Digitalstrategie & Digitalgipfel: Endspurt der Bundesregierung für 2022

Fotos: Pixabay User icke_63 und geralt | Ausschnitt bearbeitet | Montage | Farben angepasst
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Veröffentlicht am 14.12.2022

Zum Ende ihres ersten Jahres im Amt hat die Ampel-Regierung noch ein paar Weichen gestellt, um bei der Digitalisierung des Landes endlich mehr Tempo zu machen. Dazu sollen ein neuer Beirat für die Digitalstrategie und der gerade stattgefundene Digitalgipfel beitragen.

„Konkrete, messbare Ziele“, so benannte Stefan Schnorr, Staatssekretär im Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) in unserem Interview vor drei Monaten eine der zentralen Neuerungen der lang erwarteten Digitalstrategie, die Ende August von der Bundesregierung verabschiedet worden war. Am 30. November präsentierte nun sein Chef, Digitalminister Volker Wissing, weitere Schritte für die Umsetzung und das Monitoring dieser messbaren Ziele.

Drei Säulen für die Strategie-Begleitung

Der neu erarbeitete Monitoring-Prozess soll dabei auf drei Säulen beruhen: erstens einem Beirat mit Expert:innen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft; zweitens einer Datenbank zu den Zwischenständen der 135 Zielvorgaben in der Digitalstrategie; und drittens einem begleitenden Forschungsvorhaben durch den neuen Think Tank „Agora Digitale Transformation“, das die Auswirkungen von umgesetzten Digitalisierungsvorhaben untersucht.

„Damit behalten wir den Fortschritt der Digitalstrategie kontinuierlich im Blick – auch, damit wir bei Bedarf kurzfristig nachsteuern und uns gegenseitig unterstützen können.“ (Volker Wissing, Bundesminister für Digitales und Verkehr)

Pressefoto: Volker Wissing, Bundesminister für Verkehr und Digitales

Die Wirkungsmessung durch das vom BMDV geförderte Forschungsvorhaben erfolgt allerdings nur für einzelne ausgewählte Projekte. Eine Leitfrage könnte zum Beispiel lauten, wie Mobilitätsdaten die Art und Weise verändern, wie wir uns fortbewegen. Das quantitative Monitoring per regierungsinterner Datenbank soll hingegen einen kontinuierlichen Überblick über alle Ziele und Projekte der Digitalstrategie liefern. Die dafür nötige Datenbank befindet sich derzeit noch im Aufbau und soll ab Anfang 2023 von allen Bundesministerien, die für entsprechende Projekte zuständig sind, befüllt werden.

Der Beirat für die Digitalstrategie

Logo: BMDV Digitalstrategie Deutschland

Im Zentrum von Volker Wissings Präsentation stand aber die Gründung und Vorstellung des Beirats. Er umfasst 19 Fachleute, die unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Louisa Specht-Riemenschneider, Universität Bonn, und Dr. Thomas Koenen vom Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) künftig monatlich zusammenkommen, um die 18 „digitalen Leuchtturmprojekte“ der Digitalstrategie zu begutachten und beratend voranzubringen. Zu diesen Projekten, von jedem Ministerium mindestens eins, zählen zum Beispiel Ökosysteme für Mobilitätsdaten oder digitale Identitäten, die Elektronische Patientenakte oder eine digitalisierte Justiz.

Das neue Gremium möchte dabei unbequem und kritisch-konstruktiv sein, wie die vorsitzende Jura-Professorin Louisa Specht-Riemenschneider ankündigte. Das dem durchaus so sein wird, machte kurz darauf auch Alexander Rabe, Beiratsmitglied sowie Geschäftsführer des Verbands der Internetwirtschaft eco, in einem Interview deutlich:

„Die Digitalstrategie der Bundesregierung ist eine Sammlung einzelner Projekte der verschiedenen Ministerien der Bundesregierung. Das an sich ist natürlich eine verteilte Verantwortungsdiffusion. (…) Und das ist die Situation, mit der wir uns jetzt auseinandersetzen müssen.“

Der Beirat wird jedoch nur vertraulich tagen und auch die quantitative Datenbank ist bloß für den regierungsinternen Gebrauch vorgesehen. Die Öffentlichkeit soll immerhin künftig zweimal im Jahr mit der Veranstaltungsreihe „Einfach. Gemeinsam. Digital.“ sowie auf der Webseite über die Fortschritte und Veränderungen bei der Digitalstrategie informiert werden.

