Haushaltsdebatten im Bundestag: Digitalfonds, Künstliche Intelligenz und Digitalsteuer

Foto: CC BY 2.0 Flickr User Roland Moriz. Bildname: Bundestag: Plenarsaal. Ausschnitt bearbeitet.
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Veröffentlicht am 24.05.2018

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Bei der Haushaltswoche im Bundestag standen viele digitalpolitische Themen mit erheblichen Haushaltspositionen auf der Tagesordnung des Plenums. Bei den Themen Digitalpakt und Breitbandausbau, die neben den 5G-Frequenzversteigerungen aus dem neu aufzulegenden Digitalfonds zu finanzieren sind, wurde deutlich, dass die sowohl die Bildungspolitiker als auch die Verkehrspolitiker davon ausgehen, einen Großteil der angekündigten Gelder für ihre Etats verbuchen zu können. Die Künstliche Intelligenz, auf die sowohl Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) als auch Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) in ihren Reden eingingen, bekommt 2018 noch keine Haushaltsmittel – da bis Ende des Jahres erst eine solide nationale Strategie aufgelegt werden soll, so Karliczek. Die Finanzpolitiker machten außerdem mit Andeutungen auf sich aufmerksam, dass man an der Besteuerung digitaler Geschäftsmodelle Änderungen anstrebt. In Sachen Koordinierung der Digitalpolitik wurden die Pläne für den neu einzusetzenden Digitalrat und das Digitalkabinett konkreter.

Digitalpakt

Dass Bundesfinanzminister Olaf Scholz für das Haushaltsjahr 2018 2,4 Milliarden Euro für den Digitalfonds und damit für den Breitbandausbau und die Anschubfinanzierung für den Digitalpakt Schule bereitstellen will, war nach der Veröffentlichung der Ergebnisse des Arbeitskreises Steuerschätzung bekannt geworden. Dies bekräftigte Scholz bei seiner Rede am 15. Mai nochmals. Darüber, wie die Gelder auf die beiden Bereiche aufgeteilt werden sollen, besteht allerdings nach wie vor keine Klarheit.

Katja Suding, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der FDP hat Aussagen dazu in der Rede der Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) vermisst:

„Wir haben da noch eine ganze Menge Fragen: Wie viel Geld von diesen 2,4 Milliarden Euro soll denn überhaupt in die Bildung gehen? Wofür kann das Geld tatsächlich investiert werden? Am wichtigsten: Wann geht es denn endlich los?“

Ein Ansatz für eine Verstetigung der Mittel sei nicht in Sicht, kritisierte Suding.

„Frau Karliczek, Ihre Vorgängerin wurde vom Finanzminister ausgebootet“, so Suding weiter. „Passen Sie auf, dass Ihnen nicht das Gleiche passiert.“

Tankred Schipanski, neuer digitalpolitischer Sprecher der Unionsfraktion und Mitglied im Bildungsausschuss, monierte den „Popanz“, der von Vertretern der Opposition um den Digitalpakt gemacht werde:

„Jedes Bundesland kann sofort mit der digitalen Bildung starten: Lehrerfortbildung, Qualifizierung der Lehrkräfte. Es gibt Lehrerfortbildungsinstitute. Man kann Freistellungen erteilen. Das alles ist im Zuständigkeitsbereich der Länder“, so Schipanski.

