Nachhaltige Digitalisierung: Herausforderung Energieeffizienz

Foto: CC0 1.0, Pixabay User lukasbieri | Ausschnitt angepasst
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Veröffentlicht am 04.10.2019

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Mehr Datenverkehr, höherer Energiebedarf – diese Erkenntnis ist logisch und gleichzeitig hochbrisant in Zeiten der Klimadebatte. Neue Technologien wie Blockchain und das Internet of Things (IoT) werden diesen Energiebedarf noch weiter ankurbeln. Und auch alltägliche Anwendungen wie Streaming stellen eine Herausforderung für den Klimaschutz dar.

Die Klimadebatte hat längst die Digitalbranche erreicht. Kein Wunder: Durch den zunehmenden Datenverkehr steigt der Energiebedarf in diesem Sektor rapide an – und damit auch der CO2-Ausstoß. Bis 2022 soll sich der globale Verkehr im Internet (IP-Verkehr) voraussichtlich verdreifachen. Erwartet wird, dass der digitale Verkehr vor allem durch die Nutzung drahtloser und mobiler Geräte zunimmt. Die damit einhergehende höhere Nutzung von Mobilfunknetzen und der steigende Stromverbrauch könnten erhebliche Auswirkungen auf das Klima haben. Bereits heute gehen mehr CO2-Emissionen auf das Konto des Internets als auf Flugreisen.

Der „unsichtbare“ Stromverbrauch nimmt zu

Gerade erst gab Google-CEO Sundar Pichai bekannt, dass der US-Internetkonzern in den kommenden zwei Jahren drei Milliarden Euro in den Ausbau seiner europäischen Datenzentren investieren will. Google betreibt sein Geschäft nach eigenen Angaben seit 2007 CO2-neutral und will beim Stromverbrauch ausschließlich auf erneuerbare Energien setzen. Mit den Investitionen reagiert der Konzern auf die prognostizierte Steigerung des digitalen Energiebedarfs durch Rechenzentren und Netzwerkdienste für Datenübertragung. Bis 2030, erklärte der Google-Chef der Financial Times, könne sein Unternehmen Nullemissionen erreichen. Ein anderer Internetgigant – Amazon – strebt dies bisher bis 2040 an.

Foto: Shutterstock/imanhakim

Schon heute warnen Studien, dass digitale Technologien weit mehr Energie verbrauchen könnten, als das Klima verkraften kann. Der französische Think-Tank „The Shift Project“ erklärte in einer Studie, dass digitale Technologien von Jahr zu Jahr rund zehn Prozent mehr Energie verbrauchen werden.

„Der erhebliche Fußabdruck von Digitaltechnologie wird von ihren Nutzern stark unterschätzt, was an der Miniaturisierung der Geräte und der Unsichtbarkeit der verwendeten Infrastrukturen liegt“, erläutern die Forscher der Studie.

Die Weiterentwicklung neuer Technologien, beispielsweise die der Blockchain, würde aufgrund der Verarbeitung riesiger Datenmengen einen extrem hohen Anteil an Energie benötigen.

Stärkere Nutzung der Mobilfunknetze

Seit 2015 hat sich zudem der globale Internetverkehr verdreifacht. Schätzungen zufolge soll sich dieser bis 2022 nochmals verdoppeln. Während sich die Anzahl der mobilen Internetnutzer voraussichtlich von 3,6 Milliarden im Jahr 2018 auf 5 Milliarden im Jahr 2025 erhöht, wird sich die Zahl der IoT-Verbindungen von 7,5 Milliarden im Jahr 2018 auf über 25 Milliarden im Jahr 2025 verdreifachen. Dem starken Wachstums der Datennachfrage und der Verlagerung hin zu einer stärkeren Nutzung der Mobilfunknetze stehen immer effizientere Technologien der Datenübertragungsnetze gegenüber. So hat sich beispielsweise die Energieintensität des Mobilfunknetzes in den letzten Jahren um 10 bis 20 Prozent pro Jahr verringert.

