CFO Markus Rolle: Digitalisierung braucht Mut – jeden Tag aufs Neue

Foto: Telefónica Deutschland
Markus Rolle
Veröffentlicht am 07.03.2019

Foto: Telefónica Deutschland
Die Digitalisierung – insbesondere die daraus resultierenden Möglichkeiten von Datenanalyse und Künstlicher Intelligenz (KI) – überfordert viele Unternehmen. Während sich ein kleiner Teil auf der Überholspur wähnt, hat ein Großteil das Gefühl, auf der Strecke zu bleiben. Nicht mithalten zu können – und damit langfristig in der Existenz bedroht zu sein. Dabei steckt in jedem Unternehmen das Potenzial, die Chancen der Digitalisierung für sich zu nutzen. Denn Digitalisierung ist kein heiliger Gral.

Wer das nicht glaubt, sei an dieser Stelle an das alt bekannte Sprichwort „auch Rom wurde nicht an einem Tag erbaut“ erinnert. Denn Digitalisierung ist nichts anderes als ein umfassender und komplexer Transformationsprozess, der Zeit, Geduld und Ausdauer benötigt. Es geht nicht darum, den einen großen Wurf zu landen und damit die Blaupause für alle Fragen der Digitalisierung des eigenen Unternehmens zu finden. Wer das versucht, wird kläglich scheitern. Es geht vielmehr um etwas ganz anderes: Es sind nämlich all die kleinen digitalen Fortschritte im Alltag, die Prozesse oder Kundenerfahrung verbessern, und so das Unternehmen in der Summe wirklich digital machen.

Bündelung der Datenkompetenz

Doch was heißt das konkret? Bei Telefónica Deutschland sind es zum Beispiel jede Menge Daten, die Tag für Tag milliardenfach durch die normalen Geschäftsprozesse entstehen. Diese Daten lassen sich auf vielfältige Weise sinnvoll für den Alltag nutzen; ihre Analyse hilft dem Unternehmen und seinen Partnern, bessere Entscheidungen zu treffen. Die daraus entstehenden Erkenntnisse eröffnen neue Perspektiven und schaffen damit innovative Ansätze für Geschäftsmodelle. Der Datenschatz ist immer wieder aufs Neue Basis für die Entwicklung nützlicher digitaler Anwendungen. Diese kontinuierliche Transformation zu einer datengetriebenen Organisation ist für Telefónica Deutschland ein wichtiger Teil auf dem Weg zum Mobile Customer & Digital Champion.

Über Markus Rolle:

Unser heutiger Gastautor ist Markus Rolle. Der Chief Financial Officer (CFO) und Mitglied des Vorstands von Telefónica Deutschland spricht am 15. März bei der CFO Digital Suite der Wirtschaftswoche im Berliner Soho House. Dort geben Finanzvorstände und weitere Impulsgeber ehrliche Antworten abseits der gängigen Buzzwords in einem exklusiven Rahmen. Für den Blog des Telefónica BASECAMP berichtet Markus Rolle schon heute über die natürliche Innovationskraft von Unternehmen und warum es sich lohnt, ausgetretene Pfade zu verlassen.

Um diese Denk- und Arbeitsweise noch stärker im Unternehmen zu verankern, wurde vor wenigen Wochen die gesamte Datenkompetenz im Haus unter einem Dach gebündelt. Als interne Beratung und Manager von Daten ist das Team vom Digital & Data Competence Center“ eine der Triebfedern für die digitale Transformation von Telefónica Deutschland. Die unter meiner Verantwortung stehenden Experten unterstützen die verschiedenen Fachbereiche mit Hilfe vielfältiger Daten sowie umfangreichem analytischen Know-how. Sei es bei täglichen operativen Entscheidungen rund um den Kunden, sei es bei strategischen Überlegungen für die Ausrichtung der einzelnen Aktivitäten. Es mag auf den ersten Blick ungewöhnlich erscheinen, dass diese Aufgabe bei Telefónica Deutschland beim Finanzchef angesiedelt ist. Doch hier geht es ganz klar um Wertschöpfung – und diese liegt in meinem ureigenen Interesse.

