Jugendstrategie: Jugendliche machen Digitalpolitik

Veröffentlicht am 17.12.2019

Die Bundesregierung will junge Menschen und ihre Interessen in Deutschland intensiver in die politischen Entscheidungsprozesse einbeziehen. Dazu präsentierten Bundeskanzlerin Angela Merkel und Familienministerin Franziska Giffey die erste „Jugendstrategie der Bundesregierung“, die am 3. Dezember vom Kabinett beschlossen wurde.

Insgesamt umfasst die Jugendstrategie neun Handlungsfelder und 163 Maßnahmen, die von der Bundesregierung unter Einbeziehung aller Ministerien umgesetzt werden sollen. Die neun Felder beinhalten unter anderem die Bereiche Umwelt, Mobilität und Digitales, Gesundheit sowie Europa und die Welt. Die Veröffentlichung des Strategiepapiers sei der „Startschuss für einen breiteren Diskussionsprozess“, sagte die Bundeskanzlerin bei der Präsentation im Kanzleramt. Im September 2020 sollen die Fortschritte bei der Umsetzung der Maßnahmen auf einer Bundesjugendkonferenz überprüft werden.

Jugend entwickelte Strategie mit

Rund 14 Millionen Jugendliche gibt es in Deutschland. Das entspricht einem Anteil von 17 Prozent an der Gesamtbevölkerung. „In gemeinsamer Verantwortung: Politik für, mit und von Jugend“ soll nicht nur der Titel, sondern auch das Leitprinzip der Strategie sein. Die Bundesregierung will Jugendlichen mehr Möglichkeiten zu Mitsprache und Engagement in politischen Angelegenheiten geben. Dazu gibt der Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD das Ziel einer „eigenständigen Jugendpolitik“ aus. Auch der zweite Nationale Aktionsplan im Rahmen der Open Government Partnership (OGP) sieht die Ausarbeitung einer Jugendstrategie vor. Demnach soll die Politik mit der Gesellschaft enger zusammenarbeiten, um somit „die Expertise sowie das Wissen der Bürgerinnen und Bürger zur besseren Lösung drängender Probleme zu nutzen.“

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Foto: CC0 1.0, Pixabay / LoboStudioHamburg | Bildname: internet-whatsapp | Ausschnitt bearbeitet

Unter den wachsamen Augen 100 junger Menschen betonte Merkel bei der Präsentation, dass die Jugendstrategie „nicht über die Köpfe der jungen Leute hinweg gelebt“ werde, sondern jetzt „mit Leben erfüllt“ werden muss. Bereits im Frühjahr dieses Jahres hatten 450 Jugendliche in unterschiedlichen Beteiligungsformaten Empfehlungen für eine jugendgerechte Politik erarbeitet. Bei den „JugendPolitikTagen“ beispielsweise brachten die Jugendlichen in themenspezifischen Audits oder via Online-Konsultationen ihre Ideen ein.

Digitale Synergie nutzen

Die Ergebnisse zeigen, dass die Umwelt- und Klimapolitik den meisten Jugendlichen am Herzen liegt. Doch ihre Interessen reichen weit darüber hinaus. Aufgrund der Synergien zwischen analoger und digitaler Welt, sei vor allem die Digitalpolitik ein wichtiges Thema bei und für junge Menschen. Familienministerin Giffey sagte dazu, dass die Vermittlung von Medienkompetenz als „Querschnittsaufgabe“ betrachtet werden müsse. „Grundsätzlich wirft das Aufwachsen in einer digitalisierten Welt vielschichtige Fragen auf, die über die digitale Infrastruktur hinausgehen“, heißt es in der Jugendstrategie.

Die Digitalisierung verändert und prägt Wirtschaft und Gesellschaft. Und die Generationen sind davon auf unterschiedliche Art und Weise betroffen. So trennt die junge Generation nicht mehr zwischen analoger und digitaler Welt und die digitale Anbindung ist neben der Mobilität ein entscheidender Faktor, wenn es darum geht, ob Jugendliche gerne in ihrer Heimat leben. Damit die junge Generation die Chancen der Digitalisierung im Privaten, in Schule und Studium sowie später im Beruf nutzen und die Risiken umschiffen kann, braucht sie neben den Zugängen zur digitalen Welt aber auch die entsprechenden digitalen Kompetenzen, um selbstbestimmt darin agieren zu können, betont die Bundesregierung.

