Nachhaltigkeitsstrategie: Welche Rolle spielt die Digitalisierung?

Foto: CC0 1.0, Pixabay / geralt / Ausschnitt bearbeitet
Foto: CC0 1.0, Pixabay / geralt / Ausschnitt bearbeitet
Veröffentlicht am 27.11.2020

Foto: CC0 1.0, Pixabay / geralt / Ausschnitt bearbeitet, gespiegelt
Die Bundesregierung hat im Herbst einen Entwurf zur Weiterentwicklung der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie vorgelegt. Dabei orientiert sie sich an den 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung der UN. Die Digitalisierung kann einen wichtigen Beitrag leisten, um viele dieser Ziele zu verwirklichen.

Zu Beginn der kommenden Woche findet der diesjährige Digital-Gipfel des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) statt. Vorher als als Nationaler IT-Gipfel bekannt, beschäftigt sich der Digital-Gipfel seit 2016 mit jährlich wechselnden Schwerpunktthemen und ist mittlerweile die zentrale Plattform zur Gestaltung der Digitalen Transformation Deutschlands. Thema in diesem Jahr: „Digital nachhaltiger leben.“

Damit greift der Digital-Gipfel die 2015 verabschiedete „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ der Vereinten Nationen (UN) auf. Mit der Agenda 2030 hat sich die Weltgemeinschaft insgesamt 17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung gesetzt. Diese sogenannten „Sustainable Development Goals“ (SDGs) berücksichtigen dabei drei Dimensionen der Nachhaltigkeit gleichermaßen: Umwelt, Soziales und Wirtschaft. Zu den Handlungsfeldern zählen unter anderem ökologisch nachhaltiges Wirtschaften, die weltweite Stärkung von Bildung und Gesundheit sowie der Schutz unseres Klimas.

Die Bundesregierung hat die SDGs in ihrer Nachhaltigkeitsstrategie verankert und versucht diese in allen Politikfeldern mitzudenken sowie ihr Handeln danach auszurichten. Wir zeigen euch, welche Rolle die Digitalisierung bei der Erreichung der Ziele spielt.

Die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie

Im Sinne der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie (DNS) ist Nachhaltigkeit mehr als umweltverträgliches und ressourcensparendes Wirtschaften und Konsumieren. Zu ihren Leitlinien zählen Generationengerechtigkeit, Lebensqualität, sozialer Zusammenhalt sowie internationale Verantwortung. Die Erstfassung wurde 2002 unter Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) verabschiedet. Seit 2004 berichtet die Bundesregierung in einem Rhythmus von vier Jahren über den Stand der Umsetzung. Dies erfolgt in Form sogenannter Fortschrittsberichte, die im Austausch mit gesellschaftlichen Gruppen erarbeitet werden. Daran beteiligt sind Vertreter*innen aus Wirtschaft, Gesellschaft, Politik, Kultur und Wissenschaft. Die Berichte werden auch dazu genutzt, um die Strategie inhaltlich weiterzuentwickeln.

Foto: Pixabay User 2500529 | CC0 1.0 | Unsplash User christian wiediger | CC0 1.0 | Ausschnitt bearbeitet/Montage

Die Ergebnisse des jüngsten Dialogprozesses bilden die Basis eines aktuellen Entwurfs zur Weiterentwicklung der DNS. Darin wird eingangs mit Nachdruck betont, dass die Geschwindigkeit und Ambition zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele in den kommenden zehn Jahren deutlich erhöht werden müssen, um die SDGs bis 2030 zu verwirklichen. Vor diesem Hintergrund fordert auch die UN eine Dekade des Handelns. Darüber hinaus legt die Bundesregierung in dem Entwurf den Weiterentwicklungsbedarf der DNS und den deutschen Beitrag zur Erreichung der SDGs dar. Dabei spielt die Digitalisierung eine Schlüsselrolle.

Mobilfunk für nachhaltiges Wirtschaften

Das neunte SDG zielt auf den Aufbau belastbarer Infrastrukturen und einer nachhaltigen Industrie sowie die Förderung von Innovationen. Diese drei Bausteine bilden aus Sicht der Bundesregierung wiederum „eine wichtige Basis“, um weitere SDGs zu erreichen. Beispielsweise eine „nachhaltige Landwirtschaft (SDG 2), […] nachhaltiges Wirtschaftswachstum (SDG 8), nachhaltige Städte (SDG 11), nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster (SDG 12) und den Klimaschutz (SDG 13).“ Deutschland benötige dazu vor allem eine Mobilfunkinfrastruktur, „die die digitale Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft nachhaltig unterstützt und die Attraktivität des Standorts Deutschland erhöht“. Im Fokus stehen dabei die Potenziale des neuen Mobilfunkstandards 5G. Dieser ermöglicht einen ganz neuen Grad intelligenter Vernetzung. Zudem lassen sich damit Echtzeit-Anwendungen realisieren. Von einem zügigen 5G-Ausbau verspricht sich die Bundesregierung daher Chancen in Bereichen wie Industrie 4.0 und Digital Farming.

