EU-Digital: Liberale, Grüne und Linke Digitalpolitiker im EU-Parlament

Foto: CC0 1.0, Pixabay User mcruetten | Ausschnitt bearbeitet
Veröffentlicht am 09.09.2019

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Nach seiner konstituierenden Sitzung und der Wahl der Spitzenpositionen der EU-Institutionen im Juli kommt das Plenum des Europäische Parlaments am 16. September zur nächsten Sitzungswoche zusammen. In einem vorherigen Artikel haben wir uns zunächst mit den DigitalpolitikerInnen der sozialdemokratischen und konservativen Fraktionen beschäftigt, jetzt werfen wir einen Blick auf interessante digitalpolitische Köpfe der weiteren Fraktionen.

Neben der Europäischen Volkspartei (öffnet in neuem Tab) (EVP) und den Sozialdemokraten (öffnet in neuem Tab) (S&D) hat das Europäische Parlament fünf weitere Fraktionen. In der neuen Fraktion „Renew Europe“ (öffnet in neuem Tab) haben sich die Liberalen und die Partei des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, La République en Marche, zusammengetan und sind damit drittstärkste Kraft. Die europäischen Grünen folgen auf Platz vier. Ebenfalls im EU-Parlament vertreten sind die Fraktion Identität und Demokratie (öffnet in neuem Tab), der die AfD-Abgeordneten angehören, die Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (öffnet in neuem Tab) und die Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken (öffnet in neuem Tab).

Rasmus Andresen (Grüne) – Vier-Punkt-Plan für erfolgreiche Digitalisierung

Bevor Rasmus Andresen (öffnet in neuem Tab) ins Europaparlament einzog, saß der Grünen-Politiker über zehn Jahre lang im Landtag Schleswig-Holstein, zuletzt als Vizepräsident. In seiner Fraktion die Grüne/EFA will sich Andresen für digitale Rechte einsetzen und stellte dazu einen Vier-Punkte-Plan (öffnet in neuem Tab) zusammen: Wichtig sei der europaweite und flächendeckende Ausbau von Glasfaser und 5G-Netzen, den Andresen an eine sogenannte „Netzneutralität“ koppeln will.

Telekommunikationsunternehmen dürften nicht bestimmen, welche Inhalte wie schnell im Internet übertragen werden. Ebenso Teil seiner Agenda ist eine EU-weite Digitalsteuer, die Interoperabilität von Messengerdiensten und die Verabschiedung der ePrivacy-Verordnung.

Nicola Beer (FDP) – wünscht sich einen „Innovationskontinent“

Nicola Beer (öffnet in neuem Tab) zog als FDP-Spitzenkandidatin ins Europäische Parlament ein. Bis zuletzt war Beer Generalsekretärin der FDP und Mitglied des Deutschen Bundestages. In den Ausschüssen für Forschung, Bildung und Medien beschäftigte sie sich unter anderem mit netzpolitischen Themen. Das Netzwerkdurchsuchungsgesetz kritisierte Beer als „Privatisierung der Rechtsdurchsetzung“ (öffnet in neuem Tab).

FDP-Generalsekretärin Nicola Beer | Foto: Henrik Andree

Für die digitale Agenda der EU fordert die Juristin mehr „Freiraum für die Entwicklung von KI“. Dabei müsse mittels einer „gemeinsam abgestimmten europäische Strategie“ ein fairer Wettbewerb für Unternehmen und ein sicherer Umgang mit Daten gewährleistet werden. „Ich möchte aus diesem Kontinent einen Innovationskontinent machen“, sagte die FDP-Politikerin auf einer Veranstaltung (öffnet in neuem Tab) des Tagesspiegels.

Patrick Breyer (Piraten) – Der „digitale Freiheitskämpfer“

Auf seiner Internetseite (öffnet in neuem Tab) bezeichnet sich Dr. Patrick Breyer (öffnet in neuem Tab) selbst als „digitaler Freiheitskämpfer“. Der Jurist promovierte zum Thema Vorratsdatenspeicherung und ist als Nachfolger von Julia Reda (öffnet in neuem Tab) – Gegnerin der EU-Urheberrechtsreform – ins Europaparlament eingezogen. Dort setzt er sich nicht nur für das Recht auf Informationsfreiheit und gegen digitale Massenüberwachung ein, sondern will auch durch Kampagnen wie beispielsweise #SaveYourInternet (öffnet in neuem Tab) die Bürger mobilisieren.

