Digitalpolitik: Bundesregierung beschließt Datenstrategie

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Veröffentlicht am 02.02.2021

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Um Daten für die Gesellschaft nutzbar zu machen, sollen sie besser geteilt werden. Dieses Ziel verfolgt die Bundesregierung mit ihrer Datenstrategie, die am 27. Januar vom Kabinett beschlossen wurde. Dies war überfällig, heißt es von Kritikern. Es fehle allerdings ein klarer Zeitplan zur Umsetzung.

Die Bundesregierung hat am 27. Januar ihre Datenstrategie vorgestellt. Damit verfolgt sie das Ziel, die Chancen, die in Daten liegen, auch als Gesellschaft zu nutzen, wie Bundeskanzleramtschef Helge Braun (CDU) erklärte. Gerade in der COVID-19-Pandemie hätten Viele Daten nutzen und schätzen gelernt. Ihr Potenzial für die Zukunft könne „kaum hoch genug“ eingeschätzt werden, betonte er. Die „Innovationsstrategie für gesellschaftlichen Fortschritt und nachhaltiges Wachstum“ enthält 240 konkrete Maßnahmen, die einzelnen Bundesministerien zugeordnet sind. Sie sind auf vier Handlungsfelder aufgeteilt: Datenbereitstellung und -zugang (Infrastruktur) verbessern, Datennutzung fördern, Datenkompetenz erhöhen sowie den Staat zum Vorreiter der neuen Datenkultur machen.

Viele der angekündigten Maßnahmen stehen in der beigefügten Tabelle bereits auf dem Status „Laufend“, denn eigentlich hätte die Strategie schon letzten Sommer fertig sein sollen. Nachdem Eckpunkte im November 2019 veröffentlicht worden waren, lag Ende September 2020 ein erster Entwurf vor. Insgesamt wird die Strategie von der Digitalwirtschaft als Fortschritt gesehen, aber als auch als überfällig bezeichnet. Bitkom-Präsident Achim Berg geht davon aus, dass Deutschland mit einer Datenstrategie „sehr viel besser und gesünder durch die Corona-Pandemie kommen“ würde. „Diese Krise sollte auch den Skeptikern vor Augen geführt haben, welche herausragende Bedeutung aktuelle und qualitativ hochwertige Daten zum Beispiel für die Pandemiebekämpfung oder für die Bewertung der Wirksamkeit politischer oder epidemiologischer Maßnahmen haben. Und welche Folgen es hat, wenn Entscheidungsträger nicht auf solche Daten zurückgreifen können“, sagt Berg.

Kritik: Viele Maßnahmen, aber kein Zeitplan

Zwar enthält die Strategie viele Maßnahmen, jedoch gibt es außer der Einteilung in „Laufend“ oder „in Planung“ keinen Zeitplan für die Umsetzung. FDP-Digitalpolitiker Manuel Höferlin ist daher enttäuscht. „Das Papier ist […] eine ellenlange Liste von Einzelvorhaben ohne konkrete Zeit- und Umsetzungspläne sowie kohärentes Projektmanagement“, kritisiert er.

Zwei Vorhaben hat die Bundesregierung schon als „Erledigt“ eingestuft: Die Umsetzung des Geologiedatengesetzes, mit dem eine umfassende Pflicht zur Sicherung geologischer Daten für alle bestehenden und künftigen geologischen Aufgaben des Bundes und der Länder verankert wurde, und die Einrichtung einer federführenden Datenschutzaufsicht bei länderübergreifenden Vorhaben der Versorgungs- und Gesundheitsforschung.

