Politische Kommunikation: So twittern die Spitzen der EU

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Twitter ist die beliebteste Social Media-Plattform unter Politiker*innen weltweit. Eine Studie hat ausgewertet, wie die Staats- und Regierungschefs der EU den Dienst nutzen.
In den letzten zehn Jahren hat sich die Nutzung sozialer Medien verdreifacht. Etwa 45 Prozent der Weltbevölkerung nutzen heute soziale Netzwerke. Das spiegelt sich auch in der politischen Kommunikation wider. Kaum eine Regierung kann es sich leisten, die sozialen Medien zu ignorieren. Politik wird daher nicht mehr nur in den Parlamenten gemacht, sondern auch per Kurznachricht über Twitter. 25 von 27 Staats- und Regierungschefs der EU nutzen aktiv ein Twitter-Konto. Das zeigen die Ergebnisse einer Studie (öffnet in neuem Tab) des Think-Tank des EU-Parlaments, die das Twitter-Verhalten der Mitglieder des Europäischen Rates untersuchte. Dafür wurden mehr als 31.000 Tweets im Zeitraum von Januar 2019 bis Juni 2020 ausgewertet.
Wer twittert wieviel?
In einer gemeinsamen Erklärung (öffnet in neuem Tab) beschloss die EU 2016, die (digitale) Kommunikation mit den Bürger*innen zu verbessern, um das Vertrauen in die EU und ihre Institutionen zu stärken. Tatsächlich sei für die meisten EU-Staats- und Regierungschefs das Thema „Europa“ ein wichtiger Teil der Kommunikationsstrategien, wie die Studie nachweist. Etwa ein Fünftel aller ausgewerteten Tweets haben Bezug zur EU. Der ehemalige slowakische Premierminister Peter Pellegrini (öffnet in neuem Tab) und der Präsident Rumäniens, Klaus Iohannis (öffnet in neuem Tab) nutzten sogar rund 40 Prozent ihrer Tweets, um über EU-Themen zu berichten. Die Studienautor*innen bringen die EU-Ratspräsidentschaft, die beide Länder im Zeitraum der Untersuchung innehatten, damit in Verbindung.

Mit 5,7 Millionen Follower*innen ist Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (öffnet in neuem Tab) auf der Twitter-Beliebtheitsskala an der Spitze. Doch viele Follower*innen zu haben, bedeutet nicht automatisch auch der aktivste Nutzer zu sein. Unangefochten hält diese Position der polnische Premierminister Mateusz Morawiecki (öffnet in neuem Tab). Mit durchschnittlich 562 Tweets pro Monat twittert er doppelt so viel wie der zweitaktivste Regierungschef, der kroatische Premierminister Andrej Plenković (öffnet in neuem Tab). Die Studie zeigt auch, wann die Staats- und Regierungschefs die meisten Tweets ins Netz schicken: Fast alle kündigten bevorstehende Treffen des Europäischen Rates (öffnet in neuem Tab) an und erwähnten dabei die wichtigsten Tagesordnungspunkte.
Politker*innen twittern über Politik
Vor allem die Führungen der nordischen Länder informieren ihr Publikum auf Twitter oft über die Vorbereitungen für Tagungen des Europäischen Rates. So laufen ganze 15 Prozent Twitter-Aktivität der dänischen Staatsministerin Mette Frederiksen (öffnet in neuem Tab) auf das Konto „Information zu Veranstaltungen“. Bei Antti Rinne (öffnet in neuem Tab) aus Finnland machen solche Informationen13 Prozent und bei dem dänischen Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen (öffnet in neuem Tab) 9 Prozent der Tweets aus. Obwohl die EU-Spitzen ihr Publikum regelmäßig mit Infos zu Veranstaltungen oder Treffen versorgen, erklären sie jedoch selten, was innerhalb der EU-Institutionen vor sich geht, attestiert die Studie. Außerdem würden die eigenen Positionen und Prioritäten nur selten erläutert.
Worüber die EU-Staats- und Regierungschefs allerdings am häufigsten twittern, ist, wenn sie sich mit anderen Kolleg*innen aus der EU treffen oder austauschen. Sie berichten dann über der die Themen und Ergebnisse der Gespräche oder über neue gemeinsame Initiativen. Dann wird es auch politisch. Mit 7,4 Prozent ist die Außenpolitik das Politikfeld, zu dem 2019 und bis Mitte 2020 die meisten Tweets abgesetzt wurden. Prominente außenpolitische Themen waren der westliche Balkan, die östliche Partnerschaft und der Multilateralismus sowie Fragen der Sicherheit und Verteidigung. Viele Tweets thematisieren aber auch Gespräche über den mehrjährigen Finanzrahmen (5,5 %), die Klimapolitik (5 %) und die wirtschaftspolitische Steuerung (4,5 %).
Hashtags und Krisenkommunikation
Das am häufigsten verwendete Hashtag war #EUCO (öffnet in neuem Tab) – das Akronym für die Tagungen des Europäischen Rates. Daneben trendeten #EU (öffnet in neuem Tab), #Europe (öffnet in neuem Tab), #Brexit (öffnet in neuem Tab), #MFF (öffnet in neuem Tab), #EUBudget (öffnet in neuem Tab), #EUGreenDeal (öffnet in neuem Tab) und #coronavirus (öffnet in neuem Tab) im Untersuchungszeitraum. Eine Hashtag-Verfechterin ist Bundeskanzlerin Angela Merkel. Zwar überlässt sie das Twittern ihrem Regierungssprecher Steffen Seibert (öffnet in neuem Tab), der knapp 994.000 Follower*innen um sich schart, doch die Studie lobt die Kanzlerin in der Twitter-Kommunikation an verschiedenen Stellen.

Zum Beispiel in der Krisenkommunikation. Ein Tweet (öffnet in neuem Tab), der über die Vereinbarung der Finanzminister der Eurogruppe zu einem gemeinsamen Ansatz zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie informieren sollte, kam von der Bundeskanzlerin und wurde in fünf EU-Sprachen übersetzt. Die meisten Staatsoberhäupter würden hingegen in ihrer eigenen Muttersprache twittern und damit potenzielle Empfänger*innen ausschließen, betonen die Studienautor*innen.
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