Haushalt: Die digitalpolitischen Eckwerte für 2022

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Veröffentlicht am 30.03.2021

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Die Bundesregierung hat die Eckwerte für den Haushalt 2022 beschlossen. Auch für zahlreiche digitalpolitische Maßnahmen soll den Ministerien Geld zur Verfügung gestellt werden. Was davon letztlich umgesetzt wird, ist mit Blick auf die anstehende Bundestagswahl allerdings ungewiss.

Wenn die Bundesregierung dem Parlament zur Kontrolle ihrer Politik und deren finanzieller Unterfütterung einen Haushalt vorlegt, fühlen sich die Digitalpolitikerinnen und Digitalpolitiker regelmäßig machtlos: Es gibt keinen Etat fürs Digitale, die digital-politisch relevanten Ausgaben sind über sämtliche Ressorts verteilt, und oft auch nicht klar als solche gekennzeichnet. Trotz der Ankündigung der Bundesregierung im Herbst 2020, künftig einmal im Jahr einen Überblick über digitalpolitisch relevante Haushaltsposten zu erstellen, sei dies für den Bundeshaushalt 2021 nicht geschehen, kritisiert Dieter Janecek, Sprecher der Grünen für digitale Wirtschaft, im Gespräch mit dem Tagesspiegel. Erst auf eine Kleine Anfrage von Janeceks Fraktion hin hat die Regierung jetzt eine ausführliche Antwort geliefert, inklusive einer Auflistung aller digitalen Ausgaben der Ressorts. „Dabei ist das eine Bringschuld der Bundesregierung und keine Holschuld des Parlaments“, sagt Janecek.

Da die Bundesregierung keine einheitliche Definition von digitalpolitisch relevanten Haushaltsposten unter den Bundesministerien entwickelt habe, könne noch immer keine Stelle innerhalb der Bundesregierung derzeit „umfassend darüber Auskunft geben, welche der beschlossenen Haushaltstitel in den verschiedenen Ressorts für die digitalpolitische Agenda der Bundesregierung relevant sind und welche nicht“, heißt es in der Anfrage. Die Bundesregierung verweist in ihrer Antwort „auf die Herausforderung, dass haushaltsrechtlich die Einnahmen und Ausgaben weder in gruppierungsmäßiger noch funktionaler Hinsicht nach dem Kriterium ‚digital‘ erfasst“ würden. Mit der Ressortabfrage sei ein hoher Aufwand verbunden. Sie betont zudem die Notwendigkeit, „gerade bei solchen Maßnahmen auf digitalpolitische Relevanz hinzuweisen, bei denen diese bis dato nicht auf den ersten Blick evident erscheint“.

Digitalpolitische Eckwerte für 2022

Auch in den Eckwerten für den Haushalt 2022, die Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) vergangene Woche im Kabinett präsentierte, sind die digitalpolitischen Vorhaben wieder verstreut. Die Vorlage ist allerdings ohnehin mit Vorsicht zu genießen, schließlich wird der nächste Haushalt von einem Parlament verabschiedet, das erst im September gewählt wird. Was von den Plänen am Ende umgesetzt wird, ist also fraglich. Im Bundeskanzleramt etwa sind etwas mehr als zwei Millionen Euro für die Einrichtung eines Videokonferenzstudios vorgesehen. 50 Millionen Euro soll der dem Amt unterstellte Bundesnachrichtendienst für die Umsetzung des BND-Gesetzes erhalten.

Im Innenministerium gibt es für „Digitalisierung, IT und Cyber-Sicherheit“ 86,6 Millionen Euro mehr. Mit 67 Millionen Euro soll der Großteil in das „Kerntransportnetz des Bundes“ investiert werden, für die Umsetzung des IT-SIG 2.0 sind 10 Millionen Euro vorgesehen und noch einmal 3 Millionen für „Digitale Souveränität“ sowie den Aufbau des angedachten gleichnamigen Zentrums. Gleich 200 Millionen Euro sollen über vier Jahre verteilt für ein „Europäisches Identitätsökosystem“ ausgegeben werden.