Cornelia Ernst (Linke) – Gegen eine digitale Überwachungsmaschinerie

Cornelia Ernst (öffnet in neuem Tab) sitzt seit 2009 für Die Linke (öffnet in neuem Tab) im Europaparlament und beschäftigt sich dort mit Themen wie dem Datenschutz und der „globalen Überwachungsindustrie“. Ernst ist Befürworterin der DSGVO (öffnet in neuem Tab), die sie als Mitglied im Ausschuss für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres gemeinsam mit anderen Abgeordneten auf den Weg brachte.

Dem Online-Magazin netzpolitik.org (öffnet in neuem Tab) erklärte sie, es müsse einen Rückbau von Überwachung geben und eine neue Vorratsdatenspeicherung verhindert werden. „Ich setze mich jetzt seit Jahren für ’saubere‘ Technik ein, die ohne Backdoors und Pseudo-Krypto auskommt. Dasselbe gilt für staatliches Hacking, Bundestrojaner und all das. Wir müssen den Staaten solche Technik wegnehmen“, sagte Ernst.

Svenja Hahn (FDP) – die Vertretung der jungen Generation

Seit Jahren ist Svenja Hahn (öffnet in neuem Tab) in der europäischen Politik unterwegs und kennt die Jugend Europas genau. Bereits während ihres Studiums in Berlin engagierte sie sich bei der Jugendorganisation (öffnet in neuem Tab) der Freien Demokraten. Später wurde sie Präsidentin der europäischen Dachorganisation LYMEC (öffnet in neuem Tab) – der europäischen liberalen Jugend. In der Klimapolitik sieht die junge Politikerin eine „existenzgefährdende Herausforderung“.

Pressefoto: FDP

Hahn zufolge müssen neue Lösungen für Energie, Umweltschutz, Digitalisierung und Innovation gefunden werden. Die Frage, wie der digitale Arbeitsmarkt der Zukunft aussehen soll, steht für Hahn im Fokus. Chancen für einen funktionierenden europäischen Arbeitsmarkt sieht die Politikerin im Vorantreiben des europäischen Binnenmarktes, um „europaweit Chancen für digitale Wirtschaftszweige zu schaffen“, wie sie in einem Interview (öffnet in neuem Tab) mit dem BASECAMP Blog erklärte.

Sergey Lagodinsky (Grüne) – hohe bürgerrechtliche Standards durch digitale Grundrechte

In die Politik stieg Dr. Sergey Lagodinsky (öffnet in neuem Tab) als Sozialdemokrat ein. Zu den Grünen wechselte der Politiker aufgrund der Äußerungen von Thilo Sarrazin. Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und die Ausgestaltung neuer Bürgerrechte im Zeitalter der Digitalisierung sind die Themen, mit denen sich Lagodinsky beschäftigt. Der EU-Abgeordnete, der im Innen- und Außenausschuss des Europaparlaments sitzt sowie im Rechtsausschuss stellvertretender Vorsitzender ist, fordert die Stärkung digitaler Selbstbestimmung.

Foto: CC0 1.0, Pixabay / TheDigitalArtist / Ausschnitt bearbeitet

Dafür sei nicht nur eine einheitlich europäische Digital-Strategie erforderlich, sondern auch die Erarbeitung „neuer Bürgerrechtskonzepte für die Zeit des digitalen Wandels“. Datenschutz sei erst der Anfang. „Digitale Nichtdiskriminierung“ ist für den Politiker, der selbst vor 25 Jahren aus der Sowjetunion als jüdischer Kontingentflüchtling nach Deutschland kam, ein selbstverständlicher Bestandteil der europäischen Demokratieagenda.

Nico Semsrott (Die Partei) – „Realo-Flügel“

Nico Semsrott (öffnet in neuem Tab) zog als neben Martin Sonneborn als Abgeordneter der Partei Die Partei (öffnet in neuem Tab) in das Europaparlament ein und schloss sich der Grünen-Fraktion an. Der Neu-Politiker, dessen schwarzer Kapuzenpulli sein Erkennungszeichen geworden ist, bezeichnet sich selbst als „Realo-Flügel“ der „Partei“. Dem Online-Magazin netzpolitik.org (öffnet in neuem Tab) sagte Semsrott, er wolle sich in seiner Fraktion zu digitalpolitischen Themen einbringen und nennt etwa die ePrivacy-Verordnung, „die Förderung von Open-Source und den Ausbau der Informationsfreiheit auf europäischer Ebene“.

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