Digitale Kunst: „Digitale Kunst ist die neue Straßenkunst“

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Veröffentlicht am 07.12.2017

Animated GIF (öffnet in neuem Tab), glitch art (öffnet in neuem Tab), software art (öffnet in neuem Tab), ASCII art (öffnet in neuem Tab)– all dies sind Ausprägungen digitaler Kunst, die derzeit auf der Digitalkunst-Biennale „The Wrong (öffnet in neuem Tab)“ betrachtet werden können. Auch auf der diesjährigen hub.berlin (öffnet in neuem Tab)wurden zahlreiche Arbeiten digitaler Kunst ausgestellt. In beiden Ausstellungen verknüpfen Künstler und Künstlerinnen Digitalisierung und Kunst in doppelter Hinsicht: Zum einen bringen sie durch digitale Technologien völlig neuartige Kunstwerke hervor. Zum anderen wird die Digitalisierung der Lebenswelten in vielen Arbeiten zum Thema des Kunstwerkes gemacht.

Der Falsche, die Falsche, „The Wrong“

Nicht nur künstlerisch, sondern auch kuratorisch gesehen sprengt „The Wrong“ den Rahmen dessen, was in einem analogen Museum möglich wäre. Die einzige Voraussetzung für den Museumsbesuch ist eine Internetverbindung, sodass die Ausstellung zu jeder Zeit, an jedem Ort, solange und so oft man möchte, kostenlos besucht werden kann. Der Name für die Ausstellung wurde gewählt, weil er vielfache Interpretationen zulasse und gut zu der Einstellung vieler neuer Medienkünstler gegenüber Kultur, Kunst, Werten, Medien und sozialen Medien passe, so der Pressesprecher von „The Wrong“, Jen Talbot. Zu guter Letzt wurde der Name laut Talbot auch deshalb gewählt,

„because it sounds very cool to be The Wrong in the context of a very traditional art world”.

„Hacking is the new graffiti, digital art is the new street art“,

findet David Quiles Guilló (öffnet in neuem Tab), Gründer und Organisator von „The Wrong”. Die Biennale findet vom 1. November 2017 bis zum 1. Januar 2018 ein drittes Mal statt und versammelt mehr als 1.400 Künstler und Künstlerinnen. Die Kunstwerke werden in 70 virtuellen „Pavillons“ ausgestellt, durch die man sich querbeet klicken kann. Quiles Guilló und sein Team erwarten mehr als zwölf Millionen Online-Besucher. Neben der virtuellen Ausstellung finden auch in mehr als 30 sogenannten „Botschaften“ weltweit, darunter die Panke Gallery (öffnet in neuem Tab) in Berlin, IRL („in real life“) und AFK („away from keybord“), Veranstaltungen von „The Wrong“ statt.

Das Portal der Online-Biennale versammelt Kunstwerke wie Life 2.0 oder GIF Fest 3000 – zwei von vielen Arbeiten, die ab Januar entweder nicht mehr frei zugänglich sind, oder aber wieder in den Tiefen des Internets verschwinden werden.

Angelehnt an den Film Life 2.0 (öffnet in neuem Tab) von Jason Spingarn-Koff (öffnet in neuem Tab) – dieser interviewte für seinen Film mehrere Leute, die die Welt von Second Life als ihr wahres Zuhause bezeichnen – geht es in dem gleichnamigen Online-Pavillon (öffnet in neuem Tab), um das sogenannte „zweite Selbst“: das „Online-Selbst“. Einige Anhänger digitaler Welten, wie z.B. Second Life oder World of Warcraft, sind der Meinung, dass sie erst durch Avatare in virtuellen Räumen ihre richtige Identität annehmen, da sie dort „die Ketten bloßen Aussehens abwerfen können“, schreiben die Künstler auf der Startseite ihres Pavillons. Lässt also erst ein virtueller Raum, wo Jeder Alles sein kann, unserer Persönlichkeit freies Spiel? In dem von Bob Bicknell-Knight (öffnet in neuem Tab) kuratierten Pavillon setzen sich 23 Künstler und Künstlerinnen in Form von Videos und digitalen Bilder mit dieser Frage auseinander.

