Digitalisierung: Wie ist der Stand in den Kommunen?

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Veröffentlicht am 01.09.2022

In der Digitalpolitik liegt der Fokus oft auf der Bundes- oder Länderebene. Aber was passiert eigentlich in den Kommunen an Digitalisierung? Zwei Erhebungen aus diesem Jahr geben Aufschluss über den aktuellen Stand und die Herausforderungen der kommunalen Ebene.

Von den Kommunen in Deutschland wird mit Blick auf die Digitalisierung insgesamt einiges erwartet. So zählen in diesem Zusammenhang unter anderem der Ausbau der notwendigen Infrastruktur, die Digitalisierung von Verwaltungs­prozessen und die Klärung von Datenschutz- und Datenzugangsfragen zu ihren Aufgaben. Dafür benötigen die Kommunen nicht nur ausreichend Geld, sondern vor allem auch die ­Bereitschaft zu Veränderungen und das Personal mit entsprechendem digitalen Knowhow.

Fortschritt, der noch nicht ausreicht

Die Kommunen selbst sind eher skeptisch, ob sie diesen Erwartungen aktuell wirklich gerecht werden können. Der „Zukunftsradar Digitale Kommune 2022“ des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, für den Anfang des Jahres bundesweit kommunale Entscheidungsträger und Führungskräfte befragt wurden, kommt zu dem Ergebnis, dass mehr als 60 Prozent der Kommunen zwar klare Fortschritte bei der Digitalisierung sehen – vor allem sei die Veränderungsbereitschaft durch die Corona-Pandemie gestiegen. Allerdings bewerten nur 21 Prozent der Kommunen den eigenen Stand der Digitalisierung derzeit als gut oder sehr gut. Und nur knapp mehr als die Hälfte (54 Prozent) fühlt sich gut auf die Herausforderungen der Digitalisierung vorbereitet, während 49 Prozent der Kommunen nach wie vor keine Digitalisierungsstrategie erarbeitet haben.

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Als Herausforderungen mit dem größten Handlungsbedarf werden besonders die Digitalisierung der eigenen Verwaltung sowie die Ausstattung mit qualifiziertem Personal eingeschätzt: Ganze 42 Prozent der befragten Kommunen bewerten die derzeitige Personalsituation für Digitales als schlecht oder sehr schlecht und sogar mehr als die Hälfte (51 Prozent) sieht hier akuten Handlungsbedarf, der mit der Größe der Kommunen zudem zunimmt. Je kleiner die Kommunen sind, desto akuter wird hingegen der Handlungsbedarf beim Breitbandausbau eingeschätzt. Die finanziellen Mittel für die Digitalisierung seien insgesamt zwar spürbar aufgestockt worden, dennoch benötigen die meisten Städte und Gemeinden aus ihrer Sicht weitere Unterstützung von Bund und Ländern.

BMWK-Studie sieht positiven Trend

Zu ganz ähnlichen Ergebnissen kommt eine aktuelle Studie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) mit dem Titel „Kommunale Herausforderungen digital meistern“ von Ende Juli. Darin wird ebenfalls festgestellt, dass die Corona-Pandemie in den meisten Kommunen einen Digitalisierungsschub bewirkt habe. So könnten in 91 Prozent der Kommunen die Mitarbeiter:innen inzwischen mobil arbeiten, was vorher nicht der Fall gewesen ist.

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Im Vergleich zu den früheren repräsentativen Kommunalstudien im Auftrag des Wirtschaftsministeriums habe auch die Zahl der Kommunen mit einer Digitalisierungsstrategie deutlich zugenommen: Erstmals können über 25 Prozent eine ausgearbeitete Strategie vorweisen (wovon 5 Prozent diese bereits vollständig umgesetzt haben) und weitere knapp 50 Prozent befinden sich aktuell im Planungsprozess beziehungsweise in der Ausarbeitung. Jedoch zeigt die Umfrage auch, dass etwa 2O Prozent der Kommunen keine Digitalstrategie planen bzw. die Notwendigkeit einer solchen nicht sehen. Als Gründe dafür werden hauptsächlich fehlende Fachkräfte oder personelle Engpässe angeführt, bei zwei Dritteln jener 20 Prozent wird zudem der Nutzen einer Digitalstrategie infrage gestellt.

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Die Schwerpunkte der kommunalen Digitalisierungsstrategien liegen dabei bisher auf der Umsetzung von Leistungen des Onlinezugangsgesetzes (OZG) sowie auf dem Ausbau von Breitband und WLAN-Netzen. Laut der Studie wird sich diese Priorisierung von Problemfeldern in den nächsten Jahren aber sehr wahrscheinlich stark verändern und es werden Bereiche wie Cybersicherheit, Energieerzeugung und -versorgung, Gesundheit, Umwelt- und Ressourcenschutz stärker in den Fokus der Kommunen rücken. Die Nutzung von Datenplattformen für Smart City-Lösungen steht derzeit nur bei etwa er Hälfte aller Kommunen auf der Agenda, während die andere Hälfte aufgrund von Kosten und Sicherheitsbedenken dafür keine Investitionen plant.

Wenn Kommunen IT-Projekte vergeben, z.B. zur Umsetzung ihrer Digitalisierungsstrategie, gehen diese zumeist an kommunale oder andere öffentliche IT-Dienstleister (73 Prozent). Start-Ups sind nach Aussagen der befragten Kommunen hingegen weniger beliebte Partner, unter anderem wegen unterschiedlichen Unternehmenskulturen, dem schwierigen Vergabewesen und Problemen bei der Einschätzung der Zuverlässigkeit. Knapp die Hälfte aller Kommunen hatte zudem Schwierigkeiten, überhaupt passende Angebote auf ihre Ausschreibungen zu erhalten. Dies ist sicherlich auch ein Grund dafür, dass der Austausch und die inhaltliche Unterstützung zwischen den Kommunen in Digitalisierungsfragen laut der Studie besonders beliebt ist.

Personalmangel als Herausforderung der Zukunft

Mit Blick auf die Herausforderungen für die Kommunen hebt die Studie zwei zentrale Hindernisse hervor: Zum einen geht es um die Finanzierung der anfangs erwähnten Aufgaben. Diese werde durch knappe Haushaltsmittel, die Beantragung von Fördermitteln oft nur als eine Teilfinanzierung und das nicht rechtzeitige Auffinden passender Förderangebote erschwert. Die gesteigerte Quote von verwendeten kommunalen Eigenmitteln zur Umsetzung der Digitalstrategien wird vom BMWK allerdings als ein positives Signal gewertet.

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Zum anderen verhindert der bereits angesprochene Personalmangel oft die Planung und Umsetzung von Digitalisierungsvorhaben in den Kommunen. Laut den Berechnungen des Deutschen Beamtenbunds fehlen bereits heute bundesweit ungefähr 360.000 Beschäftigte im öffentlichen Dienst. Diese Situation wird sich in Zukunft noch verschärfen, da in den nächsten 15 Jahren mit den sogenannten Babyboomern fast 13 Millionen Erwerbstätige in Deutschland das Rentenalter erreichen werden – das entspricht etwa 30 Prozent der heute aktiven Arbeitnehmer:innen. Dies wird so gut wie alle Branchen massiv betreffen und auch die öffentlichen Verwaltungen vor große Herausforderungen stellen, in denen dann weniger Menschen für weiterhin viele Aufgaben verantwortlich sind. Umso wichtiger ist es, diesen Umstand bei der Digitalisierung von Verwaltungs­prozessen und -dienstleistungen stets vorausschauend mitzudenken – egal, ob auf Bundes-, Landes- oder kommunaler Ebene.

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