Datenverwaltung über Datentreuhänder

Kanzleramtschef Braun betonte bei der Vorstellung der Strategie, die Bundesregierung wolle die Nutzung von Daten vereinfachen und dafür sorgen, dass mehr Daten geteilt werden. Dazu will sie die Idee von Datentreuhändern verfolgen, die als vertrauenswürdige Zwischenstation zwischen Verbraucher:innen und Unternehmen stehen. Diese Intermediäre sollen auch dafür zuständig sein, dass Daten anonymisiert werden. Dabei soll eine Vielfalt verschiedener Modelle von Datentreuhändern möglich sein. „Sie können in diesem Bereich privatwirtschaftlich, gemeinnützig, genossenschaftlich oder auch staatlich organisiert sein. In Pilotprojekten wird aktuell die Rechtsform der Genossenschaft zur Förderung von Datenkooperationen zwischen Unternehmen herangezogen“, heißt es in der Datenstrategie. Dieses Thema war auch der SPD-Bundestagsfraktion besonders wichtig. „Hier wollen wir ausschließen, dass privatwirtschaftlich organisierte Datentreuhänder-Modelle von der kommerziellen Nutzung der Daten profitieren“, erklären die SPD-Digitalpolitiker:innen Jens Zimmermann und Elvan Korkmaz-Emre. Alle Betreibermodelle müssten mit den Vorgaben der Unabhängigkeit, Neutralität und dem erforderlichen Nutzervertrauen in Einklang zu bringen sein.

Kanzleramtschef Helge Braun zu Gast beim UdL Digital Talk. | Foto: Henrik Andree.

Zusätzliche Bürokratie soll laut Bundesregierung vermieden werden. Konkret werden beispielsweise Forschungsdatenzentren als mögliche Datentreuhänder für den Datenaustausch zwischen Forschungseinrichtungen sowie mit staatlichen Stellen genannt. Das Bundesforschungsministerium (BMBF) will zur Entwicklung von Datentreuhänder-Modellen einen Ideenwettbewerb starten und den Ausbau von Forschungsdatenzentren unterstützen. Außerdem soll das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) eine Regelung zu Datenmanagementsystemen (Personal Information Management Systems, PIMS) prüfen, damit Verbraucher:innen ihre Daten leichter verwalten können. Zudem will sich Deutschland auf EU-Ebene im geplanten Data-Governance-Act, zu dem die EU-Kommission Ende November einen Vorschlag vorgestellt hat, für die Etablierung von Datentreuhändern einsetzen.

Keine Pflicht zum Datenteilen

Mit der Forderung nach einer Pflicht zum Datenteilen konnte sich die SPD hingegen nicht durchsetzen. In der Datenstrategie wurde nur eine Prüfung festgeschrieben, „ob auf besonders datengetriebenen Märkten eine Verpflichtung zum Teilen von bestimmten Daten gegebenenfalls erforderlich ist“. In diesem Zusammenhang verweist die Bundesregierung auch auf die Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), das vor zwei Wochen vom Bundestag beschlossen wurde. Die GWB-Novelle regelt in bestimmten Fällen einen kartellrechtlichen Anspruch auf Datenzugang, wenn dieser aus wettbewerblicher Sicht besonders wichtig ist.

Um das Teilen von Daten auf nationaler wie europäischer Ebene zu verbessern und „von abgegrenzten Insellösungen“ wegzukommen, will die Bundesregierung Datenräume in verschiedenen Sektoren fördern. Dazu zählen auf europäischer Ebene ein Datenraum Umwelt für die Erhebung und systematische Verarbeitung von Klima und Umweltdaten sowie deren Auswirkungen auf die Gesundheit, ein Datenraum Gesundheit zur besseren Prävention und Behandlung von Patient:innen sowie ein Datenraum Mobilität auf nationaler Ebene, damit Deutschland Vorreiter im autonomen Fahren werden kann. Weitere Datenräume sind in den Feldern Landwirtschaft, Industrie und Energie geplant. Außerdem will sich die Bundesregierung aktiv beim Aufbau der „EU-Datenräume Finanzen und öffentliche Verwaltung“ beteiligen.

Im Bundestag soll der Ausschuss Digitale Agenda federführend für die Beratung der Datenstrategie zuständig sein. Der Ausschussvorsitzende Manuel Höferlin (FDP) kündigte eine Anhörung am 24. Februar an. Zuvor steht am 12. Februar die Beratung der Datenstrategie auf der Tagesordnung des Plenums.

Tagesspiegel Politikmonitoring

Der vorstehende Artikel erscheint im Rahmen einer Kooperation mit dem Tagesspiegel Politikmonitoring auf der Website des BASECAMP.

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