Internet-Zensur Studie: Wie frei ist das Netz?

Foto: CC-By 2.0 Flickr User mkhmarketing . Bildname: Blue Sky Twitter / Ausschnitt bearbeitet
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Veröffentlicht am 06.06.2017

Im Streit um Fake News und den richtigen Umgang mit Hasskommentaren, warnen derzeit Journalisten und Experten, dass von Justizminister Maas vorgeschlagene Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) werde die Meinungsfreiheit einschränken. Doch wie steht es weltweit um die Freiheit des Internets?

Freedom House – Freedom on the Net 2016

Viel Zensur im World Wide Web

Die Internetfreiheit nimmt global weiter ab, schlussfolgert der Bericht zur Internetfreiheit 2016 von Freedom House. Die gemeinnützige Watchdog-Organisation hat insgesamt 65 Länder untersucht. Demnach lebt gut zwei Drittel der Bevölkerung in Ländern, in denen Kritik an der Regierung, herrschenden Elite und dem Militär zensiert wird. Letztes Jahr ist vor allem der Zugriff von Regierungen auf Messenging Apps in vielen Ländern ausgeweitet worden. Verstärkt wurden 2016 weltweit mehr Webseiten gesperrt, die digitale Petitionen anboten oder Nachrichten und Ansichten der politischen Oppositionsgruppen verbreiteten, wie auch speziell Inhalte über Lesben, Schwulen und Transgender.

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In Indonesien beispielsweise mussten Anbieter Emojis aus dem Sortiment nehmen, die als schwul-lesbisch eingestuft wurden und auch die Türkei suspendiert immer wieder die beliebtesten Websites der Szene. Die Türkei blockt außerdem jegliche Berichterstattung zum Kurden-Konflikt. Äthiopien schaltete Soziale Netzwerken zu Demonstrationen der Oromo Bevölkerung gegen ihre Marginalisierung ab und Uganda drehte Facebook und Co. den digitalen Hahn während des Wahlkampfs zu. In Brasilien hingegen entschieden Gerichte, Whatsapp zu blockieren, weil das Unternehmen sich weigerte Nutzerdaten der Strafverfolgung zur Verfügung zu stellen.In vielen Ländern reichen triviale Posts, um hinter Gittern zu landen – zum Beispiel sich über den Hund des thailändischen Königs lustig zu machen oder den ägyptischen Präsidenten Al–Sisi mit Micky-Maus-Ohren darzustellen. In Saudi-Arabien wurde ein Nutzer zu 10 Jahren Gefängnis und 2000 Peitschenhiebe verurteilt, weil seine Tweets als atheistisch eingestuft wurden. Laut dem Freedom House-Bericht, der jährlich erscheint, wurden in 38 Ländern Nutzer auf Grund ihrer Posts in den sozialen Medien festgenommen. China verhaftete außerdem Verwandte von Journalisten und Bloggern, die im Ausland kritische online-Inhalte produzierten. Das Land bleibt Nummer eins der Internetfreiheit-Gefährder. Es hat eine nationale Firewall aufgebaut, die Soziale Netzwerke oder internationale Medienseiten blockt – und auch alle ungeliebten Inhalte im Netz.

Gleichzeitig, so betont der Bericht, steigt weltweit auch der Online-Aktivismus und trage dazu bei, auf politische Geschehnisse einzuwirken. In Nigeria beispielsweise konnte durch Mobilisierung im Netz ein Gesetzentwurf abgewendet werden, der die Medienfreiheit massiv eingeschränkt hätte, in Syrien warnte beispielsweise ein Whatsapp-Gruppe vor geplanten Angriffen.

Zwischen Regulierung und Meinungsfreiheit in Deutschland

Im internationalen Vergleich ist das Internet in Deutschland sehr frei, in dem Ranking des Freedom House bekleidet Deutschland Platz fünf von den 65 bewerteten Länder. Aber auch in Deutschland gibt es einige Abstriche und die Internetfreiheit sank im Jahr 2016, wie der Länderbericht Deutschland von Freedom House fand. Grund dafür sind vor allem die zahlreichen Regulierungen zu Überwachung und Datenspeicherung, die 2015 und 2016 Gesetz wurden, sowie die Erweiterung der Kompetenzen von Sicherheitsbehörden bis hin zu staatlicher Decrypting und neuerdings die erneut geplante Einführung von Staatstrojanern.

Die meisten digitalen Inhalte werden in Deutschland auf Grund von Hassrede und Volksverhetzung verboten, heißt es in dem Bericht weiter. Das aktuelle Netzwerksdurchsetzungsgesetz zeigt die Gradwanderung von Regulierung und Meinungsfreiheit. Während die Zustimmung vergangenes Jahr groß war, Facebook und Co. zu regulieren und Hassrede schnell zu löschen, sind viele Experten mit dem neuen Gesetzesentwurf unzufrieden. Ein breites Bündnis aus IT-Branchenverbänden wie dem Bitkom, Journalistenverbänden wie Reporter ohne Grenzen oder der Amadeu Antonio Stiftung kritisierten das Gesetz in einer gemeinsamen „Deklaration für die Meinungsfreiheit“.

Problematisch sei, dass private Firmen (hier vor allem Facebook, aber auch YouTube) die Hoheit gegeben werde, zu entscheiden, welche Inhalte gelöscht werden und welche nicht. Experten fürchten außerdem, dass die entscheidende Komponente, gesetzwidrige Inhalte strafrechtlich zu verfolgen durch das Gesetz verwässert wird. Außerdem sieht der aktuelle Gesetzentwurf vor, dass Nutzerdaten von Verfassern von Hasskommentaren ohne richterlichen Beschluss weitergegeben werden können.

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