Das Experiment Blockchain-Schuldschein

Doch auch ein Kompetenzcenter per se kann keine Blaupause liefern. Es ist ein wichtiger Schritt, aber keine Musterlösung. Es ist vielmehr notwendig, dass alle Teile eines Unternehmens sich neuen Denk- und Arbeitsweisen öffnen. Denn nur durch Offenheit und Mut lassen sich kontinuierlich bessere, digitale Lösungen für die unternehmerischen Anforderungen schaffen. Für Telefónica Deutschland trifft das zum Beispiel auf das Thema Unternehmensfinanzierung zu. Anfang des vergangenen Jahres erfolgte die Emission unseres ersten Blockchain-Schuldscheins. Ein Gebiet, auf dem Telefónica Deutschland bis zu dem Zeitpunkt kein erwiesenes Know-how hatte.

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Foto: CC0 1.0, Pixabay User geralt | Ausschnitt bearbeitet

Dabei liegen die zahlreichen Vorteile der Blockchain-Technologie auf der Hand: Sie ermöglicht Transparenz, Sicherheit, Vereinfachung, Geschwindigkeit und Kostenreduktion bei fast jeder Art von Transaktion. Die Software übernimmt die Genehmigung der Vertragsbedingungen, die Platzierung der Order, die Zuteilung der Emission sowie in der Folge die Kapital- und Zinszahlung. Diese Vorteile galt es für das Unternehmen nutzbar zu machen. Außer diesem Ziel, dieser Idee, war es besonders Neugierde, die dazu führte, es auf einen Versuch ankommen zu lassen. Eine ganz entscheidende Rolle spielten dabei die Mitarbeiter: Einige von ihnen hatten sich bereits privat intensiv mit der Blockchain beschäftigt. Diese Mitarbeiter wurden in einem Projektteam zusammengebracht, welches die Herausforderung voller Tatendrang in Angriff nahm.

Das Experiment war ein voller Erfolg: Gemeinsam mit der LBBW wurde die Begebung des Schuldscheindarlehens automatisiert. Es konnte nicht nur mehr Geld eingesammelt werden als erwartet. Zum ersten Mal überhaupt wurde ein Blockchain-Schuldschein an eine Vielzahl an Darlehensgeber vertrieben. Und zum ersten Mal wurde eine Blockchain-Tranche in Verbindung mit einer konventionellen Schuldschein-Tranche kombiniert. Durch die Bereitschaft, eine neue Technologie auszuprobieren, ist es gelungen, echte Pionierarbeit zu leisten. Durch die daraus gesammelte Erfahrung kann nun der Einsatz der Blockchain in anderen Unternehmensbereichen vorangetrieben werden.

KI: Smarte Kundeninteraktion und Erleichterung der Arbeit

Ein zweites Beispiel für den alltäglichen Einsatz von Innovationen durch Telefónica Deutschland ist die Anwendung von Künstlicher Intelligenz. Durch KI lassen sich aus Daten von Telefónica Deutschland und weiteren Quellen komplett neue Erkenntnisse gewinnen, die aufgrund der schieren Masse an Informationen vorher nicht möglich gewesen wären. So können Computer mit Hilfe künstlicher Intelligenz in Sekundenschnelle enorme Menge von Daten nach Auffälligkeiten durchforsten, was einem Menschen hunderte von Stunden Arbeit abfordern würde. Es geht hier nicht darum, Altbewährtes zu ersetzen. Es geht vielmehr darum, Lösungen zu finden, die vorher nicht denkbar oder realisierbar waren. Dadurch wird die Effizienz von Abläufen erhöht, wodurch wiederum Ressourcen gespart werden. Zugleich stellt Künstliche Intelligenz eine Chance dar, Kunden bessere Dienstleistungen anzubieten und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.

Beispiel Financial Controlling: Künstliche Intelligenz kann in Sekundenschnelle unzählige Daten auswerten und jene Datenpunkte markieren, die aus dem Muster fallen. Dadurch stellt sie beispielsweise Unregelmäßigkeiten bei der Vergabe von Rabatten fest oder gibt Hinweise, falls ein Händler nicht gerechtfertigte Verträge verbucht. Demnächst sollen zudem die Abrechnungen mit Vertriebspartnern durch KI unterstützt werden. Ziel ist es, Probleme bei der Qualität der Daten frühzeitig festzustellen, damit Unklarheiten noch vor Rechnungsstellung geklärt werden können.
Telefónica Deutschland kann zudem schon heute mittels Künstlicher Intelligenz Anomalien im Mobilfunknetz identifizieren und damit früher erkennen. Störungen werden durch Analysen gezielt priorisiert. Das erleichtert die Wartung und Optimierung des Netzes. Die Techniker im Außendienst können Maßnahmen noch gezielter einleiten und Fehler schneller beheben.

