Digitale Verwaltung: Das Onlinezugangsgesetz 2.0 kommt

Foto: iStock / Sakorn Sukkasemsakorn
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Veröffentlicht am 31.05.2023

Die Digitalisierung der Verwaltung ist hierzulande seit Jahren eine Aufgabe, bei der es auf allen Ebenen – ob Bund, Länder oder Kommunen – noch viel zu langsam vorangeht. Nun hat die Bundesregierung eine Aktualisierung des zugrundeliegenden Onlinezugangsgesetzes auf den Weg gebracht. Wir fassen zusammen, was es damit auf sich hat, welche Maßnahmen geplant sind und wo es Kritikpunkte gibt.

Der Gesetzentwurf zur Änderung des Onlinezugangsgesetzes (OZG), der am 24. Mai vom Kabinett beschlossen wurde, sei ein großer Schritt für die weitere Digitalisierung der Verwaltung, so Bundesinnenministerin Nancy Faeser, deren Ressort hier hauptverantwortlich ist. Die Ministerin zeigte sich dabei zuversichtlich, dass Deutschland dadurch moderner, bürgernäher und digitaler werde:

Nancy Faeser, Bundesministerin des Innern und für Heimat | BMI | Quelle: Peter Jülich

„Wir wollen das Leben der Menschen leichter machen, wertvolle Zeit sparen, der Zettelwirtschaft ein Ende bereiten und Behördengänge vermeiden.“ (Bundesinnenministerin Nancy Faeser)

Scheitern im ersten Anlauf

Das sogenannte OZG 2.0 soll den Rahmen für nutzerfreundliche und vollständig digitale Verfahren schaffen. Doch das Ziel, Verwaltungsleistungen zu digitalisieren, ist beileibe kein neues: Bereits 2017 trat die erste Version des Onlinezugangsgesetzes in Kraft und sollte die Verwaltungsmodernisierung in Deutschland entscheidend voranbringen. Dafür wurde sogar eine Frist bis zum 31. Dezember 2022 gesetzt, damit bis dahin die Bürger:innen und Unternehmen viele Verwaltungsleistungen von Bund, Ländern und Kommunen online erledigen können.

Doch fünf Jahre später sind nur etwas mehr als 100 der insgesamt 575 im OZG definierten Modell-Verwaltungsverfahren online verfügbar. Das Ziel des ursprünglichen Gesetzes wurde trotz gewisser Fortschritte also deutlich verfehlt (für die einzelnen Bundesländer bietet das Online-Dashboard zum OZG einen groben Überblick). Gründe dafür gibt es einige: unklare Finanzierung, Personalmangel, zu wenig Veränderungsbereitschaft, komplizierte und langwierige Verfahren in vielen Verwaltungen.

Was mit dem OZG 2.0 geplant ist

Nun soll das OZG-Änderungsgesetz Abhilfe schaffen und mehr Schwung in die Verwaltungsdigitalisierung bringen – gemeinsam mit den zugleich beschlossenen Eckpunkten für eine moderne und zukunftsgerichtete Verwaltung. Darin ist vorgesehen, dass bis Ende 2024 immerhin 15 priorisierte OZG-Leistungen wie Kfz-Anmeldungen, Ummeldungen, Baugenehmigungen oder Elterngeld-Anträge flächendeckend und vollständig digital zur Verfügung stehen sollen.

Dafür sind mehrere Maßnahmen geplant:

Die seit 2019 existierende BundID soll zu einem zentralen Bürgerverwaltungskonto für alle werden, über das man sich deutschlandweit digital identifizieren, Anträge stellen und mit der Verwaltung kommunizieren kann. Damit dies möglich ist, werden die Länder und Kommunen voraussichtlich verpflichtet, ihre Systeme an die BundID anzubinden – eine Umbenennung ist deshalb ebenfalls denkbar. Bis Ende April 2023 gab es insgesamt zwar nur 3,4 Millionen Konten, aber ihre Zahl könnte durch die Umtauschpflicht für alte Führerscheine demnächst bereits steigen.

