Digitalpolitischer Jahresausblick: Was in Deutschland 2024 ansteht

Credit: iStock/Alex Sholom
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Veröffentlicht am 05.01.2024

Das neue Jahr verspricht politisch erneut viel Spannung, was Wahlen, den Zusammenhalt der Bundesregierung oder außenpolitische Entwicklungen angeht. Aber auch in der Digitalpolitik sowie im Mobilfunkbereich stehen in Deutschland einige wichtige Entscheidungen und Vorhaben an. Wir geben einen kurzen Überblick für die Bundesebene.

Innenpolitisch endete das vergangene Jahr mit einem großen Fragezeichen: Der bisher nicht verabschiedete Bundeshaushalt für 2024 und die angekündigten Einsparungen lassen vieles unter Vorbehalt erscheinen, was sich die Ampel-Koalition vorgenommen hat. Bereits der ursprünglich geplante Etat sah deutliche Kürzungen für Digitales vor. Ob weitere digitalpolitisch relevante Posten bei den neuen Sparplänen hinzukommen, ist derzeit noch unklar.

Gesundheit, Daten und KI

Trotzdem gibt es einige Vorhaben, die in den nächsten zwölf Monaten vorangetrieben werden sollen. Dies ist auch dringend notwendig, da die Bundesregierung jedes zweite ihrer digitalpolitischen Ziele bis zum Ende der Legislatur verfehlen könnte, wie der Bitkom gerade erst festgestellt hat. Voran geht es immerhin in der Gesundheitspolitik: Noch im Dezember hat der Bundestag das Digital-Gesetz „zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens“ (DigiG) und das Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) verabschiedet.

Das DigiG führt ab Jahresbeginn die flächendeckende Nutzung des E-Rezepts ein, Anfang 2025 soll dann die elektronische Patientenakte (ePA) für alle Versicherten folgen. Das GDNG zielt hingegen auf eine bessere bzw. effizientere Nutzung und Bereitstellung von Gesundheitsdaten für die Forschung und den Wissenstransfer.

Um Daten geht es auch beim gleichnamigen Institut, das seit Mai 2023 ressortübergreifend beim Innen- und beim Wirtschaftsministerium aufgebaut wird. Nach der Konzeption der Struktur, die momentan erfolgt, soll die tatsächliche Gründung des Dateninstituts zwischen dem zweiten und vierten Quartal 2024 stattfinden.

Zudem sind in der vor wenigen Monaten beschlossenen neuen nationalen Datenstrategie der Bundesregierung das Mobilitätsdatengesetz, das Forschungsdatengesetz, der Rechtsanspruch auf Open Data und das Bundestransparenzgesetz als relevante Vorhaben für 2024 verzeichnet. Im Bereich Künstlicher Intelligenz steht zudem die Umsetzung des ambitionierten KI-Aktionsplans an, der im November vorgestellt wurde.

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DSA-Umsetzung und Warten aufs OZG 2.0

Umgesetzt wird im neuen Jahr auf nationaler Ebene auch der Digital Services Act (DSA) der EU, der strengere Haftungs- und Sicherheitsvorschriften für digitale Plattformen, Dienste und Produkte vorsieht. Dafür hat die Bundesregierung kurz vor Weihnachten einen Entwurf für ein Digitale-Dienste-Gesetz (DDG) vorgelegt, das in Deutschland das Telemediengesetz (TMG) und das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) ersetzen soll und der Bundesnetzagentur eine wichtige Rolle bei der Aufsicht zuweist. Da die Regeln des DSA ab dem 17. Februar vollständig EU-weit gelten sollen, bleiben den Bundesländern und dem Bundestag allerdings nicht mehr viel Zeit für die Beratung und Verabschiedung des DDG.

Schnell vorangehen soll es auch beim Deutschlandpakt, der als „nationale Kraftanstrengung“ mehrere digitalpolitische Vorhaben enthält: Im Rahmen des Onlinezugangsgesetzes (OZG) soll es bis Ende 2024 eigentlich bundesweit möglich sein, z.B. den Führerschein, den Personalausweis, das Elterngeld, das Bürgergeld oder das Wohngeld online zu beantragen. Zudem wird im Bundestag weiterhin am geplanten OZG-Änderungsgesetz gearbeitet, dessen Entwurf bereits seit Mai vorliegt.