Foto: CC0 1.0, Pixabay User geralt | Ausschnitt angepasst

Die Digitalisierung wird als großer Hebel für mehr Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft (SDG 2) betrachtet. Die Bundesregierung setzt darauf, dass digitale Technologien dabei helfen, „Ressourcen effizienter einzusetzen […] und hochwertige Lebensmittel nachhaltig zu produzieren sowie Arbeitsprozesse zu erleichtern.“ Hierzu fördert das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) bereits digitale Experimentierfelder. Dabei wird auch 5G erprobt, beispielsweise zur intelligenten, echtzeitfähigen Vernetzung von Sensorik, autonomen Feldrobotern und Drohnen. Diese können im Verbund Schädlingsbefall automatisch erkennen und bekämpfen oder Böden zielgerichtet düngen. So sorgen digitale Technologien für einen effizienten Einsatz von Dünger, Pflanzenschutzmitteln und Energie – und somit für mehr Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft.

Gesundheit und Bildung

Auch im Bereich Gesundheit (drittes SDG) spielt die digitale Vernetzung eine wichtige Rolle. Diese ist Grundvoraussetzung für telemedizinische Anwendungen, sprich Diagnostik und Therapie über räumliche Distanzen hinweg. Telemedizin bietet das Potenzial, die medizinische Versorgung in ländlichen oder strukturschwachen Regionen zu verbessern – wovon vor allem ältere sowie in ihrer Mobilität eingeschränkte Menschen profitieren können. Die Bundesregierung hat bereits Einiges unternommen, um das deutsche Gesundheitswesen digital zukunftsfest zu machen. So ist der Aufbau der sogenannten Telematikinfrastruktur (TI) in vollem Gange. Dabei handelt es sich um eine sichere digitale Infrastruktur zum Datenaustausch im Gesundheitswesen. Die Kernanwendung ist die elektronische Patientenakte, deren erste Funktionen ab 2021 zur Verfügung stehen sollen. Mittels der TI sollen zukünftig auch Arznei- und Heilmittel digital verordnet werden (E-Rezept).

Foto: Pixabay User khamkhor | CC0 1.0 | Ausschnitt bearbeitet

„Für eine erfolgreiche Umsetzung der globalen Nachhaltigkeitsziele kommt Bildung eine Schlüsselrolle zu“, betont die Bundesregierung. Mit dem vierten SDG hat sich die Weltgemeinschaft zu hochwertiger Bildung verpflichtet. Lern-Apps oder -Plattformen oder gar Games: Die Digitalisierung hält diverse Möglichkeiten zur Wissensvermittlung bereit. Die Ertüchtigung der digitalen Bildungsinfrastruktur hierzulande unterstützt die Bundesregierung im Rahmen des DigitalPakt Schule mit 5 Milliarden Euro.  Im Zuge der Corona-Pandemie wurden die Mittel noch einmal aufgestockt, um Schüler*innen aus einkommensschwachen Haushalten mit digitalen Endgeräten für den Fernunterricht zu versorgen.

Digitalisierung und Klimaschutz

Digitale Technologien haben aber auch selbst einen relevanten ökologischen Fußabdruck. Die Förderung einer nachhaltigen und klimafreundlichen Digitalisierung ist daher einer der Schwerpunkte der Bundesregierung. Zum Ausdruck kommt dies unter anderem in der „Umweltpolitischen Digitalagenda“ des Bundesumweltministeriums (BMU), die 70 Maßnahmen für eine grünere Digitalisierung definiert. Darüber hinaus gibt es den Aktionsplan „Natürlich. Digital. Nachhaltig.“ des Bundesforschungsministeriums (BMBF), der technologische Innovationen für eine energie- und ressourcenschonende Gestaltung der Digitalisierung unterstützt.

Das Digitalisierung und Umweltschutz keinen Widerspruch bilden, stellte auch der „Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen“ (WBGU) in seinem jüngsten Hauptgutachten fest: „Dekarbonisierung, Kreislaufwirtschaft, umweltschonendere Landwirtschaft, Ressourceneffizienz und Emissionsreduktionen, Monitoring und Schutz von Ökosystemen könnten durch digitale Innovationen leichter und schneller erreicht werden als ohne sie.“

Schlagworte

Empfehlung der Redaktion