Plattformregulierung: Darum geht es im Digital Services Act

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Veröffentlicht am 03.06.2021

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Im Dezember vergangenen Jahres wurde er von der Europäischen Kommission vorgestellt, nun liegen erste Positionen seitens des Europaparlaments zum Digital Service Act vor, dem Gesetz über digitale Dienste. Plattformbetreiber in die Verantwortung nehmen, mehr Transparenz schaffen und den Verbraucherschutz stärken: Darum geht es im Digital Services Act.

Neue, schärfere Regeln für Onlinedienste wie Facebook, Google oder Twitter. Das soll ein Gesetzespaket der Europäischen Union (EU) bestehend aus dem Digital Services Act (DSA) sowie dem Digital Markets Act (DMA) sicherstellen. Während der DMA auf die Begrenzung der wirtschaftlichen Macht einzelner großer Tech-Firmen abzielt, um den europäischen Wettbewerb zu stärken sowie die Sicherung der Medienvielfalt zu gewährleisten, sollen Onlinedienste mithilfe des DSA hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Gesellschaft reguliert werden.

Goldener Standard

Der DSA soll eine Art digitales Grundgesetz darstellen. Im Zentrum dabei stehen der Umgang der Plattformen mit illegalen Inhalten und Produkten, Desinformation und Transparenz, letzteres unter anderem in Bezug auf personalisierte Werbung und Algorithmen. Der Verbraucherschutz soll insgesamt gestärkt werden, um letztendlich einen „goldenen Standard“ zu setzen, an dem sich andere Staaten orientieren und anschließend mit eigenen Gesetzen nachziehen können, gibt Christel Schaldemose bekannt, die Berichterstatterin des Binnenmarktausschusses Im Europaparlament (IMCO). Mit 450 Millionen potentiellen Nutzer:innen innerhalb der EU und dem damit entsprechend großen Markt habe man auch das Recht, diesen Markt zu regulieren, fordert die dänische Sozialdemokratin.

Neben Christel Schaldemose ebenfalls an der Erarbeitung der Position des Europäischen Parlaments beteiligt sind die Politiker:innen Arba Kokalari (Sweden), Dita Charanzová (Tschechien), Alessandra Basso (Italien), Adam Bielan (Polen) sowie Alexandra Geese und Martin Schirdewan aus Deutschland. Gemeinsam werden sie die Position des Parlaments zum DSA formulieren und die vom gesamten Europaparlament verabschiedete finale Position anschließend in den Verhandlungen mit der Europäischen Kommission sowie den Mitgliedsstaaten vertreten.

Zeitgemäße Änderungen

Einen ersten Entwurf stellte die Europäische Kommission dem Europäischen Parlament sowie dem Europäischen Rat im Dezember vergangenen Jahres vor. Der DSA soll die rund zwanzig Jahre alten gesetzlichen Regelungen der E-Commerce-Richtlinie aktualisieren, die 2000 beschlossen wurden. Die rasanten Weiterentwicklungen digitaler Technologien und Geschäftsmodelle sowie neue gesellschaftliche Herausforderungen würden eine Aktualisierung der gesetzlichen Grundlagen einfordern, so Christel Schaldemose. Eine Besonderheit des neuen Entwurfs: er unterscheidet hinsichtlich der formulierten Regeln mit Blick auf die Größe der Onlinedienste.

Für Plattformen, die monatlich mehr als 45 Millionen aktive Empfänger in der EU erreichen (z.B. Facebook), werden besondere Regeln aufgestellt, da sie „ein besonderes Risiko bei der Verbreitung illegaler Inhalte und gesellschaftlicher Schäden“ darstellen, hieß es vonseiten der EU-Kommission bei der Vorstellung. Die Idee dahinter: kleine und große Dienste müssten unterschiedlich reguliert werden, da ihnen „je nach ihrer Rolle, Größe und Wirkung im Online-Ökosystem unterschiedliche Verpflichtungen“ zukommen, erklärt Christel Schaldemose in ihrem Statement.

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NetzDG als Vorbild

In Anlehnung an das deutsche Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) sollen Löschfristen für illegale Inhalte eingeführt werden. Je nach Gefährdungspotential für die öffentliche Sicherheit und Ordnung sollen demnach Inhalte entweder bereits innerhalb von 24 Stunden oder aber spätestens nach einer Woche gelöscht werden müssen. Neben dem NetzDG wird im Statement auf ähnliche Gesetze in Frankreich, Polen und Ungarn verwiesen, die allesamt Plattformen hinsichtlich ihrer Verantwortung bei der Moderation von Inhalten gesetzlich verpflichten wollen. Dies gilt ebenso für Inhalte wie Hassrede und Desinformation. Dieses Thema wird, wie schon auf nationaler Ebene in Deutschland, sicher für lebhafte politische Diskussionen sorgen.

Aufgrund einer geringeren Reichweite und entsprechend geringerer Verantwortung bei der Verbreitung von Inhalten und Produkten würden zum Beispiel für Netzinfrastrukturanbieter, Cloud-Dienste oder Online-Marktplätze andere Regeln gelten.

NetzDG als Vorbild

Nicht nur Händler:innen, die auf Online-Marktplätzen gefälschte oder illegale Produkte verkaufen, sollen demnach dafür haftbar gemacht, sondern auch die Plattformen, auf denen sie ihre Produkte anbieten, sofern die Plattformen darum wissen. In der analogen Welt seien Geschäftsinhaber:innen dafür verantwortlich, dass ihre Produkte sicher sind, die sie an Konsument:innen verkaufen. Gleiches müsse auch für die Produkte von Onlinediensten gelten, so Christel Schaldemose. Der Vorschlag der EU-Kommission hatte hingegen vorgesehen, die Plattformen von einer möglichen Haftung auszunehmen.

Im Bereich personenbezogener Werbung schlägt Christel Schaldemose „ein Verbot von gezielter Online-Werbung“ vor, womit sie dem Vorschlag des Europäischen Datenschutzbeauftragten Wojciech Wiewiórowski nachkommt. Verhaltensbezogenes Tracking und individuelles parteiübergreifendes Tracking solle verboten werden, beziehungsweise sollten Anbieter Nutzer:innen über einen Benachrichtigungsmechanismus zunächst um Erlaubnis bitten, bevor Tracking-Maßnahmen ergriffen werden.

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Die Arbeit geht gerade erst los

Der Binnenmarktausschuss im Europaparlament kann zu den gemachten Vorschlägen nun Änderungen einbringen, bevor eine gemeinsame Position dem Parlament präsentiert wird und von ihm gebilligt werden muss. Erst danach wird über die finale Version mit dem Rat der EU (gebildet aus den Mitgliedsstaaten) verhandelt. Die Verabschiedung des Gesetzes ist für das kommende Jahr 2022 geplant.

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