Bundesdatenschutzbeauftrage: Das sind die beiden neuen Verantwortlichen für den Datenschutz beim Bund
Als neue Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) hat Louisa Specht-Riemenschneider am 3. September ihr Amt angetreten. Nur wenige Tage später wurde bekannt, dass Andreas Hartl ihr Vizepräsident wird. Wir stellen die beiden hier kurz vor: Was ist ihr beruflicher Werdegang und wie positionieren sie sich bisher beim Thema Datenschutz?
Der seit letztem Jahr feststehende Abschied des angesehenen Bundesdatenschutzbeauftragen Ulrich Kelber hatte in der digitalpolitischen Community einige Aufmerksamkeit erfahren. Zugleich wurde mit Spannung erwartet, wer ihm im Amt nachfolgen würde. Seit Mai stand fest, dass es Louisa Specht-Riemenschneider sein wird. Nun hat sie Anfang September ihre neue Tätigkeit angetreten. Was ist über sie bekannt und was qualifiziert sie für den neuen Job?
Viel Expertise bei Specht-Riemenschneider
Specht-Riemenschneider war seit 2018 Professorin für Bürgerliches Recht, Informations- und Datenrecht an der Universität Bonn, nachdem sie zuvor bereits für ein Jahr den Lehrstuhl für Europäisches und Internationales Daten- und Informationsrecht in Passau innehatte. Ihr Studium der Rechtswissenschaft absolvierte sie von 2004 bis 2009 in Bremen und beschäftigte sich nach ihren beiden Staatsexamen als Rechtsreferendarin, Lehrbeauftragte, Rechtsanwältin und akademische Mitarbeiterin immer wieder mit Urheber-, Presse- und Medienrecht. Darüber hinaus leitete sie sechs Jahre lang die Forschungsstelle für Rechtsfragen neuer Technologien sowie Datenrecht und ist seit 2023 Direktorin des Zentrums für Medizinische Datennutzbarkeit und Translation.
Aber auch jenseits des akademischen Wirkens hat sich die 39-Jährige den Ruf einer ausgewiesenen Expertin erworben, der sie in mehrere politiknahe Gremien geführt hat: Specht-Riemenschneider war vier Jahre lang stellvertretende Vorsitzende des Sachverständigenrats für Verbraucherfragen des BMUV und anschließend bis April 2024 dessen Vorsitzende. Zudem war sie Mitglied in der Gründungskommission des neuen Dateninstituts, Vorsitzende des Digitalbeirates beim BMDV und ist Mitglied im Rat für Informationsinfrastrukturen sowie in der Arbeitsgemeinschaft „Sicherheit und Souveränität der Wissenschaft im digitalen Raum“ des Wissenschaftsrates.
Specht-Riemenschneider weist also eine Menge Expertise und Erfahrung in Fragen der politischen Gestaltung von Digitalisierung und Datenschutz auf. Damit scheint die Parteilose bestens für die Aufgabe der Bundesdatenschutzbeauftragen gewappnet zu sein, da ihr künftig die Kontrolle und Beratung von Bundesbehörden, anderen öffentlichen Stellen des Bundes sowie Telekommunikations- und Postdienstunternehmen in Sachen Datenschutz und Informationsfreiheit obliegt.
Wie sich die neue BfDI bisher inhaltlich positioniert
Zu ihrer neuen Rolle als BfDI hat sie sich zuletzt bereits zu Wort gemeldet: Im Interview mit der Zeit betonte Specht-Riemenschneider, dass sie das Image des Datenschutzes verbessern möchte. Ihrer Meinung nach müsse der Gesetzgeber stärker bei der Durchsetzung von Datenschutzrichtlinien mitwirken. Mithilfe technischer Lösungen soll zudem die alltagstaugliche Umsetzung von Datenschutzrechten erreicht werden, ohne die Nutzer:innen zu überfordern.
Um den Datenschutz nutzerfreundlicher zu gestalten, möchte sie die Politik bereits vor Beginn von Gesetzgebungsverfahren in verfassungs- und datenschutzrechtlichen Fragen beraten.
„Wenn der Datenschutz von vornherein mitgedacht wird, dann ist er auch kein Hemmschuh.“
In einem ausführlichen Interview mit dem Tagesspiegel warnte sie mit Blick auf die derzeit diskutierten Sicherheitsgesetze zudem vor einen Entzug von Kontrollkompetenzen gegenüber den Nachrichtendiensten. Neben dem Bereich der Sicherheit werden ihre Schwerpunkte außerdem auf der Digitalisierung des Gesundheitssystems, dem Umgang mit KI sowie der Umsetzung europäischer Plattformregulierung liegen.
Specht-Riemenschneiders Anliegen ist es hierbei, frühzeitig den Dialog mit allen beteiligten Akteuren – aus Wirtschaft, Gesellschaft, Forschung und Gesetzgebung – zu suchen, um Lösungen zu finden, die sowohl sicher als auch praxisnah sind. In diesem Sinne hatte sie bereits 2022 eine „Datenrealpolitik“ gefordert. Allerdings zieht sie auch mögliche Verbote in Betracht, etwa von ChatGPT oder TikTok, falls diese sich bei der Verarbeitung personenbezogener Daten rechtswidrig verhalten.
Andreas Hartl – der Experte aus dem Ministerium
Deutlich weniger Äußerungen zu seiner neuen Rolle sind bisher von Andreas Hartl bekannt, dessen Berufung zum Vizepräsidenten und damit Stellvertreter von Specht-Riemenschneider allerdings auch erst am 6. September publik wurde.
Auch bei ihm handelt es sich um einen ausgewiesenen Experten in Fragen von Datenschutz und Datenpolitik – allerdings mit noch mehr Erfahrung im politischen Betrieb: Der Jurist arbeitet bereits seit 2012 im Bundeswirtschaftsministerium und war noch im Juni 2024 zum Leiter des neuen Referats „Datenrecht und Datenökonomie“ ernannt worden. Zuvor leitete er mehrere andere Referate, zum Beispiel für „Telekommunikation, Medienwirtschaft, Post“, fünf Jahre lang das Referat für „Künstliche Intelligenz und Datenökonomie“, das Referat für „wirtschaftliche Fragen der digitalen Agenda und gesellschaftliche Entwicklungen“ sowie für digitale Souveränität.
Von 2012 bis 2017 war er im Ministerium als stellvertretender Referatsleiter außerdem für allgemeine Fragen der Telekommunikation sowie für Wettbewerbs- und Regulierungsfragen der Digitalisierung zuständig. In dieser Position koordinierte er unter anderem die Erarbeitung des Grünbuchs und des Weißbuchs zu digitalen Plattformen.
Im Bereich der Datenpolitik hat Hartl zudem an der EU-Richtlinie über offene Daten und die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors sowie die Umsetzung durch das Datennutzungsgesetz mitgewirkt. In einem Interview vor einem Jahr sprach er sich dafür aus, dass Daten des öffentlichen Sektors stärker genutzt werden sollten.
Mit Louisa Specht-Riemenschneider und Andreas Hartl ist die Behörde der Bundesdatenschutzbeauftragen somit potenziell sehr gut aufgestellt. Man darf gespannt sein, wie sich das in der praktischen Arbeit und besonders im Zusammenspiel mit dem übrigen politischen Betrieb darstellen wird.