Als wesentliche Voraussetzung für eine zeitgemäße digitale Bildungsoffensive nennt die Bundesregierung den flächendeckenden Ausbau einer digitalen Infrastruktur sowie den DigitalPakt. Neben dem Anschluss von Schulen und Universitäten an das Breitbandnetz und deren Ausstattung mit Hard- und Software, gelte es aber den kritischen Umgang mit den neuen Technologien und Medien zu vermitteln. Dazu gehöre auch das Verständnis, wie zentral IT-Sicherheit ist und wie man sich und seine Geräte im Netz schützt. Aber nicht nur den Jugendlichen und jungen Erwachsenen gelte es den über den Umgang aufzuklären, sondern auch ihre Eltern und Lehrer. Auf die von der Bundesregierung identifizierten Themen wie Umgang mit Social Media, Datenschutz, Fake News, Hate Speech und Cybermobbing setzen auch viele Unternehmen. So bietet Telefónica Deutschland beispielsweise Workshops an, bei denen Lehrer und Schüler gemeinsam mit Experten und Vorbildern Strategien für einen respektvollen Umgang im Internet entwickeln.

Dabei räumt die Bundesregierung ein, dass die Frage welche Kompetenzen es tatsächlich braucht und wie diese am besten vermittelt werden, um Jugendliche zu unterstützen, noch längst nicht abschließend beantwortet ist. Die Vermittlung digitaler Kompetenzen sei für die junge Generation aber essentiell, um beruflich erfolgreich zu sein und ihre Rechte gegenüber Internetkonzernen und Plattformanbietern durchsetzen zu können. Ziel sei die Selbstbestimmung, auch im Netz. So werde unterstützt, was schon heute Alltag ist: das Jugendliche als „Expertinnen und Experten in eigener Sache“ den digitalen Wandel mitgestalten.

Digitalkompetenzen durch Computerspiele

Eine konkrete Maßnahme zur Weiterentwicklung der Regeln im digitalen Raum ist die Reform des gesetzlichen Kinder- und Jugendmedienschutzes. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) will damit zeitgemäßen Jugendmedienschutz sicherstellen, wie etwa der Schutz von Persönlichkeitsrechten sowie vor gefährdenden Inhalten im Netz. Im Verbraucherschutz verweist die Jugendstrategie auf die Verpflichtung von Anbietern, entsprechende datenschutzkonforme Angebote und Tools zur Verfügung zu stellen. Genannt werden vor allem die Themenbereiche „Tracking, Vertragsfreiheit, Einwilligungsfragen“. Mittels neu entwickelter Tools sollen die Jugendlichen Datenflüsse besser steuern und begrenzen können.

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Was früher in den Kinderzimmern das Lebenssimulationsspiel „Sims“ war, will das BMBF zudem in abgewandelter Form zur Kompetenzförderung einsetzen. Mit der „Mission Verbraucherhelden“ soll speziell für Jugendliche ein mobiles Rollenspiel zur Vermittlung von Verbraucherkompetenzen entwickelt werden. Adventure- und Fantasy-Elemente sowie ein eigener Spielcharakter (Avatar) soll den Jugendlichen die vielfältigen Entscheidungssituationen des Verbraucheralltags in einer virtuellen Umgebung auf spielerische Weise näherbringen.

Eine neue Form der Beteiligung sollen außerdem die sogenannten „WebDays“ des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) schaffen. Das Projekt „WebDays – Jugendliche gestalten die digitale Lebenswelt der Zukunft“ will junge Menschen motivieren, sich mit den Themen Digitalisierung, Verbraucherschutz, Medienbildung und Netzpolitik aktiv auseinanderzusetzen, eigene Ideen zu formulieren und in den politischen Diskurs einzubringen.

 

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