Bundesregierung: Scheitert das Digitalbudget?

Foto: iStock / Parradee Kietsirikul
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Veröffentlicht am 28.03.2023

Eines der zentralen digitalpolitischen Vorhaben der Ampel-Regierung ist ein eigenes Digitalbudget, um bisherige Rückstände in der Digitalisierung aufzuholen. Allerdings erscheint es immer fraglicher, ob das Budget in dieser Legislaturperiode überhaupt noch kommt. Warum das so ist und welches Signal davon ausgehen könnte, fassen wir hier zusammen.

Mit der 2021 neu gebildeten Bundesregierung sollte es endlich kommen: das hierzulande lang geforderte Digitalbudget. Im Koalitionsvertrag des Ampel-Bündnisses wurde es damals jedenfalls angekündigt, wenn auch recht unspektakulär:

„Kompetenzen in der Bundesregierung werden neu geordnet und gebündelt, ein zentrales zusätzliches Digitalbudget eingeführt und Gesetze einem Digitalisierungscheck unterzogen.“

Das Ziel: einen ressortübergreifend und flexibel einsetzbaren Haushaltsposten für wichtige Digitalprojekte zu schaffen. Doch nachdem bereits der Bundeshaushalt für 2023 ohne dieses Budget auskommen musste, deutet sich auch in den aktuellen Haushaltsverhandlungen für das kommende Jahr an, dass es erneut kein Digitalbudget geben wird. Über entsprechende Signale aus der Koalition berichtete zuletzt unter anderem der Spiegel; speziell das Bundesfinanzministerium (BMF) unter Christian Lindner sehe keinen weitergehenden Geldbedarf für Digitales.

Unsichere Finanzierungsfragen

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Diese Sichtweise ist angesichts der schwierigen Haushaltslage durch die vielen derzeitigen Herausforderungen für die Politik – Klimakrise, Krieg und Zeitenwende, hohe Energiepreise und stagnierende Wirtschaftslage – einerseits verständlich. Andererseits stößt eine mögliche erneute Absage an das Digitalbudget aber auch auf nachvollziehbare Kritik. So warnen mehrere Digitalverbände wie eco oder der KI-Bundesverband vor einem Scheitern des Budgets, weil dies den Digitalstandort Deutschland ausbremse. Die digitalpolitischen Sprecher:innen von Union und Linkspartei sehen dies ähnlich und sprechen von einer „Bankrotterklärung für die Digitalpolitik der Ampel“ (Reinhard Brandl, CSU) bzw. betonen die Notwendigkeit des Digitalbudgets:

„Hilfreich wäre es etwa für eine ressortübergreifende Bildungsoffensive für mehr Digitalkompetenz im Bund, für Open-Source-Förderung, mehr Nachhaltigkeit in der Digitalisierung, für ein Bund-Länder-Digitalbudget zur Digitalisierung der Verwaltung.“ (Anke Domscheit-Berg, Linke)

Und auch innerhalb der Ampel-Koalition gibt es unterschiedliche Ansichten dazu. Während die FDP offenbar vor allem auf die Haushaltsdisziplin klopft, plädiert z.B. SPD-Fraktionsvize Detlef Müller weiterhin für die Einrichtung des Budgets, um die großen Projekte der Digitalstrategie umsetzen zu können:

„Das im Koalitionsvertrag vereinbarte Digitalbudget ist ein essentieller Baustein, damit diese Vorhaben auch solide finanziert und realisiert werden können. Die gebündelten Finanzmittel dürfen im nächsten Haushalt nicht den Einsparungen zum Opfer fallen.“

Fatale Signalwirkung

Und auch die Grünen haben vor kurzem Finanzminister Christian Lindner aufgefordert, Geld für ein eigenes Digitalbudget einzuplanen. Unklar bleibt allerdings, wie hoch der Etat überhaupt ausfallen sollte, falls er kommt. Vor fünf Jahren forderte die damalige Oppositionspolitikerin Anna Christmann (Grüne) – heute Startup-Beauftragte der Bundesregierung – eine Summe von 250 Millionen Euro. Bei der Verschiebung des Budgets im vergangenen November erklärte Digitalminister Volker Wissing allerdings, dass zuerst die Inhalte und dann die Finanzen geklärt werden sollten.

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Sollte dies nun erneut scheitern, wäre das ein schlechtes Signal für die Digitalpolitik des als „Fortschrittskoalition“ angetretenen Dreierbündnisses. Denn zum einen würde der Digitalminister Gestaltungsmöglichkeiten verlieren, wenn er „kein Budget zur Unterstützung anderer Projekte außer seiner eigenen hat“ wie der Branchenverband eco anmerkt. Zum anderen könnte die Umsetzung von Vorhaben aus der im vergangenen Jahr vorgestellten Digitalstrategie gefährdet sein, weil sich die anderen Ministerien ohne ein zusätzliches Digitalbudget mit ihren digitalpolitischen Ambitionen dann womöglich ebenfalls zurückhalten.

Weitere mögliche Auswirkungen hatte die Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI), die als Innovationsberaterin der Bundesregierung fungiert, bereits bei der Verschiebung des Budgets im November aufgelistet: Demnach werde es ohne ein zentrales Budget auch nicht genug koordiniertes Vorgehen der Ministerien in Digitalisierungsfragen geben, sondern weiterhin fragmentierte
Zuständigkeiten
aufgrund der ausschließlichen Einzelfinanzierung. Darunter würde dann die weitere Digitalisierung von Staat, Wirtschaft und Wissenschaft hierzulande leiden:

„Der Verzicht auf das Digitalbudget ist nicht nur eine grundfalsche, weil zukunftsgefährdende Entscheidung, sondern sendet zudem ein fatales Signal für den Innovationsstandort Deutschland.“

Ist Volker Wissing die neue Doro Bär?

Dr. Volker Wissing, Bundesminister für Digitales und Verkehr, zu Gast beim UdL Digital Talk im BASECAMP| Foto: Henrik Andree

Eigentlich sollte diese Signalwirkung den Parteien der Ampel-Koalition durchaus bewusst sein – zumal sie die Vorgängerregierung unter Bundeskanzlerin stets dafür kritisiert haben, kein übergreifendes Digitalbudget für die Ministerien geschaffen zu haben. Die ehemalige Digitalstaatsministerin Dorothee Bär kann ein Lied davon singen, was es bedeutet, wenn keine ausreichende finanzielle Ausstattung für Digitales vorhanden ist und wegen mangelnder Koordinierung der Digitalisierungsprojekte angezählt zu werden.

Von daher kann man nur hoffen, dass SPD, Grüne und FDP doch noch zu einer Einigung in den allgemein schwierigen Haushaltsverhandlungen für das kommende Jahr und darüber hinaus gelangen – damit es im Bereich der Digitalisierung tatsächlich Fortschritt statt des bisherigen „Weiter so“ geben kann.

Mehr Informationen:

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