur hat dieses Thema erkannt und gemeinsam mit den Netzbetreibern der deutschen Telekommunikationsindustrie unter dem Dach der Netzallianz adressiert. Auf Basis einer von Fraunhofer Fokus durchgeführten Studie, die sich mit den Netzinfrastrukturen für die Gigabitgesellschaft befasst, formulierte die Netzallianz im Herbst 2016 Eckpunkte zur Entwicklung einer Gigabitstrategie.

Ein wichtiger Faktor für die Gigabit-Zukunft: Die Entwicklung des kommenden Mobilfunkstandards 5G wird spätestens 2020 abgeschlossen sein. Bei den Vorbereitungen zur Markteinführung von 5G gilt es nun, keine Zeit zu verlieren. Deutschland muss im Hinblick auf seine frequenzregulatorische Strategie und den Ausbau von Glasfasernetzen frühzeitig die richtigen Weichen stellen, um den Markt zum Ausbau der nächsten Generation der Mobilfunktechnologie zu befähigen, die wiederum bedeutende Quantensprünge für die digitalisierte Industrie, Logistik, Verkehr und Alltagsgestaltung ermöglichen wird.

Frequenzausstattung für 5G

Eine leistungsfähige Gigabit-Infrastruktur ist in Zukunft noch mehr als schon heute nicht ohne extrem leistungsfähige Funknetze denkbar. Die dafür notwendigen Frequenzen sind die Grundlage für den erfolgreichen Aufbau einer solchen digitalen Infrastruktur. Deshalb müssen die Regeln zur Vergabe und Nutzung dieser Frequenzen vor allem dem Ziel dienen, die enormen Investments in diese Infrastruktur wirtschaftlich zu ermöglichen.

Die Bundesnetzagentur hat, nach Abschluss der letzten Frequenzvergaben 2015, den Blick auf die kommenden Jahre geworfen und zu diesem Zweck im Juli 2016 den sogenannten „Frequenzkompass“ veröffentlicht. Im Fokus steht nach Angaben der Behörde eine frühzeitige Diskussion über frequenzregulatorische Fragestellungen. Bis Ende September 2016 konnten alle Interessierten das zwölfseitige Papier der Bundesnetzagentur kommentieren. Ende Dezember hat die Bundesnetzagentur dann „Orientierungspunkte“ zur weiteren Konkretisierung ihrer Frequenzpolitik veröffentlicht, die wiederum von den interessierten Kreisen bis Anfang März 2017 kommentiert werden können.

Die Intention, möglichst frühzeitig ausreichend Frequenzen für den weiteren Ausbau der digitalen Infrastrukturen mit 5G bereitzustellen, begrüßt Telefónica Deutschland. Zugleich muss an dieser Stelle vor regulatorischen Schnellschüssen gewarnt werden. Denn mit einer Marktreife des 5G Standards und der Verfügbarkeit geeigneter Hardware ist nicht vor 2020 zu rechnen. Dies liegt unter anderem daran, dass auf der erst wieder im Jahr 2019 stattfindenden Weltfunkkonferenz (WRC) noch wichtige völkerrechtlich bindende Entscheidungen zur globalen Koordination von Funkspektrum gefällt werden müssen, die letztlich die finalen Parameter von 5G bestimmen werden.

Darüber hinaus sollten laut Telefónica Deutschland auch weitere, bisher nicht beachtete Frequenzbänder in den Blick genommen werden. Hier sind explizit die Frequenzbereiche bei 2 GHz (Gigahertz), bei 450 MHz (Megahertz) und bei 28 GHz zu nennen.

Glasfaser – das Rückgrat der Gigabitnetze

Foto: CC-By 2.0 Flickr User Groman123. Bildname: Optical fiber bokeh.

