Gleichstellung: Wie steht es um die Vorbildfunktion des Staates?

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Veröffentlicht am 06.03.2020

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Sonntag ist Weltfrauentag und auch die Bundesregierung präsentiert sich gerne als Vorkämpfer für Frauenrechte. Aber wie steht es um die Gleichstellung von Frauen und Männern in den Behörden des Bundes? Die obersten Statistiker des Landes liefern einen Einblick.

Vor über hundert Jahren feierten sozialistische Frauenbewegungen in mehreren europäischen Staaten den ersten Frauentag – damals noch am 19. März. Ihr Ziel war die Einführung des Wahlrechts für Frauen. Seit 1921 wird der Tag am 8. März begangen, 54 Jahre später erhoben die Vereinten Nationen ihn zum „Tag für die Rechte der Frau und den Weltfrieden“. Den Internationalen Frauentag 2020 wollen wir zum Anlass nehmen, die Vorbildrolle des Staates bei der Gleichstellung von Frauen unter die Lupe zu nehmen.

In dieser Hinsicht aufschlussreich sind jüngst veröffentliche Zahlen des Statistischen Bundesamtes (Destatis). Der Gleichstellungsindex 2019 liefert einen Einblick in die Gleichstellung von Frauen und Männern in den 23 obersten Bundesbehörden. Dazu zählen das Bundespräsidial- und das Bundeskanzleramt, die Bundesministerien, die höchsten Gerichte sowie die Verwaltungen von Bundesrat und Bundestag.

Mehr Frauen als Männer in den Behörden tätig

In den allermeisten Fällen sind mehr Frauen als Männer in den obersten Bundesbehörden tätig. Der Frauenanteil lag im Juni 2019 bei durchschnittlich 54 Prozent der insgesamt 30.150 beschäftigten Personen. Nur in drei Behörden lag ihr Anteil unter 50 Prozent. Den geringsten Anteil wies mit 42 Prozent der Bundesrechnungshof (BRH) auf. Am größten war der Frauenanteil im Bundesfamilienministerium (BMFSFJ) – dort erreichte er 72 Prozent.

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Der Anteil der Frauen an den Beförderungen im Zeitraum von Mitte 2018 bis Mitte 2019 entspricht mit 54 Prozent ihrem Anteil an den Gesamtbeschäftigten. Entsprechend sei „in der Gesamtbetrachtung keine Benachteiligung zu erkennen“, folgert Destatis. Betrachtet man aber die einzelnen Häuser, stellt man fest, dass der Frauenanteil an beruflichen Aufstiegen in zehn Behörden dann doch unter dem der jeweiligen Gesamtbeschäftigung lag.

Weniger Frauen in Führungspositionen

Die Führungspositionen in den Bundesbehörden werden von Personen im „höheren Dienst“ besetzt. Von den 10.971 Beschäftigen im höheren Dienst waren im vergangenen Jahr 46 Prozent weiblich. Insgesamt beschäftigten 14 der 23 obersten Bundesbehörden weniger Frauen als Männer im höheren Dienst. Positiv heben sich davon wiederum das BMFSFJ sowie die Behörde der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien ab.

Der Frauenanteil verringert sich weiter, wenn man einen Blick auf die Beschäftigten mit Vorgesetzen- oder Leitungsaufgaben im höheren Dienst schaut – was in den Ministerien bis auf die Ebene der Staatssekretäre reicht. Von den 2.994 Personen waren 2019 nur 36 Prozent Frauen. Sechs Behörden lagen noch unter diesem Durchschnitt. Am unteren Ende der Skala fand sich das Auswärtige Amt mit einem Frauenanteil von 23 Prozent. Positiv können das BMFSFJ sowie das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) und das Sekretariat des Bundesrates hervorgehoben werden. Diese drei Behörden beschäftigten 2019 über die Hälfte Frauen auf den Führungspositionen.

Teilzeit als Aufstiegsbremse

Es lässt sich also feststellen, dass die Gleichstellung bei den Führungsposten noch ausbaufähig ist. Aber gibt es konkrete Gründe für diesen Rückstand bei der Gleichstellung? Die Statistiker von Destatis sind der Ansicht, „der hohe Frauenanteil bei Teilzeitbeschäftigung sowie bei Beurlaubung und Freistellung dürfte zu den niedrigen Frauenquoten bei Leitungsfunktionen beitragen“. So lag der Frauenanteil unter den Teilzeitbeschäftigten im vergangenen Jahr bei 81 Prozent. Auf den höchsten Dienstebenen waren aber gerade mal zehn Prozent der Beschäftigten in Teilzeit tätig – unter den Staatssekretärinnen und Staatssekretären niemand.

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Foto: Shutterstock / GaudiLab

Trotzdem ist ein positiver Trend festzustellen: Von 2018 auf 2019 stieg der Anteil der Frauen in den Führungspositionen der obersten Bundesbehörden von 34 auf 36 Prozent. Und die schwarz-rote Koalition will mehr erreichen. Bis 2025 sieht der Koalitionsvertrag eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen im öffentlichen Dienst des Bundes vor. Man dürfe deshalb „nicht nachlassen“, erklärte Familienministerin Franziska Giffey (SPD) zu den Zahlen der Statistikbehörde.

„Dazu gehört zum Beispiel der Ausbau der mobilen und flexiblen Arbeit, um bessere Möglichkeiten der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu schaffen“, so Giffey. Dies ist auch Ziel des Gesetzes für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst. Dieses wurde bereits 2015 beschlossen und betont die Vorbildfunktion des Staates gegenüber der Wirtschaft. Die Bundesbehörden werden darin unter anderem verpflichtet, „sich für jede Führungsebene konkrete Zielvorgaben zur Erhöhung des Frauen- beziehungsweise Männeranteils zu setzen“, um Gleichstellung zu erreichen.

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