Standpunkt: Frequenzpolitik und Deutschlandpakt – wie mehr Ausbau möglich wird

Credits: iStock/Dmytro Zhelnovach, Shutterstock/kanvictory
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Veröffentlicht am 05.10.2023

Seit vielen Jahren wird in Deutschland über die Sinnhaftigkeit von Frequenzauktionen diskutiert. Zuletzt wurde mit der TKG-Novelle 2021 die rechtliche Grundlage für Frequenzvergaben entscheidend verändert. Der Bundesrat setzte damals durch, dass bei der Wahl des Vergabeverfahrens durch die Bundesnetzagentur die Verlängerung von Frequenznutzungsrechten gleichberechtigt neben der Auktion steht. Allein die zu erreichenden Ziele, beispielsweise die Förderung des Netzausbaus oder des Wettbewerbs, sollen nun die Wahl des Verfahrens bestimmen.

Abkehr von Frequenzauktionen

Die Bundesnetzagentur hat im September 2023 ein Konsultationspapier vorgelegt und damit eine Abkehr von Frequenzauktionen vorgeschlagen. Die in Aussicht gestellte Verlängerung der Frequenznutzungsrechte wäre eine wegweisende und richtige Entscheidung für Deutschland. Die Verlängerung ist rechtssicher möglich und bietet die einzigartige Möglichkeit, die bisherige Mobilfunkversorgung insbesondere im ländlichen Raum und an den Verkehrswegen weiter zu verbessern, und sie fördert auch die dringend notwendige beschleunigte Digitalisierung zum Wohle der Verbraucherinnen und Verbraucher und der hiesigen Wirtschaft. Hinzu kommt, dass die Verlängerung der Nutzungsrechte neuerliche Netzlücken und aufwändige Netzumbauten aufgrund von Veränderungen in den Frequenzzuteilungen vermeidet, die erhebliche Qualitätseinbußen auf Nutzerseite zur Folge gehabt hätten. Wegen des von der Bundesnetzagentur vorgeschlagenen kurzen Verlängerungszeitraums von nur fünf Jahren ist der Gestaltungsraum für verhältnismäßige und erreichbare Versorgungsauflagen allerdings eingeschränkt.

Auflagen bei Frequenzverlängerung

Ob eine Verlängerung mit weiteren Auflagen verbunden werden soll, ist ebenfalls Gegenstand der Debatte. Beispielsweise wird die Stellung von reinen Diensteanbietern, die nicht direkt in die digitale Infrastruktur investieren, diskutiert. Tatsächlich ist der deutsche Mobilfunkmarkt sowohl auf Endkunden- als auch auf Vorleistungsebene von intensivem Wettbewerb geprägt. So sind die Endkundenpreise für Mobilfunkdienste bei gleichzeitig stark steigender Datennutzung sowie Milliardeninvestitionen der drei Mobilfunknetzbetreiber in den letzten Jahren stetig gesunken. Gleichzeitig bieten neben den Mobilfunknetzbetreibern auch immer mehr Diensteanbieter 5G-Dienste an, die kommerziell verhandelt wurden.

Klicken zum Vergrößern | Quelle: Statistisches Bundesamt

Insgesamt belegt eine Studie der OECD, dass über 20 % der Mobilfunkanschlüsse in Deutschland von Diensteanbietern vermarktet werden, die kein eigenes Mobilfunknetz betreiben und die nicht in den Ausbau von Deutschlands digitaler Infrastruktur investieren. In keinem anderen Land konnte die OECD einen ähnlich hohen Marktanteil von Diensteanbietern feststellen. Es gibt daher keinen wettbewerblichen Grund für eine Änderung der aktuellen Diensteanbieterregelung. Ein über das aktuelle Verhandlungsgebot hinausgehender regulatorischer Eingriff ist nicht geboten.

Voraussetzungen für weiteren Mobilfunkausbau

Die Frequenzverlängerung soll, so die Bundesnetzagentur, auch mit weiteren Auflagen für den weiteren Ausbau verknüpft werden. Dafür ist sicherlich ein Blick auf die bisherigen Ausbauauflagen hilfreich. Die bis 2022 zu erreichenden Ausbauziele hat die Branche soweit rechtlich und tatsächlich möglich erfüllt. Sogar die eigentlich erst bis 2024 vorgegebenen Ziele sind bereits weitgehend abgearbeitet.

Deutschlandpakt auch für digitale Infrastruktur

Entscheidend für den weiteren Ausbau sind aus Sicht der Netzbetreiber weniger die weiteren Auflagen. Viel wichtiger ist die Geschwindigkeit auch von Planungs- und Genehmigungsprozessen. Hoffnungsvoll stimmt da der Deutschlandpakt, den Bundeskanzler Olaf Scholz vorgeschlagen hat. Darin ist der Ausbau der digitalen Infrastruktur erstmal explizit genannt. Die Verhandlungen zum Deutschlandpakt laufen nun zwischen Bund und Ländern. Zwischenzeitlich hat auch eine Beschleunigung der Verfahren durch die Einführung einer Genehmigungsfiktion Eingang in das Dokument gefunden. Es bleibt zu hoffen, dass beim Treffen des Bundeskanzlers mit den Länderchefs Anfang November 2023 ehrgeizige Vereinbarungen getroffen werden.

Schlusskurve für Frequenzverlängerung

In einer ersten Diskussion hat der Beirat der Bundesnetzagentur Ende September die Vorschläge der Behörde zur Frequenzverlängerung bewertet. Nach Stellungnahme durch alle interessierten Kreise wird die Bundesnetzagentur danach einen Entscheidungsentwurf erstellen. Damit wird dann hoffentlich mit einer ausreichenden Verlängerung der Frequenznutzungsrechte eine neue Ära der Frequenzpolitik eingeläutet, die statt Gewinnmaximierung die Rahmenbedingungen für Investitionen in den Netzausbau an die erste Stelle setzt.

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