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Foto: Pixabay User CoolVid-Shows | CC0 1.0 | Ausschnitt bearbeitet

Hohe Summen für europäische Gemeinschaftsprojekte

Für die Umsetzung des Registermodernisierungsgesetzes soll das Finanzministerium in den kommenden beiden Jahren 25 Millionen Euro erhalten.  Ein weiterer großer Posten dort ist die „Gewährleistung des IT-Betriebs für die Bundesverwaltung“, wo für 2022 130,5 Millionen Euro zusätzlich geplant sind. In den Folgejahren werden dann ebenfalls immer zwischen 107 und 139 Millionen kalkuliert. Geändert wurde die „Reihenfolgeplanung IT-Betriebskonsolidierung Bund“, für die im nächsten Jahr 314 Millionen Euro weniger ausgegeben werden sollen. Dafür sind dann 2024 und 2025 zusammen 368,7 Millionen Euro an-gedacht.

Im Bundeswirtschaftsministerium sind große Summen für die geplanten europäischen Gemeinschaftsprojekte im Bereich Mikroelektronik und Cloud etatisiert. So sollen 1,2 Milliarden Euro verteilt über die vier Jahre in das Important Project of Common European Interest (IPCEI)  Mikroelektronik gesteckt werden – mehr als ein Drittel davon jedoch erst 2025. Für das Gemeinschaftsprojekt IPCEI Cloud und Datenverarbeitung sind 603 Millionen Euro geplant.

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Foto: CC0 1.0, Pixabay User geralt | Ausschnitt angepasst

Grüne wollen Eckwerte nicht mittragen

Im Verteidigungsministerium sollen 100 Millionen Euro zusätzlich in das Zentrum für Digitalisierungs- und Technologieforschung (DTEC.Bw) fließen, jedoch auch erst 2025. Das Bildungs- und Forschungsministerium soll im kommenden Jahr 745 Millionen Euro für die Bildungsplattform und Kompetenzzentren erhalten. Zudem sind für den DigitalPakt Schule Gelder aus dem Sondervermögen „Digitale Infrastruktur“ vorgesehen. „Die Zuweisung im Bundeshaushalt 2022 dient zur Ausfinanzierung der Zusage des Bundes, insgesamt 6,5 Milliarden Euro für den Digitalpakt Schule bereitzustellen“, heißt es in dem Entwurf. Detaillierte Eckwerte für den Wirtschaftsplan des Sondervermögens „Digitale Infrastruktur“ fehlen noch und sollen mit dem Regierungsentwurf folgen. Dies betrifft auch die Mittel aus dem Sondervermögen für den Ausbau von Gigabit- und Mobilfunknetzen. Für den Breitbandausbau (Altprogramm) werden dem Bundesverkehrsministerium für 2022 300 Millionen gestrichen, für 2023 aber wieder zugeschlagen.

Die Grünen haben bereits angekündigt, die Eckpunkte nicht mittragen zu wollen, sollten sie der nächsten Regierung angehören. „Es ist richtig, für das Jahr 2022 erneut die Ausnahmeregel der Schuldenbremse zu ziehen, um so notwendige Kredite aufzunehmen“, sagte der Haushaltspolitiker Sven-Christian Kindler„aber man muss dieses Geld auch sinnvoll verwenden.“ Die Antwort auf die Coronakrise müsse ein Investitionsprogramm sein, das doppelt so groß sei wie das von Scholz geplante.

Janecek: Digitalpolitik braucht Neustart

Für Dieter Janecek ist außerdem klar, dass die Digitalpolitik ab Herbst einen Neustart braucht: „Der Verantwortungs- und Koordinierungsdiffusion muss lösungsorientiert und pragmatisch endlich begegnet werden“, so der Grünenpolitiker. Das Verschieben von Abteilungen und eine simple Neugründung eines Digitalministeriums ohne neue Innovationskultur würde dabei aber wenig bringen. „Eine Technologie-Taskforce im Kanzleramt könnte helfen, Innovationsprozesse in die Ministerien und Behörden zu tragen“. Eine Aufgabe der neuen Taskforce dürfte dann wohl sein, einmal im Jahr den Digitalhaushalt zusammenzufassen.

Tagesspiegel BACKGROUND

Der vorstehende Artikel erscheint im Rahmen einer Kooperation mit dem Tagesspiegel BACKGROUND Digitalisierung & KI auf der Website des BASECAMP.

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