Große Veränderungen bei der Infrastruktur-Sicherheit

Im Bereich der digitalen Infrastrukturen stehen ebenfalls einige wichtige Veränderungen an: Für das KRITIS-Dachgesetz, das den Schutz Kritischer Infrastrukturen verbessern soll, hat das Bundesinnenministerium kurz vor Jahresende einen vollständig überarbeiteten Entwurf vorgelegt, der als Reaktion auf die breite Kritik am ersten Entwurf gedeutet werden kann. Damit rückt eine umfassende Neuregelung zur Sicherheit kritischer Anlagen und Sektoren näher, da bis Oktober 2024 auch das NIS2-Umsetzungsgesetz verabschiedet werden muss, das auf Basis einer EU-Direktive neue Mindest­standards für Cybersicherheit definiert. Mit beiden Gesetzen ändern sich die Sektoren und die Betreiberlogik in Deutschland grundlegend, da neben den bisherigen Betreibern kritischer Anlagen auch mittlere und Großunternehmen als Einrichtungen hinzukommen, zum Beispiel aus dem Bereich digitaler Dienste und der Telekommunikation.

Für den Mobilfunkbereich ist zudem die Frage des Umgangs mit kritischen Komponenten besonders wichtig: In der Bundesregierung herrscht derzeit noch Uneinigkeit darüber, ob die Technik chinesischer Hersteller wie Huawei und ZTE tatsächlich aus den hiesigen 5G-Netzen verbannt werden sollen. Würde sich das Innenministerium mit seiner Forderung innerhalb der Bundesregierung durchsetzen, müssten die drei großen Mobilfunknetzbetreiber Telefónica, Deutsche Telekom und Vodafone bis Ende 2024 entsprechende Bauteile und Steuerelemente größtenteils aus ihren Kernnetzen entfernen. Solch ein Austausch wäre allerdings sehr aufwendig und würde das Ziel der Gigabitstrategie einer flächendeckenden Versorgung mit dem neuesten Mobilfunkstandard bis 2030 gefährden.

Netzausbau und Mobilfunkfrequenzen

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Von Relevanz ist auch das TK-Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG), das der Umsetzung der Gigabitstrategie dient und 2024 verabschiedet werden soll. Hierbei liegt der Fokus auf vereinfachten und dadurch deutlich beschleunigten Genehmigungsverfahren und speziell auf der Einführung eines Gigabit-Grundbuchs, das alle relevanten Informationen zum Ausbau von Glasfaser- und Mobilfunknetzen zentral zusammenführen soll.

Die Bundesnetzagentur wird im Frühjahr zudem darüber entscheiden, ob und wie lange die bisherigen Nutzungsrechte der Mobilfunkfrequenzen verlängert werden oder ob es eine neue Auktion für die Anfang 2026 freiwerdenden Frequenzen geben wird. Zuletzt sprach sich die Monopolkommission für einen Verzicht auf die Frequenzauktion aus. Hinzu kommt die noch unklare Zukunft des UHF-Spektrums bzw. der sogenannten „Kulturfrequenzen“, über die gerade erst bei der Weltfunkkonferenz diskutiert wurde.

Wo 2024 weitere Entscheidungen fallen könnten

Weitere digitalpolitische Beschlüsse und Entscheidungen werden 2024 sicherlich auch auf diversen Zusammenkünften diskutiert und vorbereitet. So wird im April erstmals eine Konferenz der Fachminister in Potsdam stattfinden, womit die Institutionalisierung der Digitalministerkonferenz voranschreitet, die als D16-Treffen bisher eher wenig bekannt war.

Zudem findet der Digitalgipfel der Bundesregierung dieses Jahr in Frankfurt am Main statt, sicherlich wieder mit hochrangigen Vertreter:innen aus der Bundes- und Landespolitik, der Digitalwirtschaft, der Forschung und der Zivilgesellschaft ­– vermutlich erst in der zweiten Jahreshälfte. Wir dürfen gespannt sein, welche digitalpolitischen Vorhaben und Gesetze bis dahin tatsächlich realisiert oder auf den Weg gebracht worden sind.

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