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Doch die nächste Herausforderung wartet schon: Während die neuesten Mobilfunktechnologien viel weniger energieintensiv sind als ältere Technologien – 4G kann mehr als 50-mal energieeffizienter sein als 2G – haben ihre höheren Geschwindigkeiten auch ein höheres Datenverkehrsaufkommen zur Folge. Durch energieeffiziente Technologien wird das smarte Zuhause zwar in der Lage sein, einen positiven Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz zu leisten, aber die riesigen Datenmengen, die während der digitalen Verarbeitungsprozesse entstehen, werden nicht unerheblich sein. Eine Studie im Auftrag des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) mit Unterstützung des Bundesumweltministeriums hat 2018 herausgefunden, dass sich der Verbrauch von Energie und Ressourcen mit zunehmender Verbreitung vernetzter Geräte im Haushalt deutlich erhöhen wird. Hierfür sei insbesondere der „Standby-Stromverbrauch, die ununterbrochene Empfangsbereitschaft sowie die Entsorgung bzw. das Recycling der vernetzen Geräte“ verantwortlich.

Und es gibt weitere Anwendungen, an deren alltägliche Nutzung sich viele Millionen Menschen gewöhnt haben, die jedoch ebenso mit einem erheblichen Energieverbrauch einhergehen. Weltweit werden pro Jahr allein durch Online-Videos rund 300 Millionen Tonnen CO2 produziert – das entspricht etwa dem jährlichen CO2-Austoß Spaniens. Besonders viel Strom verbrauchen Online-Streaming-Angebote wie Youtube oder Netflix. Denn für jede Streaming-Sekunde müssen Daten quer über die ganze Welt geschickt werden. Noch energieintensiver geht es im Bereich der Kryptowährungen zu. Aufgrund der komplexen Verschlüsselungstechnik, die für eine einzige Bitcoin-Transaktion erforderlich ist, ist eine riesige Rechenleistung nötig, die mit entsprechend hohem Stromverbrauch einhergeht. Anders formuliert: Der Stromverbrauch einer Bitcoin-Transaktion könnte einen Kühlschrank acht Monate lang mit Strom versorgen.

Digital leben und trotzdem Stromsparen

Die Internationale Energieagentur (IEA) forderte jüngst die politischen Entscheidungsträger auf, Anreize und Leitlinien für den energieeffizienten Betrieb von Rechenzentren und Telekommunikationsnetzen zu schaffen. Aus Sicht der IEA werden aber auch Innovationen wie Künstliche Intelligenz und Maschinelles Lernen in Zukunft eine wichtige Rolle spielen, um Energieeffizienzpotenziale in der digitalen Infrastruktur zu heben. Aber auch Unternehmen und Privatpersonen können einen erheblichen Beitrag zur digitalen Nachhaltigkeit leisten. Stichwort: „ökologisch erzeugter Strom“. Zusätzlich ließen sich mit „freiwilligen Vereinbarungen“, so wie sie die Europäische Union und die Vereinigten Staaten bereits anregen, Effizienz- und CO2-Emissionsziele auch auf Ebene der Unternehmen schneller erreichen.

Foto: CC0 1.0, Pixabay User torstensimon | Ausschnitt angepasst

Weitere Tipps, mit deren Hilfe jeder Anwender Energie sparen kann: Wer seine mobilen Geräte lange nutzt, tut der Umwelt einen Gefallen. Denn für eine möglichst lange Akkulaufzeit sind Smartphones und Laptops sowieso energieeffizient konstruiert. „Der weitaus größte Energieaufwand entfällt auf die Herstellung des Geräts und die Gewinnung der dafür nötigen Rohstoffe“, sagt Lorenz Hilty, Professor für Informatik und Nachhaltigkeit an der Universität Zürich. Doch auch auf die kleinen Kniffe im digitalen Alltag kommt es an: Das Abbestellen überflüssiger Newsletter oder das Löschen in die Jahre gekommener, nicht mehr verwendeter Apps senkt den Datenverkehr – wenn auch nur gering.

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