Digitale Zukunft: Was ist Quanten­computing?

Foto: CC BY-ND 2.0, Graham Carlow / IBM Reserach | Ausschnitt angepasst
Foto: CC BY-ND 2.0, Graham Carlow / IBM Reserach | Ausschnitt angepasst
Veröffentlicht am 07.01.2022

Deutschland möchte die Entwicklung von Quantentechnologien in den nächsten Jahren massiv fördern. Dahinter steht der Wunsch, im internationalen Rennen der Grundlagenforschung in diesem Bereich nicht den Anschluss zu verlieren. Was es mit dem Quantencomputer und seinen Möglichkeiten auf sich hat, möchten wir hier kurz erklären.

Im November 2021 erklärte die scheidende Bundesforschungsministerin Anja Karliczek Quantentechnologien zu zentralen Zukunftstechnologien und einem Schlüssel für die technologische Souveränität Deutschlands und Europas:

„Sie geben uns ganz neue Möglichkeiten, Probleme zu lösen, die wir bislang mit herkömmlichen Rechnern nicht lösen können.“

Die alte Bundesregierung hatte deshalb bereits 2020 in ihrem „Konjunktur- und Zukunftspaket“ zwei Milliarden Euro für die Förderung dieser Technologien in den Bereichen Quantencomputing, Quantenkommunikation und Quantensensorik vorgesehen. Aktuell fließen allein 40 Mio. Euro in den Bau eines Quantencomputers für das Leibniz-Rechenzentrum der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in Garching bei München. Und auch im Koalitionsvertrag der neuen Ampelkoalition werden Investitionen in Quantentechnologien angekündigt.

Die Besonderheit des Quantencomputers

Doch was steckt eigentlich hinter dem futuristisch anmutenden Begriff der Quantencomputer? Als „Quant“ wird in der Physik der kleinstmögliche Wert einer physikalischen Größe bezeichnet, z.B. ein Photon oder Lichtteilchen in einer elektromagnetischen Welle. Ein solches Quant kann nicht geteilt, sondern nur als Ganzes erzeugt oder vernichtet werden. In einem Quantencomputer könnte dies ein geladenes Atom bzw. ein Ion oder eine bestimmte Menge von Elektronen in einem Kreisstrom sein.

Mithilfe dieser Quanten und der speziellen Gesetzmäßigkeiten der Quantenmechanik funktionieren entsprechende Computer grundsätzlich anders als herkömmliche digitale Rechner. Während die heute genutzten Computer mit Bits arbeiten, die nur zwei mögliche elektrische Zustände annehmen können, nämlich Eins für „Strom an“ oder Null für „Strom aus“, speichert ein Quantencomputer seine Informationen in sogenannten Quantum Bits (Qubits).

Im Gegensatz zum binären Bit kann ein Qubit gleichzeitig Eins und Null oder noch mehr sein und damit einen wesentlich komplexeren Gesamtzustand annehmen, ein Phänomen namens „Superposition“. Das Quantenteilchen hält diese Zustände solange inne, bis man es sich ansieht oder misst. Zudem können sich Qubits – anders als Bits – miteinander verbinden, was als „Verschränkung“ bezeichnet wird. Wenige kombinierte Qubits können somit wesentlich mehr Zahlen und Informationen darstellen als viele Bits.

Foto: CC BY-ND 2.0, IBM Research | Ausschnitt angepasst

Ein „Game Changer“ für die Digitalisierung?

Auf diese Weise können Quantencomputer komplexe Rechenprozesse zu mathematischen und physikalischen Fragen vielfach schneller durchführen, als dies bei bisherigen Hochleistungscomputern der Fall ist – zumindest theoretisch. Dieser Geschwindigkeitsvorteil könnte überall dort für mehr Effizienz und schnellere Ergebnisse sorgen, wo viele wechselseitige Faktoren und Bedingungen in ihrem Zusammenspiel berechnet werden müssen: zum Beispiel bei der Datenübertragung, bei der Routenplanung und Optimierung großer logistischer Systeme, bei KI-Anwendungen oder bei der Verarbeitung riesiger Datenmengen. Deshalb gilt das Quantencomputing als ein möglicher „Game Changer“ für die weitere Entwicklung der Digitalisierung.

Die künftige strategische Bedeutung der Quantentechnologien haben neben Deutschland auch viele andere Länder und private Unternehmen erkannt und investieren entsprechend in deren Erforschung. Laut dem „Quantum Technology Monitor“ der Unternehmensberatung McKinsey haben in den vergangenen zehn Jahre allein die USA rund 2,1 Milliarden Dollar investiert, während selbst Großbritannien (981 Mio.) und Kanada (658 Mio.) hier deutlich vor der EU (294 Mio.) lagen. Mehr als die Hälfte der Gesamtinvestitionen stammt dabei aus privatwirtschaftlichen Quellen, unter anderem von großen Firmen wie Google, Microsoft oder IBM, die ebenfalls im globalen Wettlauf um die Entwicklung des Quantencomputers mitmischen. Hinsichtlich der staatlichen Mittel, mit denen zukünftig Quantentechnologien gefördert werden sollen, belegt die EU mit angekündigten 7 Milliarden Dollar immerhin Platz zwei hinter China (15 Mrd.) und vor den USA (1,3 Mrd.).

Große technische Herausforderungen

Man könnte annehmen, dass es angesichts solcher enormen Summen doch eigentlich nicht mehr lange dauern dürfte, bis die ersten Hochleistungs-Quantencomputer fertig entwickelt und allgemein nutzbar sind. Die zentrale Herausforderung ist es dabei, die Zahl der frei programmierbaren Qubits drastisch zu erhöhen. So soll innerhalb von fünf Jahren ein wettbewerbsfähiger deutscher Quantencomputer mit mindestens 100 ansteuerbaren Qubits entstehen, die auf mindestens 500 nutzbare Qubits skaliert werden können.

Doch die Zustände der Quanten sind sehr anfällig für Störungen. Um ihre Bewegungen kontrollieren zu können, müssen zum Beispiel die Chips, auf denen Ionenfallen oder Kreisströme angebracht sind, fast bis auf den absoluten Nullpunkt von Minus 273 Grad Celsius heruntergekühlt werden. Zudem kann jede kleine Störung den Zustand der Quanten verändern, weshalb sie gegen Erschütterungen, magnetische und elektrische Felder oder andere äußere Einflüsse abgeschirmt werden müssen. Hinzu kommt, dass Quantencomputer schwer und ganz anders zu programmieren sind als bisherige Computer. Auch hier gibt es also noch Forschungs- und Entwicklungsbedarf.

Foto: CC BY-ND 2.0, Connie Zhou / IBM Reserach | Ausschnitt angepasst

Momentan werden in der Erforschung zwar durchaus einige Fortschritte erzielt, z.B. bei der Fehlerkorrektur innerhalb von Qubit-Anordnungen, ein universell nutzbarer Quantencomputer benötigt insgesamt allerdings mehrere Jahre Entwicklungszeit. So ist es etwa das Ziel von IBM, bis zum Ende des aktuellen Jahrzehnts einen entsprechenden Computer herzustellen, nachdem man vor kurzem einen ersten 127-Qubit-Prozessor präsentieren konnte. Bis dahin werden Quantencomputer sicherlich weiterhin nur in Labors oder Rechenzentren zu Hause sein. Es wird also wohl noch eine Weile dauern, bis sie der Digitalisierung einen neuen Schub verleihen.

Mehr Informationen:

Quantencomputing: Der erste Superrechner in Deutschland
Blick in die Zukunft: Bundesregierung fördert Quantentechnologien

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