Mobilfunk einfach erklärt: Schließt Roaming die weißen Flecken?

Veröffentlicht am 12.02.2019

Seitdem die Bundesnetzagentur im November 2018 ihre Entscheidung für die Vergabebedingungen des 5G-Spektrum vorgelegt hat, wird das Thema „local Roaming“ intensiv diskutiert. Obwohl die Bundesnetzagentur in ihren Vergaberegeln auf eine Roaming-Pflicht verzichtet hat, haben sich die Bundestagsfraktionen von Union und SPD schon darauf geeinigt, noch in der Vorbereitungsphase der Auktion den einschlägigen Rechtsrahmen zu ändern und eine Rechtsgrundlage für die Anordnung von lokalem Roaming zu schaffen. Am Mittwoch, den 13. Februar plant der Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages sich im Rahmen einer öffentlichen Anhörung mit diesem Thema zu befassen.

Telefónica Deutschland teilt grundsätzlich die Position der Politik, dass heute bestehende Versorgungslücken in den Mobilfunknetzen geschlossen werden sollten. Roaming ist jedoch kein geeigneter Lösungsansatz für diese Herausforderung, da die Technologie nicht für die Versorgung kleiner Gebiete geeignet ist.

Was ist Roaming?

Der Begriff Roaming, vom Englischen “to roam” = “umherstreifen, umherwandern” bezeichnet im Mobilfunk den Zustand, in dem sich ein Mobiltelefon außerhalb seines Heimatnetzes befindet. In der Regel ist das im Ausland der Fall, wo der eigene Anbieter kein Mobilfunknetz betreibt. Damit die Kunden auch dort mobil telefonieren und surfen können, schließt der Netzanbieter mit einem oder mehreren Netzbetreibern in einem anderen Land einen Roaming-Vertrag, der es den Kunden des jeweils einen Anbieters erlaubt, zu bestimmten Preisen im Netz des jeweils anderen Anbieters zu telefonieren und zu surfen.

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Dieses Konzept kann auch (mit massiven Einschränkungen, aber dazu später mehr) im Inland funktionieren. Während man das Roamen in einem ausländischen Gastnetz als „International Roaming“ bezeichnet, handelt es sich beim landesweiten Roaming im Heimatland um „National Roaming“. Das gezielte Roaming in einer lokal begrenzten Region oder sogar nur in einer Mobilfunkzelle innerhalb des Heimatlandes nennt man „Local Roaming“. Die augenscheinlichen Vorteile liegen auf der Hand: Habe ich an einem Ort im Netz meines Netzanbieters keinen Empfang, das Netz eines anderen Anbieters ist aber verfügbar, bucht sich mein Mobiltelefon im anderen Netz ein und ich kann telefonieren und surfen, wo ich es vorher nicht konnte. Ist mein eigenes Netz wieder verfügbar, springt mein Mobiltelefon wieder zurück in sein Heimatnetz.

Klingt zu schön, um wahr zu sein? Ist es vermutlich auch…

Welche Einschränkungen erfahren Kunden beim Local Roaming?

Wer schon einmal während eines Telefonats mit dem Mobiltelefon eine Staatsgrenze überquert hat, weiß, was passiert: Der Anruf reißt ab. Hintergrund ist, das bei Telefonaten im Heimatnetz, der Anruf schnell von Funkzelle zu Funkzelle weitergegeben werden kann (Handover), da innerhalb eines Netzes jede Funkzelle ihre benachbarten Funkzellen kennt und das Netz so die Handover lokal steuern kann. Verlässt man den Abdeckungsbereich des eigenen Netzes und begibt sich in den Bereich eines Gastnetzes, sind nicht nur die Nachbarschaften nicht mehr bekannt, der Anruf muss auch vom eigenen Kernnetz in das Kernnetz des Gastnetzes übergeben werden und diese Prozedur kann oft so lange dauern, dass das Telefonat abreißt.

Wenn der Bereich der Netzabdeckung verlassen wurde, reißen aber nicht nur Telefonate ab sondern auch Datenverbindungen. In einem kleinen Funkloch innerhalb des Heimatnetzes fällt das oft nicht auf, da die Verbindung schnell wieder hergestellt werden kann und ein kurzer Aussetzer der Verbindung oft von der App selbst kompensiert wird. Daten werden dann „gepuffert“, d.h. bei Audio- oder Video-Streaming-Anwendungen für einige Sekunden im Voraus heruntergeladen. Selbst Telefonate können so oft auch nach mehr als 10 Sekunden Unterbrechung wieder hergestellt werden.

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Foto: CC0 1.0, Pixabay / geralt / Ausschnitt bearbeitet

Wie bucht sich das Handy in das Gastnetz ein?

Egal ob großes oder kleines Funkloch, wenn das Mobiltelefon das Heimatnetz nicht mehr empfängt, wird es versuchen, sich wieder mit einem Netz zu verbinden (Reselection). Zunächst wird es versuchen, auf allen ihm bekannten Technologien (2G, 3G, 4G) und Frequenzen sein Heimatnetz zu finden. Wenn dies nicht funktioniert – weil es sich außerhalb seines Heimatnetzes im Ausland oder in einem „weißen Fleck“ befindet – wird es versuchen, sich in anderen Netzen, die es empfangen kann, einzubuchen. Dieser Prozess kann verhältnismäßig lange dauern, durchaus 30 Sekunden, hin und wieder aber auch 60 Sekunden oder mehr. Während dieser Zeit kann man weder Anrufe durchführen noch Anrufe entgegennehmen, man ist nicht erreichbar – und natürlich kann man auch keine mobilen Datendienste nutzen. Das Telefon ist vollständig damit beschäftigt, sich im Gastnetz zu registrieren. Jeder, der nach der Landung im Urlaubsland im Flugzeug (natürlich nach Erreichen der Parkposition) schon einmal an seinem Mobiltelefon den „Flugmodus“ deaktiviert hat, wird festgestellt haben, dass das Telefon länger als gewöhnlich benötigt, um wieder „online“ zu sein. Übrigens verbraucht dieser Reselection-Vorgang auch überproportional viel Batterie, da vom Nutzer unbemerkt im Hintergrund viele Signalisierungsnachrichten gesendet und empfangen werden müssen, damit festgestellt werden kann, ob das Mobiltelefon überhaupt dazu berechtigt ist, sich in das Gastnetz einzubuchen.

Beim International Roaming passiert das idealerweise nur einmal, nämlich beim Überqueren der Grenze. Mit dieser Einschränkung müssen wir leben. Beim National und vor allem auch beim Local Roaming werden dieselben Effekte auftreten – nur häufiger. Wenn tatsächlich in vielen kleineren Gebieten Local Roaming angeboten würde, würden sich die Zeiträume, in denen das Mobiltelefon mit Reselection beschäftigt ist, stark häufen. Besonders stark wäre dieser Effekt, wenn man sich mit Auto, Bus oder Bahn durch entsprechende Gebiete mit Roaming bewegt. Die Folge: Häufige Gesprächsabrisse, lange Nichterreichbarkeit, lange Aussetzer bei Datendiensten und ein deutlich höherer Batterieverbrauch.

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