Die Kuratorin Erica Lapadat-Janzen (öffnet in neuem Tab) hingegen versammelt in dem Pavillon GIF Fest 3000 (öffnet in neuem Tab) die 22 weltbesten GIF-Künstler. Darunter sind zum Beispiel Michaël Systaime Borras (öffnet in neuem Tab) mit seinem GIF „Post interet ecology (öffnet in neuem Tab)“ und Carla Gannis (öffnet in neuem Tab) mit ihren GIFs „99 (öffnet in neuem Tab)“ oder „Garden of Emoji Delights (öffnet in neuem Tab)“.

Digitale Kunst auf der hub.berlin

Eine „in real life“ oder „away from keybord“ Ausstellung gab es auch im „Digital Arts Lab by Retune (öffnet in neuem Tab)“ auf der im November stattfindenden hub.berlin zu sehen. Die Prozessausstellung, auf der insgesamt zehn Künstler und Künstlerinnen ihre Arbeiten zeigten, wurde vom Digitalverband Bitkom (öffnet in neuem Tab) sowie dem Kompetenzzentrum Kultur- und Kreativwirtschaft des Bundes realisiert. Der Fokus der Ausstellung lag insbesondere darin, den jeweiligen technischen Entstehungsprozess der einzelnen Kunstwerke darzustellen.

Der spanische Künstler Daniel Palacios (öffnet in neuem Tab) etwa konfigurierte im gesamten Gebäude, in dem die hub.berlin stattfand, maßgeschneiderte Sensoren, die über mehrere Tage lang Informationen zu den Temperaturen und Lichtverhältnissen in den verschiedenen Räumen aufzeichneten. Aus diesen Daten generierte Palacios anschließend „Strata“– eine 3D-Skulptur, die die Beziehungen zwischen Ort und Umwelt während der hub.berlin, visualisierte. „Strata“ nimmt also, je nachdem welche Temperaturen und Lichtverhältnisse an den zu visualisierenden Orten gemessen werden, immer andere Formen an.

„Work in progress“ zeigte auch die Virtual-Reality-Begeisterte, Sara Lisa Vogl (öffnet in neuem Tab). Sie gründete VRBASE (öffnet in neuem Tab) – ein Cross-Reality-Gründungszentrum mit Sitzen in Amsterdam und Berlin. Vogls Ziel ist es, Kreativköpfe verschiedener Disziplinen darin zu fördern, innovative und inspirierende Virtual-Reality-Projekte umzusetzen und so die Vereinigung von Kunst und Technologie weiter voranzutreiben. Auf der hub.berlin hatte Vogl einen Raum eingerichtet, indem Besucher in VR-Kunstwerke eintauchen sowie selbst Welche kreieren konnten.

Digitale Kunst mit Geld vom Bund

Zwar gehört die unmittelbare Förderung der Projekte von Künstlerinnen und Künstler bzw. deren Projekte grundsätzlich zu den Aufgaben der Länder und Kommunen. Über die Kulturstiftung des Bundes (öffnet in neuem Tab) sind dennoch verschiedene Projekte des Zentrums für Kunst und Medien oder auch Vorhaben wie zum Beispiel das „Haus der digitalen Jugend (öffnet in neuem Tab)„, ein Projekt des cobratheater.cobra (öffnet in neuem Tab) und des Theaters an der Parkaue (öffnet in neuem Tab) Berlin, gefördert worden. Im „Haus der digitalen Jugend“ möchten die Verantwortlichen erproben,

„inwiefern das omnipräsente Internet unsere Denk- und Lebensweisen verändert und wie das Theater als Raum der Zusammenkunft darauf reagieren kann“.

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