Obwohl die Länder in der Kultusministerkonferenz (KMK) seit Sommer 2017 auf die Unterzeichnung einer Bund-Länder-Vereinbarung pochen, die unter der damaligen Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) nicht unterschrieben wurde, sieht Schipanski die Länder am Zug. „Wir haben im Jahr 2016 als Bund den Digitalpakt auf den Weg gebracht, weil die Bundesländer nichts getan haben. […] Wir werden die KMK und diese Bundesländer […] weiter wachrütteln“, so der CDU-Abgeordnete aus Thüringen bei seiner Rede am Donnerstag. Noch bevor die Gelder des Bundes überhaupt haushaltlich abgesichert sind hat Schipanski schon klare Vorstellungen, wie die Länder sie einzusetzen haben:

„Wir werden vonseiten des Bundes nur Gelder geben, wenn es da keine Kleinstaaterei gibt, wenn da keine kleinen Insellösungen kommen. Wir wollen vielmehr Interoperabilität, wir wollen Anschlussfähigkeit, und wir wollen professionelle Administration.“

Die Opposition nutzte die Debatte außerdem dafür, klarzustellen, welche Gegenleistungen sie für die Zustimmung zur Grundgesetzänderung für den Digitalpakt erwartet. FDP-Chef Christian Lindner erklärte:

„Ich habe in dieser Frage bereits mit dem Bundesfinanzminister gesprochen – andere auch –, und selbstverständlich sind wir konstruktiv und begleiten das.“

Zur Erwartungshaltung sagte er:

„Wir wollen aber die Frage nach der Qualität stellen: Was passiert mit dem Geld? Und uns ist wichtig, dass es sich nicht um ein einmaliges Strohfeuer handelt, sondern dass der Bund dauerhaft Mitverantwortung für die wichtigste gesellschaftspolitische Frage übernimmt. Das ist die Voraussetzung dafür, dass nicht nur in Steine und Tablets investiert wird, sondern auch in Köpfe, nämlich in die Qualität von Lehrerinnen und Lehrern.“

5G-Frequenzen

Lindner kritisierte außerdem, dass die Versteigerung der 5G-Frequenzen sich laut Medienberichten verzögere. Dass es sich lediglich um eine spätere Versteigerung der Frequenzen (statt Ende 2018, Anfang 2019) handelt, die Frequenzen aber erst 2022-2025 frei werden, betonte der SPD-Digitalpolitiker Falko Mohrs:

„Vielleicht könnte Herr Lindner zur Kenntnis nehmen, dass dort überhaupt kein Verzug zu erwarten ist und deswegen auch kein Verzug beim digitalen Ausbau dieser Infrastruktur zu erwarten ist.“

Breitband

Die Verkehrspolitiker fordern ihrerseits den Löwenanteil an dem Digitalfonds für den Breitbandausbau ein. Der zuständige Bundesminister Andreas Scheuer (CSU) betonte in seiner Rede am Dienstag, dass das Geld „in den Rathäusern auf den Tischen“ liege. Sein Ministerium wolle nun darauf pochen, dass die Projekte auch zur Umsetzung kommen. Daniela Ludwig, Obfrau der Unionsfraktion im Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur, begrüßte die Ankündigung des Bundesfinanzministers, einen Digitalfonds auflegen zu wollen.

„In Anbetracht dessen, was ich […] ausgeführt habe, nämlich dass wir noch schneller und noch besser werden müssen als in den letzten vier Jahren, darf ich davon ausgehen, dass ein erklecklicher Anteil dieser 2,4 Milliarden Euro dem drittgrößten Etat mit 50 Prozent Investitionsmitteln zufließt, nämlich dem Haushalt für Verkehr und digitale Infrastruktur“, erklärte die CSU-Abgeordnete.

Künstliche Intelligenz

Aus der Bundestagsrede der Kanzlerin vom Mittwoch konnte man entnehmen, dass sie der Künstlichen Intelligenz eine herausragende Bedeutung beimisst. Dabei ging sie aber auch erneut auf den zentralen Widerspruch ein, den sie in der Entwicklung von KI und dem deutschen Datenschutz-Ansatz sieht.

„[Zu] glauben, wir könnten bei der künstlichen Intelligenz vorne sein und bei den Daten so restriktiv wie möglich sein, ist genauso, wie wenn man Kühe züchten will und ihnen kein Futter gibt; das ist einfach so“, so Merkel.