Das Once-Only-Prinzip soll gesetzlich verankert werden, sodass Nachweise für Anträge künftig bei den zuständigen Behörden und Registern elektronisch abgerufen werden können, wenn Antragsteller zustimmen. Mit dem Schriftformersatz ist zudem der Verzicht auf handschriftliche Unterschriften in vielen Verwaltungsverfahren geplant, wobei die Autorisierung dann mittels der Onlineausweisfunktion des Personalausweises erfolgen soll.

Foto: Pixabay User torstensimon | CC0 1.0 | Ausschnitt bearbeitet

Für Unternehmen ist vorgesehen, dass sie alle Anträge zukünftig über ihr zentrales Organisationskonto einreichen können, weshalb alle öffentlichen Stellen zu dessen Verwendung verpflichtet werden. Für unternehmensbezogene Verwaltungsleistungen, die auf Bundesgesetzen im Bereich des Wirtschaftsrechts basieren, ist außerdem eine „digital only“-Frist „spätestens nach Ablauf von fünf Jahren“ geplant.

Die Umsetzung des OZG wird darüber hinaus enger mit der Registermodernisierung verknüpft. Und der Bund will künftig stärker verbindliche Standards, Schnittstellen und Basisdienste für die Länder und Kommunen vorschreiben. Denn bisher scheiterte die Digitalisierung der Verwaltungen auch an der Interoperabilität von Anwendungen: Oft haben Kommunen Einzellösungen gefunden, die aber nicht einfach auf die übrigen ca. 11.000 Kommunen übertragen werden konnten. Hier könnten gemeinsame Standards und das zur Verfügung stellen, funktionierender Lösungen einiges beschleunigen.

Großer Wurf oder nur ein weiterer Schritt?

Die gesetzten Ziele scheinen überschaubar. Viele dieser Maßnahmen werden von Expert:innen zwar als ein Schritt in die richtige Richtung bezeichnet, doch insgesamt falle dieser mit dem OZG 2.0 zu klein aus, so der allgemeine Tenor. Besonders deutlich wird hier der Branchenverband Bitkom:

„Die Bundesregierung verpasst mit den jetzt geplanten Änderungen am Onlinezugangsgesetz die Chance, die Digitalisierung der Verwaltung wirklich konsequent voranzutreiben. Der vorliegende Gesetzentwurf ist kein OZG 2.0, sondern allenfalls ein OZG 1.1. Der Bund will sich noch einmal fünf Jahre Zeit lassen, bis seine eigenen Verwaltungsleistungen digital abgewickelt werden können.“ (Achim Berg, Präsident von Bitkom)

Zweifel an der Wirksamkeit des Änderungsgesetzes gibt es besonders aufgrund fehlender Vorgaben, Zuständigkeiten und Fristen, unter anderem vorgebracht vom Normenkontrollrat. Und ein zentraler Knackpunkt bleibt die Finanzierung der Digitalisierung auf der kommunalen Ebene, wo die Bürger:innen am meisten auf Verwaltungsdienstleistungen angewiesen sind.

Die Bundesregierung will Länder und Kommunen zwar bei der Umsetzung unterstützen. Derzeit ist aber noch unklar, welche Mittel der Bund den Ländern zur Verfügung stellen kann. Zudem zielen viele Maßnahmen des OZG bisher nur auf die Interaktion mit den Antragstellern, obwohl die Digitalisierung der Verwaltungsverfahren selbst, also die Bearbeitung der Bürgeranträge und damit die Entlastung der Ämter, ebenfalls kaum vorankommt.

Wir dürfen gespannt sein, inwiefern dies in den anstehenden parlamentarischen Beratungen des Änderungsgesetzes eine Rolle spielen wird. Wer mehr zum möglichen Gelingen des OZG 2.0 erfahren möchte, ist außerdem herzlich zu unserer nächsten Ausgabe von „Nachgefragt!“ am 15. Juni im BASECAMP eingeladen.

Mehr Informationen:

Digitalisierung: Wie ist der Stand in den Kommunen?
Digitalisierung deutscher Behörden: Was läuft eigentlich gut?

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