Nachgefragt! mit Dr. Strack-Zimmermann und Sven Weizenegger: Erst das Problem, dann die Lösung, und nicht umgekehrt – so entstehen Innovationen

Nicole Nehaus-Laug, Sven Weizenegger, Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann | Foto: Henrik Andree
Nicole Nehaus-Laug, Sven Weizenegger, Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann | Foto: Henrik Andree
Veröffentlicht am 21.04.2023

„Echte Innovation macht aus, dass sie gebraucht wird“, eröffnete Nicole Nehaus-Laug die Veranstaltung der Reihe „Nachgefragt! Auf ein Wort mit …“ im BASECAMP in Berlin-Mitte mit Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann, FDP- Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages und Sven Weizenegger, Leiter Cyber Innovation Hub der Bundeswehr. „Aber woher wissen wir, was gebraucht wird, und wie schaffen wir die Infrastruktur?“, fragte sie im morgendlichen Gespräch vor Publikum und im Livestream unter dem Titel „Roboter und Künstliche Intelligenz – ist Innovation die beste Verteidigung?“.

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„Darüber könnten wir jetzt vier Stunden reden“, antwortet Strack-Zimmermann, eine passionierte Motorradfahrerin, die es an diesem Morgen ebenso wie der zweite Gesprächspartner eilig hatte, weshalb die Veranstaltung einige Minuten früher begann als üblich. „Wenn wir in Länder gucken wie Russland und China, die Demokratie plattmachen wollen, und schauen, was die haben, dann wissen wir, was wir zur Verteidigung brauchen“, erklärte die Verteidigungspolitikerin. Dafür seien aber nicht nur Einrichtungen der Bundeswehr wichtig, sondern viele Unternehmen, die auch zivile Geschäfte betreiben, im „Dual Use“. Vor allem die Forschung zu KI und Digitalisierung müsste vorangetrieben werden, auch um unabhängiger von den USA zu werden. Gäbe es dafür nicht genug Geld, dann, so prophezeit sie, „ist hier aus die Maus.“

Sven Weizenegger, Dr. Strack-Zimmermann, Nicole Nehaus-Laug | Foto: Henrik Andree
Sven Weizenegger, Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Nicole Nehaus-Laug | Foto: Henrik Andree

Der Cyber Innovation Hub der Bundeswehr, erklärt sein Leiter Sven Weizenegger, sei keine Behörde, die mit Excel-Tabelle und Power Point vor sich hin plane, sondern sei extrem daran orientiert, was die Soldatinnen und Soldaten melden, was besser funktionieren müsse, was sie brauchen im Gefecht.  Erst das Problem, dann die Lösung, und nicht umgekehrt, wie er es bei Firmen oft erlebe. Nutzerorientierung sei die Devise, und zwar schnell. Deshalb sei er oft sehr ungeduldig, Ergebnisse müssten in zwei bis drei Monaten vorliegen. Innovation zu organisieren, so Weizenegger, brauche Resilienz. Fehler müssen erlaubt sein. Und Innovation, beteuert er, sei „ein schmerzvoller Prozess“ und „verdammt harte Arbeit. Darum habe ich ja auch Augenringe.“

Allerdings habe sich das Szenario „dramatisch verändert“. Nicht erst seit dem Angriff auf die Ukraine im Februar 2022, hat Strack-Zimmermann beobachtet, sondern schon acht Jahre vorher seit der Besetzung der Krim und den Kämpfen im Donezk-Becken. „Jetzt realisieren wir den Ernst der Lage“, und wenn sich die Lage ändere, könne die Bundeswehr nicht an der alten Situation festhalten.

„Die anderen, die unser System in Frage stellen, schlafen nicht.“

Andere Länder, wie Israel, wo es vor militärisch-zivilen Startups „nur so wimmele“, hätten die digitale Verteidigung schon früher in den Blick genommen, so auch die USA in der Frage der militärischen Gefährdung des Weltraums und der Satelliten seit den 1980er Jahren.

Um die digitale Verteidigung zu beschleunigen, sei in der vergangenen Woche ein Bundeswehr-Zentrum für Entrepreneurship gegründet worden, berichtete Weizenegger. Es gebe nämlich Soldat:innen und Offizier:innen, die selbst programmieren und tüfteln. Diese brauchen einen Freiraum, „damit sie sich austoben können“, auch mal abgezogen von ihren Dienstaufgaben. Denn: „Die Truppe im Einsatz weiß ganz genau, was sie braucht“, erklärte Weizenegger und machte gleich Werbung für seinen Cyber Hub: „Bei uns kann man auch Reservedienst leisten.“

Foto: Henrik Andree
Foto: Henrik Andree

Die Frage aus dem Publikum, wie die Bundeswehr die talentierten Absolvent:innen für ihre digitalen Aufgaben finde, war für Strack-Zimmermann Ausgangspunkt für ihre Forderung, dass die Bundeswehr ihre Nachwuchsgewinnung ganz neu ausrichten müsse. Durch die Wehrpflicht habe es da keine Entwicklung gegeben. Die Bundeswehr kenne eine Initiativbewerbung gar nicht, sondern reagiere nur auf offene Stellen. „Human Ressources zu heben, hat die Bundeswehr komplett verlernt.“ Jetzt müsse aktiv in einer zahlenmäßig kleiner gewordenen Generation gegen riesengroße Konkurrenz geworben werden.

Dabei habe die Bundeswehr als Arbeitgeber eine große Einsatzbreite von Krankenhäusern bis zur Forstwirtschaft zu bieten, gute Ausbildung in Hochschule und Handwerk, betonten beide. Und, so zitierte Weizenegger ein aktuelles „Buzzword“, die Bundeswehr habe einen „Purpose“. Aber natürlich, fügte Strack-Zimmermann hinzu, habe sie auch eine Verpflichtung und befehle notfalls den Einsatz, wenn auch vielleicht nur in der Logistik.

Weitere Impressionen von der Veranstaltung:

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