Der Digitalgipfel 2022

Logo Digital Gipfel 2022 | Foto: Telefónica Deutschland

Eine digitalpolitische Veranstaltung, die bereits auf eine wesentlich längere Tradition zurückblicken kann, fand zudem letzte Woche erstmals unter der Ägide der Ampel-Regierung statt: der Digitalgipfel. Bereits seit 2006 lädt die jeweilige Bundesregierung jährlich Vertreter:innen aus Wirtschaft und Gesellschaft zum Austausch im Kongressformat ein, um die Digitalisierung und digitale Transformation gemeinsam zu gestalten. Anders als in den vergangenen Jahren übernahm diesmal aber nicht das Kanzleramt die Federführung, sondern das BMDV gemeinsam mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK).

Inhaltlich wurde in sieben sogenannten Plattformen eine große Bandbreite an Themen verhandelt. Der Schwerpunkt lag aber auf der Datenökonomie: Wie können die Bereitstellung und der Zugang zu Daten als essentieller Ressource und Innovationstreiber der Digitalisierung verbessert werden? Volker Wissing sprach sich dabei für eine neue, offene Datenkultur in Deutschland aus, während Wirtschaftsminister Robert Habeck einen klugen Umgang mit digitalen Daten forderte.

„Digitale Daten sind die Lösung für die Herausforderungen unserer Zeit. (…) Datenverfügbarkeit ist die Bedingung für künftige Wettbewerbsfähigkeit.“ (Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz)

Zur Frage des verantwortlichen Umgangs mit Daten äußerte sich im Rahmen einer Gesprächsrunde über die Lernimpulse der Corporate Digital Responsibility Initiative auch Philippe Gröschel, Director Government Relations bei Telefónica Deutschland. Er betonte, dass Unternehmen gerade mit Blick auf die Herausforderungen der Cybersicherheit ihre Cyberresilienz bei der Datennutzung erhöhen müssen. Dabei komme es auf die differenzierte Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen und öffentlichen Institutionen an. (Die weiteren Thesen der CDR-Initiative sind hier zu finden.)

Philippe Gröschel, Director Government Relations | Foto: Telefónica Deutschland

Datenstrategie und Dateninstitut

Um die hoch gesteckten Ziele einer innovativen Datenökonomie schneller zu erreichen, kündigten die Bundesminister Habeck und Wissing zwei zentrale Vorhaben an: eine eigene Datenstrategie und ein neues Dateninstitut. Die Eckpunkte der Datenstrategie sollten eigentlich bereits beim Digitalgipfel vorgestellt werden, doch aufgrund von weiterem Abstimmungsbedarf zwischen den Ressorts wurde dies kurzfristig verschoben. Dies zeigt, dass es noch an Einheitlichkeit zwischen den einzelnen Ministerien fehlt und die Zuständigkeiten für die Digitalisierung eher komplizierter geworden sind, wie viele Kritiker monieren.

Während die Datenstrategie also auf sich warten lässt, konnte die Bundesregierung immerhin Fortschritte bei der Gründung eines Dateninstituts präsentieren. Dieses Dateninstitut wurde bereits vor einem Jahre im Koalitionsvertrag angekündigt und soll nun 2023 aufgebaut werden, nachdem eine Gründungskommission erste konzeptionelle Empfehlungen vorgelegt hat. Ziel des neuen Instituts ist es, den Datenzugang und die Datennutzung über Sektorengrenzen hinweg erleichtern. Wie dies im Detail aussehen soll und welche Hindernisse dabei noch überwunden werden müssen, werden wir demnächst beleuchten.

Nach einem schwierigen ersten Amtsjahr, mit jeder Menge Krisen und Herausforderungen, ist die Bundesregierung insgesamt darum bemüht, bei ihren digitalpolitischen Vorhaben mehr Tempo zu machen. Wir hoffen, dass dies 2023 gut gelingt und werden die Entwicklungen im neuen Jahr weiter begleiten.

Mehr Informationen:

Bundeshaushalt 2023: So viel Geld ist für die Digitalisierung eingeplant
Digitalstrategie der Bundesregierung: Interview mit Stefan Schnorr (BMDV)

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