Service-Chatbot Lisa | Grafik: Screenshot
Service-Chatbot Lisa | Grafik: Screenshot

Um Kundenbedürfnisse in der digitalen Welt noch besser zu verstehen und zu bedienen, kommt auch im Service Künstliche Intelligenz zum Einsatz. Ein Beispiel hierfür ist der Chatbot Lisa, eine virtuelle Online-Hilfe auf der O2 Website. Sie beantwortet Kundenanliegen schnell und zuverlässig. Durch ihre smarte Interaktion vereinfacht sie das Leben der Kunden von Telefónica Deutschland. Lisa navigiert sie zuverlässig durch das O2 Portal und liefert ihnen Informationen zu den Themen, die sie interessieren. Der größte Nutzen dabei: Der Kundendienst wird um 8.000 Kontakte pro Woche entlastet. Ein enormer Zeitgewinn, der mehr Freiraum bietet, um sich auf komplexere Anliegen der Kunden zu konzentrieren.

Lisa ist nur ein Beispiel, wie man Kundeninteraktion smarter und das Leben der Kunden einfacher gestalteten kann. Für tiefergehende Vorgänge hat Telefónica Deutschland die Künstliche Intelligenz Aura entwickelt. Sie kennt den Kunden, seine Historie und Kontoinformation. Gleichzeitig lernt sie die Kundenbedürfnisse kennen und ermöglicht ihnen damit individuelle Services. Auf dieser Basis kann sie konkrete Vorschläge unterbreiten und wird zur zentralen Anlaufstelle für den Kunden.

Innovationsbereitschaft im Sinne der Kunden

Egal ob es nun Big Data, Blockchain oder die verschiedenen Anwendungen von Künstlicher Intelligenz sind – Unternehmen müssen heutzutage experimentierfreudig sein und Vertrauen in die eigene Innovationskraft haben. Jedes Unternehmen hat das Potenzial, die digitalen Wege zu beschreiten und dabei für Innovationen zu sorgen. Wie das gelingt? Durch Mut und die Neugier, fortwährend neue Technologien auszuprobieren. Die Mitarbeiter zu befähigen und zu ermutigen, Erkenntnisse aus Datenanalysen in ihre Arbeit einfließen zu lassen. Alltagssituation zu identifizieren, in denen mangelnde Digitalisierung bremst. Oft können es bereits kleine digitale Hilfestellungen sein, die letztlich einen großen Nutzen für das Unternehmen haben.

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Zentrale von Telefónica Deutschland in München

Hierfür ist eine Kultur wichtig, die auch das Scheitern erlaubt. Ebenso notwendig ist der gedankliche Abschied von kompletter Sicherheit und einer Null-Fehler-Toleranz, für die gerade klassische Großkonzerne bekannt sind. Diese Einstellung hemmt Innovation und Digitalisierung. Was sie hingegen fördert, ist der kompromisslose Fokus auf die Bedürfnisse der Kunden. Sie sind heute so heterogen wie niemals zuvor. Gleichzeitig sind die Erwartungen an ihre Erfüllung extrem hoch. Die Herausforderung besteht darin, beides unter einen Hut zu bringen. Wer sie lösen will, muss fortlaufend in der Lage sein, die Realität zu verstehen – will sagen, Millionen von Daten zu bündeln und intelligent auszuwerten. Nur darauf aufbauend lassen sich passgenaue, individualisierbare und gleichzeitig wirtschaftlich attraktive Produkte und Dienstleistungen entwickeln.

Innovation und Digitalisierung beginnt im Kleinen, im Alltäglichen. Sie benötigt Zeit und Geduld – und ist doch der einzige erfolgversprechende Weg, ein Unternehmen auf lange Sicht wirklich zu digitalisieren. Kein Manager sollte sich scheuen, ihn zu gehen.

Mehr Informationen:

Unternehmensstrategie von Telefónica Deutschland: Mobile Customer & Digital Champion
Markus Rolle über Blockchain: Wir müssen den Mut haben, uns neuen Technologien zu öffnen

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