Deshalb sei die Daten-Ethikkommission wichtig, „aber sie darf nicht so enden, dass Daten sozusagen zum raren Gut gemacht werden. Aus Daten kann man nämlich neue Produkte entwickeln.“ Die Redner der Opposition nutzten die Gelegenheit, auf die Diskrepanz zwischen der Bedeutung des Themas und der noch nicht festgeschriebenen Haushaltsmittel aufmerksam zu machen. „Schauen wir in den Bundeshaushalt, stellen wir fest: Es gibt einen neuen Titel ‚Künstliche Intelligenz‘; dieser ist aber mit null Euro angesetzt. Das ist keine künstliche Intelligenz; das ist keine Intelligenz“, erklärte Christian Lindner.

Die Erklärung dafür lieferte am Donnerstag Forschungsministerien Karliczek, die in ihrer Rede dezidiert auf die angestrebte Ausweitung der Forschung in diesem Bereich einging und auch eine Agentur für disruptive Innovationen ankündigte.

„Eine solide Politik, wie sie gestern von Christian Lindner eingefordert wurde, schafft erst solide Konzepte und beginnt dann, sie mit Geld zu unterfüttern; siehe künstliche Intelligenz.“ Man wolle erst ein „schlüssiges Konzept, nämlich in 2018“ erarbeiten. Dann habe man „für 2019 und die folgenden Jahre haben wir dann 100 Millionen Euro für die Umsetzung eingeplant“, so Karliczek.

Digitalsteuer

Finanzminister Scholz ging in seiner Rede am Dienstag auch auf das Thema Besteuerung für Digitalunternehmen ein:

„Wir wollen auch, dass es bei der Besteuerung fair zugeht. International setzen wir uns dafür ein, dass wir zu einer modernen und funktionierenden Besteuerung des digitalen Marktes kommen“, so Scholz.

Es seien „kluge Lösungen gefragt, die allerdings nicht alle auf der Hand liegen.“ In jedem Fall wolle er „die Gewinner der digitalen Wirtschaft dazu bewegen, einen Beitrag zu leisten.“ Konkreter wurde da die CDU-Finanzpolitikerin Antje Tillmann: „Wir werden eine Digitalbesteuerung für digital erzielte Gewinne auf den Weg bringen.“ Dabei sei zu prüfen, ob der Vorschlag der EU-Kommission für eine Sondersteuer für digitale Gewinne „tatsächlich der richtige Weg ist“. Besondere Vorsicht bei neuen Konzepten für die Besteuerung von digitalen Geschäftsmodellen mahnte die Bundeskanzlerin an.

Digitalkabinett und -rat

Die Bundesregierung hatte bei ihrer Klausurtagung im April in Meseberg beschlossen ein Digitalkabinett einzusetzen. Wie die Bundeskanzlerin in ihrer Rede nun klarstellte, soll dieses zum ersten Mal vor der Sommerpause tagen.

„Jeder Minister ist heute in bestimmter Weise ein Digitalminister. Das durchzieht alle Bereiche der Gesellschaft. Deshalb werden wir da zusammenarbeiten“, so Merkel.

Außerdem soll ein so genannter Digitalrat, „der uns ganz spezifisch bei Dingen berät, die wir noch nicht so wissen, über Entwicklungen, die wir haben“ als neues beratendes Gremium eingesetzt werden, so Merkel weiter. Ein Regierungssprecher bestätigte gegenüber dem Tagesspiegel Politikmonitoring, dass ein Digitalrat, demnächst von der Bundesregierung berufen wird und einen „engen Austausch zwischen Politik und nationalen sowie internationalen Experten“ ermöglichen soll. Die Federführung für den Digitalrat hat das Bundeskanzleramt inne.

Der vorstehende Artikel erscheint im Rahmen einer Kooperation mit dem Tagesspiegel Politikmonitoring auf UdL Digital. Lina Rusch ist Analystin für Netzpolitik. 

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