TK-Netzausbau wird vereinfacht: Überragendes öffentliches Interesse auf dem Weg

Credit: iStock/Julia Gomina
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Veröffentlicht am 06.06.2025

Die Fraktionen von CDU-CSU und SPD haben am 3. Juni 2025 einen Antrag zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) in den Bundestag eingebracht. Hauptgegenstand ist die Einführung des „überragenden öffentlichen Interesses“ für den Ausbau im Festnetz und Mobilfunk. Im Plenum des Deutschen Bundestages wurde der Antrag am 5. Juni in erster Lesung beraten und soll nun sehr zügig verabschiedet werden.

Wie der Ausbau von erneuerbaren Energien soll künftig der Ausbau von Telekommunikationsinfrastrukturen rechtlich als im „überragenden öffentlichen Interesse“ eingestuft werden. Dies sieht der Gesetzentwurf der Regierungskoalition vor, den der Bundestag in erster Lesung debattiert hat. Weitere Änderungen sind eher redaktioneller Natur und passen vor allem die Verweise auf das bisherige Digital- und Verkehrsministerium (BMDV) auf das neue Digitalministerium (BMDS) an. In der Debatte im Bundestag ging es allgemein um den beschleunigten Ausbau der digitalen Infrastruktur in Deutschland. Breite Einigkeit herrschte über die Bedeutung schneller, stabiler Netze – besonders für ländliche Regionen und die digitale Teilhabe. Die Koalition verteidigt die Gesetzesänderung als wichtigen Schritt für mehr Planungssicherheit und Tempo. Kritiker:innen bemängeln fehlende Innovationskraft, keine konkreten Kennzahlen und zu wenig sozial-ökologische Orientierung. Die Opposition fordert mehr Open Access, wirksame Maßnahmen gegen Doppelausbau und echte Verbesserungen für Bürgerinnen und Bürger – statt bloßer Willensbekundungen.

Karsten Wildberger | Credit: Jesco Denzel

Karsten Wildberger als frischgebackener Digitalminister schildert in seiner Rede Beispiele für fehlende Verbindungen, ob im Homeoffice oder auf der Straße. Sein Ziel: Daten müssen fließen, auch auf dem Land. Er fordert, der Ausbau müsse höchste Priorität haben und die Voraussetzungen für mehr Tempo zu schaffen, sei überfällig. „Datennetze sind der Blutkreislauf des modernen Lebens“, so Wildberger. Nachdem die Ampel das Beschleunigungsgesetz nicht fertigbekommen habe, gehe man nun den ersten entscheidenden Schritt.

Für die AfD spricht Robin Jünger (AfD), er hält die Gesetzesänderung für „erst mal alles richtig.“ Doch ihm fehlt Konkretes – er vermisst messbare Ziele, sieht keine echten Innovationen.

Johannes Schätzl, digitalpolitischer Sprecher der SPD, betont die Fortschritte im Ausbau: 55 % der Haushalte haben Glasfaser zumindest vor dem Haus, 90 % Abdeckung mit Mobilfunk.  Schätzl würdigt die enormen Investitionen seit 2021, kumuliert betragen diese 10 Milliarden Euro mittels Förderung und 60 Milliarden Euro durch private Investitionen. Doch die Planungszeiten von 18 bis 24 Monaten seien zu lang. „Wir kennen unser Ziel: flächendeckender Glasfaser- und Mobilfunkausbau“, so Schätzl.

Foto: Pixabay User Pronschee | CC0 1.0 | Ausschnitt bearbeitet

Rebecca Lenhard (Grüne) prangert an: „Mitten in Berlin keine Glasfaser – das ist Deutschland 2025.“ Sie schildert die Odyssee eines Podcasters, der zuhause ohne Glasfaser aufgeschmissen war. Und sie fordert: Ausweitung des Gigabitgrundbuchs, automatisierte Genehmigungen nach zwei Monaten, Open Access. Aus ihrer Sicht alles Fehlanzeige im Gesetzentwurf. Lenhard lobt das in der vergangenen Legislaturperiode gescheiterte TK-NABEG, es habe Netzausbau und Naturschutz zusammen gedacht. Sie vermisst jedoch Verbraucherschutz, Minderungsrecht und Entlastung für Mietende. Aus Lenhards Sicht reicht die bloße Feststellung des “überragenden öffentlichen Interesses” nicht.

Annemieke Bremer (Linke) kritisiert eine profitorientierte Ausbaupolitik und ist sicher: „15 Mbit/s Mindestversorgung reicht nicht fürs Homeoffice.“ Sie nimmt auch die früheren Führungspositionen von Bundesminister Wildberger in Mobilfunkunternehmen aufs Korn. Bremer warnt vor systematischer Digitalarmut und fordert einen „gerechten Netzausbau“, orientiert am Gemeinwohl.

Hansjörg Durz (CSU), der auch Vorsitzender des Digitalausschusses ist,  lobt das Gesetz als Beitrag zum „Deutschlandtempo“: „Es bringt Startup-Dynamik in die Infrastrukturpolitik.“ Für ihn zählen klare Verfahren, schnelles Bauen, flächendeckende Versorgung – vor allem im ländlichen Raum. Deshalb ruft er auf, dieses Gesetzgebungsverfahren zügig abzuschließen.

Alexander Arpaschi (AfD) berichtet von Netzabbrüchen auf der A5 – fünfmal zwischen Karlsruhe und Offenburg. Er kritisiert Planungsfehler und verweist auf Unterschiede zwischen Telekommunikationsnetzen und -linien.

Foto: Telefónica Deutschland

Carolin Wagner (SPD) sieht den Ausbau als Grundlage für „internationale Wettbewerbsfähigkeit“ und „digitale Teilhabe im ländlichen Raum“. Sie betont die Investitionen der letzten Jahre und verteidigt die geplanten Regelungen als wichtigen Schritt. Das “überragende öffentliche Interesse” sei im Interesse der Menschen und diene der digitalen Teilhabe im ländlichen Raum.

Der politische Wille zum Ausbau und der Verbesserung der Investitionsbedingungen, das wurde in der Bundestagsdebatte deutlich, ist breit vorhanden. Doch während die Regierungskoalition Fortschritte und Planungssicherheit betont, mahnen die Oppositionsfraktionen mehr Innovationskraft, soziale Gerechtigkeit und konkrete Umsetzung an. Keine Rolle spielt in der Debatte der sogenannte Deutschlandpakt zwischen Bund und Ländern, der insgesamt Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigen soll. Dieser Pakt ist mit Sicherheit eine wichtige Ergänzung zu der nun vorgesehenen Gesetzesänderung. Die TKG-Änderung 2025 soll nun im Juni im Bundestag beraten und eventuell bereits im Juli im Bundesrat final verabschiedet werden.

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