Jugendliche und der Umgang mit Hatespeech: Wie schützen wir uns vor Hass und Mobbing im Netz?

Foto: Till Budde | Ausschnitt angepasst
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Veröffentlicht am 29.11.2019

Foto: Till Budde / Ausschnitt bearbeitet
Wie kann man sich gegen Hatespeech im Internet schützen? Warum verbreiten Menschen Hass im Netz? Über diese Fragen diskutierten Schülerinnen und Schüler auf einer Veranstaltung unter dem Motto „Respekt gilt auch im Netz“ im BASECAMP von Telefónica mit Renate Künast von Bündnis 90/Die Grünen, Beate Achilles, Expertin von der Plattform LOVE-Storm und Teresa Sündermann von der Amadeu-Antonio-Stiftung. Die Moderation führte Influencer und Blogger Tarik Tesfu, der sich im Netz gegen Rassismus, Homophobie und Sexismus stark macht.

Die Verbreitung von Hasskommentaren im Netz führt nicht nur dazu, dass Menschen beleidigt und verunglimpft werden, sondern gefährdet auch die Demokratie. Denn laut einer Umfrage des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft halten die Hälfte aller Internetnutzer sich aus Angst vor Hasskommentaren mit ihrer politischen Meinung im Netz zurück. „Das Internet bietet riesige Chancen zum Austausch und zur Entfaltung. Es bringt aber auch Schattenseiten mit sich. Wir setzen uns gezielt dafür ein, dass die Menschen sich sicher und selbstbestimmt im Netz bewegen können“, so Claudia von Bothmer, Head of Corporate Responsibility bei Telefónica Deutschland.

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Foto: Till Budde | Ausschnitt angepasst

Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen) ehemalige Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz hat selber Hass im Netz erlebt.

„Sie wollen nicht, dass ich den Mund aufmache, was dazu führt, dass ich mich erst recht gegen Hatespeech engagiere.“

Menschen, die Hass verbreiten, wollen Angst machen und einschüchtern – und so Menschen davon abhalten, sich politisch zu engagieren, betonte Künast. Frauen seien besonders häufig betroffen.

„Mädchen und Frauen erleben es im Netz ganz häufig, dass mit sexueller Gewalt gedroht wird.”

Beate Achilles hilft Menschen über die Plattform LOVE-Speech mit speziellen Trainings, sich gegen den Hass im Netz zur Wehr zu setzen. Hatespeech sei für sie kein neues Phänomen, denn

die Grundeinstellungen waren schon immer da”.

Neu sei jedoch, dass es mit dem Internet plötzlich eine sehr breite Öffentlichkeit und viele Plattformen gebe, um Hass in die Welt zu setzen. LOVE-Storm bietet die Möglichkeit, Hasskommentare über eine App, eine Webseite und bei Facebook zu melden.

„Wir sind nur eine Projektionsfläche für den Hass”

Aber niemand müsse dem Hass tatenlos gegenüberstehen, unterstrich Teresa Sündermann:

Es gibt viele Möglichkeiten, sich zur Wehr zu setzen.”

Im Projekt Debatte//de:hate unterstützt sie Menschen mit speziellen Workshops beim Umgang mit Hass im Netz.

Wir haben auch ein bundesweites Netzwerk an Trainern, die in die Schulen und Jugendeinrichtungen gehen.”

Außerdem gebe es ein Monitoring für extremistische Phänomene, etwa auf Gaming-Plattformen und in den sozialen Netzwerken.

Auch Moderator Tarik Tesfu hat schon erfahren müssen, wie sich Hass im Internet anfühlt. Vor fast zwei Jahren hatten Menschen seine Social-Media-Kanäle gehackt. „Meine ganze Identität war auf einmal weg”, sagte Tesfu.

Die Hacker haben meinen Personalausweis, meine Lohnsteuerabrechnung und meine Privatadresse veröffentlicht.” Dabei sei Tesfu klar geworden: Der Hass richte sich nicht gegen ihn als Person. „Die kennen mich ja gar nicht, sondern nur meine inszenierte Persönlichkeit. Ich bin nur eine Projektionsfläche für den Hass und die Gewalt.”

Niemand ist mit dem Hass allein

Hier stimmt auch Theresa Sündermann zu, denn

„Hatespeech ist eine Form der Diskriminierung”.

Um sich zu schützen, rät sie, die Privatsphäre-Einstellungen in den sozialen Netzwerken zu prüfen.

Schaut, wo ihr euch angreifbar macht. Muss wirklich jeder euren ganzen Namen, eure Telefonnummern und euren Geburtstag wissen?”

Wer Hasskommentare nicht einfach hinnehmen möchte, könne Screenshots anfertigen. Mit diesen Beweisen können Aggressoren gemeldet oder sogar online die Polizei eingeschaltet werden.

„Wenn ihr nicht wisst, ob etwas illegal ist, dann könnt ihr euch an Internet-Beschwerdestellen im Netz wenden. Die beraten euch.”

Auf keinen Fall sollten Betroffene Hasskommentare mit eigenen Beschimpfungen bekämpfen, denn Screenshots solcher Unterhaltungen würden ihre Gegner häufig als Trophäen sammeln.

„Wenn ihr von Hatespeech betroffen seid, dann habt im Kopf, ihr seid nicht alleine. Sprecht darüber in geschützten Räumen.”

Moderator Tesfu riet den Schülern außerdem, für jeden Account ein sicheres und individuelles Passwort zu wählen.

„Einer der Gründe, warum es so einfach war, meine Social-Media-Kanäle zu hacken, war mein Passwort. Das war alles, aber nicht sicher.”

Es muss mehr gegen Hatespeech getan werden

Eine andere Maßnahme gegen Hass im Netz sei die Strafanzeige, unterstrich Renate Künast.

„Das ist wie im analogen Leben. Wenn sich Menschen nicht an die Regeln halten, wendet man sich an die Polizei.”

Das Gesetz müsse bei Hatespeech stärker durchgreifen. Denn einige Politiker seien wegen Drohungen und Hasskommentaren schon von ihren Ämtern zurückgetreten.

Wenn wir wollen, dass Menschen sich weiterhin in unserer Demokratie engagieren, dann muss sich der Ton im Netz ändern.”

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Die Schülerinnen und Schüler tauschten sich im Anschluss an die Diskussion in Workshops zum Thema aus. Im Anschluss stellten sie ihre Ideen für Strategien gegen Hatespeech vor. Ein Schüler und forderte einen Kummerkasten und mehr Aufklärung über Mobbing als Teil des Unterrichts. Andere Schüler wünschten sich von der Politik bessere Gesetze gegen Hass und ein konsequenteres Vorgehen von Plattformbetreibern wie YouTube und Facebook gegen Hasskommentare. Breiteste Zustimmung erntete aber die Forderung, einander – im Netz und außerhalb davon – mit mehr Respekt und Toleranz zu begegnen.

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Infografik: Die von den Schülerinnen und Schülern vorgeschlagenen Maßnahmen gegen Hass im Netz
Infografik: Die von den Schülerinnen und Schülern vorgeschlagenen Maßnahmen gegen Hass im Netz

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