Digitale Wirtschaft: Wie wir den Digitalstandort Europa stärken

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Veröffentlicht am 20.05.2020

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Zum 1. Juli 2020 übernimmt Deutschland den Vorsitz im Rat der Europäischen Union. Aus Sicht des Internetverbandes eco ist das eine Chance, wichtige Impulse in der europäischen Digital- und Wirtschaftspolitik zu setzen. Einen entsprechenden Forderungskatalog hat der Verband auch schon aufgesetzt.

Der Vorsitz im Rat der Europäischen Union (Rat der EU) wechselt alle sechs Monate zwischen den Mitgliedsstaaten in einer festgelegten Reihenfolge. Deutschland übernimmt den Posten zum 1. Juli  von Kroatien. Als Ratsvorsitz organisieren und moderieren die deutschen Vertreter die jeweiligen Ministertreffen, können Themen bestimmen und somit Einfluss auf die EU-Politik nehmen. Im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft fungiert Deutschland außerdem als Stimme der Regierungen der EU-Mitgliedsländer – beispielsweise wenn es darum geht, Gesetze zu verhandeln und anzunehmen. Denn neben der Europäischen Kommission und dem Europäischen Parlament ist der Rat der EU einer der drei wesentlichen Akteure im Gesetzgebungsprozess der EU.

Beste Voraussetzungen also um inhaltliche Akzente zu setzen und Schwerpunktthemen voranzutreiben. Auch wenn die Corona-Krise vielen Planungen einen Strich durch die Rechnung macht: „Einige der bislang geplanten Prioritäten der deutschen EU-Ratspräsidentschaft sind noch wichtiger geworden“, erklärt Europa-Staatsminister Michael Roth in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters. So bleibe vor allem die Digitalisierung im Fokus. Genug zu tun gibt es, findet zumindest der Verband der Internetwirtschaft (eco) und hat einen Forderungskatalog zur Stärkung der europäischen Digitalwirtschaft aufgestellt.

Um in Sachen Digitalisierung Boden gutzumachen, soll ein dauerhafter gesamteuropäischer „Runder Tisch Digitalisierung“ mit nationalen Vertreter*innen der Branche etabliert werden, der digitale Großprojekte und Ziele vorantreibt. Aus Sicht des eco Vorstandsvorsitzenden Oliver Süme „bedarf es jetzt dringender Reformen in den Bereichen digitale Bildung, digitale Infrastrukturen, sowie IT-Sicherheit und Datenschutz“, um die europäische Wertschöpfung krisenfest zu machen. Ferner muss auch die digitale Wettbewerbsfähigkeit der EU strukturell verbessert werden, um die europäische Internetwirtschaft nach der Corona-Krise langfristig zu stärken.

Digitale Innovationen fördern

Konkret fordert der Verband, digitale Förderprogramme wie das EU-Rahmenprogramm Horizont Europa weiter auszubauen, um Forschung, Innovation und den Wettbewerb zu stärken. Der Fokus soll dabei auf Themenbereichen wie Künstlicher Intelligenz, Digitaler Bildung sowie Medienkompetenz liegen. Ferner soll die Förderpolitik vereinfacht werden, beispielsweise durch den Abbau bürokratischer Hürden, um somit auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU) „niedrigschwellig für die Digitalisierung zu begeistern und die digitale Transformation nachhaltig voranzutreiben.“

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Der zweite Punkt im Forderungskatalog zielt auf eine europaweite Harmonisierung von Datenschutzstandards: Um einen europäischen Flickenteppich in Sachen Datenschutz zu vermeiden, soll die EU sicherstellen, dass die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) „einheitlich sowie konsistent“ von den Mitgliedstaaten angewendet wird. Zusätzlich brauche es ein gesamteuropäisches Vorgehen gegen Cybergefahren wie Hassinhalte und Desinformation, das „nicht einseitig die Verantwortung der Wirtschaft auferlegt, sondern die Bevölkerung gleichermaßen einbindet.“

Im Bereich digitaler Infrastrukturen und digitaler Souveränität soll eine gesamteuropäische und konsistente Strategie gefahren werden. Cloudprojekte wie GAIA-X sollten aus Sicht des eco daher unbedingt weiterverfolgt werden. „Leistungsfähige digitale Infrastrukturen bilden das Rückgrat der Digitalisierung“, betont der Verband in seinem Papier und fordert den Breitbandausbau europaweit voranzutreiben, um die Wettbewerbsfähigkeit der EU als Ganzes zu stärken.

Digitale Bildung ausbauen und Fachkräfte sichern

„Virtuelle Binnengrenzen abschaffen und Datenfreizügigkeit innerhalb der EU gewährleisten“ lautet eine weitere Forderung des eco. Ziel müsse es sein, dass Dienste aus jedem Mitgliedsstaat überall in der EU angeboten werden können – dies soll auch öffentliche Aufträge einschließen. Dazu sei es auch wichtig, Verbraucher- und Urheberrechte im digitalen Binnenmarkt zu harmonisieren.

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Für einen zukunftsfähigen Wirtschaftsstandort bedürfe es auch der Sicherung von Fachkräften, betont der eco. Die EU solle daher „europaweit Mindeststandards für die Kompetenzvermittlung im Bereich der digitalen Bildung“ etablieren. Dazu fordert der Verband entsprechende Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen für Lehrkräfte aller Schul- und Hochschulsysteme sowie einen flächendeckenden Ausbau der IT-Infrastruktur an Bildungsstätten. „Digitale Kompetenzen ermöglichen die Teilhabe an künftigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen. Eine permanente IT-Weiterbildung sollte branchenübergreifend auch für die Generation der heutigen Arbeitnehmer*innen angestrebt werden“, so der Verband.

Der letzte Punkt im eco-Forderungskatalog greift noch einmal die Situation von KMU und Start-ups auf. Diese bräuchten ein „Level Playing Field“. „Die Gestaltung der Wettbewerbsregeln in der EU dürfe sich daher nicht nur an dem technischen und finanziellem Potenzial von global agierenden Großunternehmen orientieren“, kritisiert Eco und fordert Rücksichtnahme hinsichtlich der Bedürfnisse und Probleme des Mittelstands.

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