Schäubles Twitterverbot: Halten sich die Abgeordneten daran?

Foto: CC-By 2.0 Flickr User keiyac. Bildname: Twitter - what are you doing? / Ausschnitt bearbeitet
Veröffentlicht am 20.12.2017
Foto: CC-By 2.0 (öffnet in neuem Tab) Flickr User keiyac (öffnet in neuem Tab). Bildname: Twitter – what are you doing? / Ausschnitt bearbeitet

Zur dritten Sitzung des 19. Bundestags (öffnet in neuem Tab) machte ein Brief (öffnet in neuem Tab) des neuen Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble (öffnet in neuem Tab) an die 709 Abgeordneten schnell die Runde. Denn darin hieß es, dass „die Nutzung von Geräten zum Twittern und Fotografieren den Verhandlungen des Bundestags unangemessen und daher unerwünscht“ sei. Im Vergleich zu den Landesparlamenten und dem Europaparlament ist der Bundestag damit das einzige Parlament, in dem ein solches Twitter- und Fotografierverbot herrscht. Doch ob die Abgeordneten der Anweisung Schäubles folgen werden, ist fraglich – schon in den ersten Sitzungstagen des Bundestags hielten sich einige Abgeordnete nicht daran.

Nachdem der Brief von Schäuble am 22. November zuerst die Abgeordneten erreichte und kurze Zeit später an die Öffentlichkeit gelangte, äußerte der FDP-Abgeordnete Frank Sitta (öffnet in neuem Tab) am Mittag des Sitzungstags sein Unverständnis über die neue Regelung (öffnet in neuem Tab):

„Geräte zum Twittern“ sind unerwünscht? Man kann die Sitzung zwar live verfolgen, aber wir dürfen nichts über den Plenarverlauf twittern? Also wenn man rausgeht ist es ok? Facebook und Instagram gehen klar? Ein handschriftlicher Brief wäre ok? Das ergibt doch alles keinen Sinn!“.

Petra Sitte (öffnet in neuem Tab), Abgeordnete der Linken, antwortete dem FDP-Abgeordneten bei Twitter (öffnet in neuem Tab) daraufhin:

„Tja, dem Präsidenten ist das alles immer noch Neuland“.

Der „Berliner Morgenpost (öffnet in neuem Tab)“ teilte Sie ihre Erwartung mit, dass sich kaum ein Abgeordneter an das Verbot halten werde.

Beide Abgeordnete konnten froh sein, dass sie beim Twittern nicht vom Vize-Bundestagspräsidenten Wolfgang Kubicki (öffnet in neuem Tab) erwischt wurden, denn dieser unterbrach kurze Zeit später die Rede seines Parteifreunds Stephan Thomae (öffnet in neuem Tab), um zwei andere Abgeordnete seiner eigenen Fraktion zu rügen:

„Ich weise noch einmal darauf hin, dass Fotografieren nach Beschluss des Präsidiums im Plenarsaal untersagt ist. Den nächsten, den ich erwische, der bekommt einen Ordnungsruf.“

Sich nicht von Kubicki erwischen lassen hat sich auch Sören Pellmann (öffnet in neuem Tab), Mitglied des Bundestags bei der Linksfraktion. Zwei Tweets mit jeweils einem Foto aus dem Plenarsaal wagte der Abgeordnete während der vierten Bundestagsitzung am 12. Dezember – und verwies bei seinem Tweet ironisch auf das Hashtag #Twitterverbot. So twitterte Pellmann (öffnet in neuem Tab) ein Foto der Tagesordnung sowie den Satz: „Heute auf der Tagesordnung des #Bundestages Verlängerung der Auslandseinsätze der Bundeswehr – @Linksfraktion sagt klar Nein dazu – Upps #Twitterverbot“. Kurze Zeit später fügte er hinzu (öffnet in neuem Tab):

„Antwort auf die Frage nach möglichen #Diätenerhöhungen im #Bundestag kann nur NEIN heißen. #Twitterverbot“

– dazu gab es  ein Foto der roten Abstimmungskarte.

Tweets während der Plenarsitzung sind in Zukunft auch von anderen Abgeordneten der Linken zu erwarten. Denn wie aus einem Tweet der Linken-Abgeordneten Anke Domscheit-Berg (öffnet in neuem Tab) hervorgeht, beschloss die Linksfraktion eine „Twittert weiter“-Devise. So twitterte Domscheit-Berg (öffnet in neuem Tab):

„In der Fraktionssitzung von @Linksfraktion im Bundestag reden wir kurz über das Schäublesche #Twitterverbot. Es wird festgestellt, dass „unerwünscht“ nicht „verboten“ heißt. „Twittert weiter“ ist die Devise – für Transparenz aus dem Plenarsaal“.

Sich nicht mit dem Twitterverbot zufrieden geben wollte sich auch die CSU-Abgeordnete und Twitteraktive Dorothee Bär (öffnet in neuem Tab). Zwei Tage nach dem ausgerufenen Twitterverbot schickte Sie einen Brandbrief an Schäuble zurück. Darin will Sie den Unionskollegenvon den Vorzügen digitaler Kommunikation überzeugen. Gegenüber der Funke-Zentralredaktion erklärte sie (öffnet in neuem Tab):

„Soziale Medien, richtig genutzt, sind das digitale Pendant zur Glaskuppel unseres Reichstags als Zeichen und Mittel der Transparenz.“

Unter den vielen Tönen des Spotts und des Unverständnisses sind bei Twitter vereinzelt positive Stimmen gegenüber Schäubles Twittermahnung zu vernehmen. Philipp Lengsfeld (öffnet in neuem Tab), ehemaliger CDU-Abgeordnete, findet es eine „längst überfällige Regelung“; schließlich sei „die Plenarteilnahme ja kein #Tatort (öffnet in neuem Tab)-Schauen im Prenzlberg.“ Er möchte Schäubles Mahnung laut Twitternachricht (öffnet in neuem Tab) sogar auf Besucher und Journalisten auf den Zuhörergalerien ausweiten.

Angesichts der vielen Abgeordneten, die schon jetzt erklären, sich über das Twitter- und Fotografierverbot während der Plenardebatten hinwegsetzen zu wollen, ist in Bezug auf die Durchsetzung des Twitterverbots klar, dass „da das letzte Wort auch noch nicht gesprochen ist“, wie Dorothee Bär bei Twitter mitteilte (öffnet in neuem Tab).

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