Der Ausbau des Mobilfunkstandards 5G und die Anforderungen an die zukunftsfähige Infrastruktur machen eine Anbindung der Mobilfunk-Basisstationen an eine Glasfaser-Infrastruktur unabdingbar. Hinzu kommt, dass Breitbandanschlüsse heutzutage ein enorm wichtiger Standortfaktor sind. Deutschland ist beim Ausbau von Glasfasernetzen ins Hintertreffen geraten. Im europäischen Vergleich rangiert Deutschland neben Polen und Kroatien unter den Schlusslichtern der Breitbandversorgung via Glasfaser. Es ist jetzt an der Zeit, Maßnahmen zu diskutieren und letztlich auch zügig umzusetzen, um ein leistungsfähiges, glasfaserbasiertes Netz in Deutschland zu bauen.

Telefónica Deutschland ist davon überzeugt, dass wir jetzt das Runder herumreißen können, und mit einer mutigen und ambitionierten Zielsetzung ein bundesweites Gigabit-Netz bauen können.

Ein neuer Ansatz zum Ausbau der Infrastruktur ist erforderlich, um ein bundesweites Gigabit-Netz zu realisieren. Die wirtschaftlichen Realitäten setzen der notwendigen Investition durch die Telekommunikationsindustrie enge Grenzen, Förderpolitik und regulatorische Rahmenbedingungen unterstützen nicht ausreichend.

Ein erster Vorschlag, um das Ziel einer flächendeckenden Glasfaserversorgung zu erreichen, ist der Diskussionsimpuls, den Telefónica Deutschland im Herbst 2016 gestartet hat: Die Schaffung einer kooperativen Netzgesellschaft, die von der privaten Netzwirtschaft, dem Kapitalmarkt und dem Staat getragen wird.

Diese FibreCo könnte den Bau eines zukunftssicheren Gigabit-Netzes vorantreiben. Dieses Netz würde für alle Internet Service Provider einen diskriminierungsfreien und bundesweiten Zugang zu einem Glasfaser-Vorleistungsprodukt ermöglichen. Zugleich würden alle beteiligten Akteure das Risiko, die Finanzierung und den Mehrwert eines flächendeckenden Glasfasernetzes gemeinsam tragen. Telefónica Deutschland hat diesen kontroversen Impuls nach Gesprächen mit den Marktbeteiligten, den zuständigen Regulierungsbehörden und der Politik bewusst zur öffentlichen Diskussion gestellt. Ein tatsächliches Zusammenwirken der sich im Wettbewerb zueinander befindlichen Netzbetreiber zeichnet sich derzeit nicht ab. Dennoch benötigen wir in der aktuellen Diskussion um den Weg zur Gigabitgesellschaft dringend starke Impulse.

Ein weiterer Ansatz zur Schaffung eines flächendeckenden Glasfasernetzes wäre es, verfügbare Ressourcen klug zu nutzen. Bisher exklusiv genutzte Infrastrukturen könnten in einem kooperativen Ansatz, bei denen Nachfrager zu kommerziell vernünftigen Konditionen Zugang zu unbeschalteter Glasfaser oder Leerrohren erhalten, neue Verzweigungen und Verdichtungen des bestehenden Glasfasernetzes ermöglichen. Nur dann, wenn sich alle Marktteilnehmer – sowohl marktbeherrschende Unternehmen als auch Wettbewerber – gegen einen solchen kooperativen Ansatz sperren sollten, müsste im Zweifelsfall die Regulierung den Weg ebnen.

Die Öffnung der Glasfasernetze kann ein Treiber für den Ausbau des Gigabitnetzes sein: Wenn die Wettbewerbsunternehmen und die Mobilfunknetzbetreiber zu Marktpreisen Zugang zu sämtlichen, bestehenden Glasfaser-Infrastrukturen erhalten, um damit ihre eigenen Netze anbinden und ausbauen zu können, entstehen enorme Synergien für den Ausbau Gigabit-Infrastruktur. Es folgt ein Investitionsschub und eine Beschleunigung des Netzrollouts.

Schlagworte

Empfehlung der Redaktion