Wie verändern Smartphones und das mobile Internet die Arbeitswelt?

Veröffentlicht am 10.02.2012

Digitalisierung, Mobilisierung verändern die Arbeitswelt. Dank Smartphones, Tablet-PCs und Mobilfunk ist für die Einen das Arbeiten von jedem Ort der Welt möglich, neue Arbeitsmodelle entstehen.

Mit welchen Strategien kann man dem Wandel begegnen? Darüber diskutierten beim UdL Digital Talk am vergangenen Mittwoch unter der Moderation von Cherno Jobatey Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen und Spiegel Online-Geschäftsführerin Katharina Borchert: Wie können neue Arbeitsmodelle aussehen? Welche Rolle haben Ausbildung, Arbeitsmarktpolitik und Handeln der Wirtschaft? Wer ist wo in der Pflicht? Wie kann der Arbeitnehmer damit umgehen?

Zentraler Ausgangspunkt der Diskussion war die Feststellung, dass Smartphones und das mobile Internet die Arbeitswelt grundlegend verändern. Aber: Wie tun sie das? Und: Was bedeutet dies für den Einzelnen? Wir haben unsere Gäste gefragt.

Robert Basic, Blogger:

Die Mobilisierung von Rechnerkapazitäten ist vergleichbar mit der Wirkung und dem Siegeszug der stationären Rechner. Der Mensch ist einmalig darin, seine Fähigkeiten zu externalisieren. Die heutige Wirtschaftswelt ist ohne EDV undenkbar und zugleich abhängig davon, was lediglich ein Indikator für die Produktionseffizienzen ist, die mit den steigenden Rechnerkapazitäten einhergehen. Ist es daher überhaupt noch eine Frage, dass der Mensch selbstverständlich mobile Kapazitäten in seine Arbeitswelt implementieren wird? Im Bereich der reinen Sprachkommunikation ist das in weniger als zwei Jahrzehnten erfolgt. Im Bereich der Arbeitsorganisation und -prozesse werden Smartphones die gleiche Rolle wie stationäre Maschinen spielen. Die Vernetzung der Wirtschaftswelt macht selbstverständlich keinen Halt vor der mobilen Nutzung.

Daniel Bialecki, COO Scoyo:

Die Auflösung der Grenzen zwischen Büro und zu Hause (oder weiter gehend: „non-office“) schreitet weiter fort, ebenso die klassische Arbeitszeit. Wir werden in vielem noch schneller, müssen aber aufpassen, dass wir unsere Entscheidungskultur und -wege anpassen: mehr Speed darf nicht zu Lasten der Fundiertheit gehen. Wir sind immer und überall arbeitsfähig, was uns neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit Mitarbeitern und Partnern eröffnet. Auch hier ein aber: wir müssen aufpassen, dass wir auch immer arbeitsfähig bleiben, Psyche und Seele bleiben ja erstmal ortsgebunden.

Michael Geffken, Direktor und Geschäftsführer Leipzig School of Media:

Menschen sind heute ‚always on‘ – oder sie können es zumindest sein. Das bedeutet eine größere zeitliche und räumliche Flexibilität bei der Bewältigung der Arbeitsaufgaben, es kann aber auch mehr Arbeitsdruck hervorrufen. Wie sich das in der Zukunft austarieren wird, ist heute noch kaum abzusehen. Die gegenseitige Durchdringung von Arbeitszeit und Freizeit wird aber auf jeden Fall zunehmen. Wie so oft in digitalen Zeiten: Chance und Risiko liegen nahe beieinander.

 

Lars M. Heitmüller, Strategie- und Kommunikationsberater

Smartphones und Tablets haben längst Einzug in die Büros gehalten. Sie werden vom Spielzeug oder Prestigeobjekt immer mehr zum Standard-Werkzeug. Mobiles Internet kann komplexe Arbeitsprozesse stark vereinfachen und beispielsweise Entscheidungsprozesse radikal beschleunigen.

Aus vielen Gesprächen mit Unternehmen höre ich, dass der Alltag im Kommunikationsbereich –  auch bedingt durch Smartphones und mobiles Internet – zunehmend stark vom „Abarbeiten“ von E–Mails und kurzfristigen Issues geprägt ist. Strategische, grundsätzliche Fragestellungen haben in diesem beschleunigten, durchgetakteten Alltag häufig zu wenig Platz. So wird die Zeit für Strategieworkshops von vielen inzwischen als „Luxus“ erlebt.

Die digitale Revolution der Arbeitswelt hat sehr große Potenziale, wenn sie von Unternehmen und Mitarbeitern sinnvoll gestaltet wird. Die ständige Erreichbarkeit darf aber nicht dazu führen, dass das Smartphone zu einer „elektronischen Fußfessel“ wird. Das Thema „Burnout“ wird inzwischen von den meisten Mitarbeitern wie Unternehmen gleichermaßen ernstgenommen.

„Nutzungskultur“ ist dabei ein wichtiges Stichwort: Sowohl Institutionen, als auch jeder Einzelne von uns muss für sich einen Weg finden, mit den neuen elektronischen Werkzeugen noch produktiver arbeiten zu können. Dieser sinnvolle Umgang mit den neuen Tools und der neuen Flexibilität muss bewusst gestaltet werden. Freiräume, in denen das Handy auch mal aus bleibt, müssen definiert werden. Die neue Flexibilität kann aus meiner Sicht Unternehmen wie Mitarbeitern gleichermaßen zugute kommen:  So wird sich meiner Überzeugung nach – zumindest in vielen wissensbasierten Jobs – die Anwesenheitskultur immer mehr zu einer Ergebniskultur entwickeln.

Wie man bereits jetzt erahnt, verändern wir aber nicht nur die Tools, sondern die Tools auch uns: Social Media beispielsweise trägt dazu bei, dass Kommunikation – auch mit Unternehmen – niedrigschwelliger und offener wird. Aus meiner Sicht stehen wir immer noch am Anfang einer komplexen und spannenden Entwicklung hin zur Digitalen Gesellschaft.

Kerstin von Appen, Senior Manager Digital Marketing Axel Springer und Business Coach:

Mobiles Internet macht Arbeiten noch flexibler, ich bin immer vernetzt und habe permanent Zugriff auf alle Informationen. Mehr Freiheit in der Wahl des Arbeitsortes wird möglich. Schnelle Abstimmungen – kein Problem. Das alles ist eine positive Ergänzung, aber kein Ersatz für persönliche Kommunikation. Der direkte Austausch ist einfach nicht ersetzbar, aber er ist wiederum eine gute Basis, um die digitale Kommunikation unkompliziert und einfach zu gestalten. Natürlich steigt auch die Komplexität und die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmen. Das erfordert ein gutes Zeit- und Selbstmanagement – ab und zu muss man auch mal abschalten

 

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