Konnektivität aus dem All: Was Satelliten-Internet leisten kann – und was nicht

Credit: iStock/3DSculptor
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Veröffentlicht am 04.04.2024

Satelliten sind seit vielen Jahren ein elementarer Teil unserer technisierten Welt. Sie versorgen uns mit wichtigen Diensten in der Erdbeobachtung, Navigation und Kommunikation und können Zugänge zu Orten ermöglichen, an denen andere Netze oft gar nicht zur Verfügung stehen. Ist Internet per Satellit also das große Versprechen der Zukunft, um Versorgungslücken bald unabhängig von Standortfaktoren zu schließen?

Spätestens seit dem Krieg in der Ukraine und der dortigen Nutzung von Starlink wird das Potenzial des Satelliten-Internets sowohl medial als auch auf höchster politischer Ebene diskutiert. Denn schnelles, sicheres und vor allem verlässliches Internet ist heutzutage ein entscheidender Faktor – nicht nur für Unternehmen und Privathaushalte, sondern auch für die kritische Infrastruktur, das Militär und den Gesundheitssektor. Das Versprechen, per Satellitenübertragung auch in Krisensituationen für eine sichere und stabile Internetverbindung zu sorgen, klingt daher sehr verlockend.

Wer vom Satelliten-Internet profitieren könnte

Aber auch für das Schließen von Versorgungslücken beim Breitbandausbau könnte Satelliten-Internet infrage kommen. Selbst in Deutschland, wo die flächendeckende Versorgung mit schnellem Internet aus verschiedenen Gründen noch nicht überall gewährleistet ist.

Der Unique-Selling-Point der Konnektivität aus dem All: eine extrem weitreichende Verfügbarkeit. Sobald eine Satelliten-Schüssel passend ausgerichtet ist, versprechen die jeweiligen Anbieter einen Internetanschluss unabhängig vom Standort. Damit ist Satelliten-Internet besonders eine Alternative für die Menschen, die in ländlichen Gebieten leben und noch nicht von der Infrastruktur eines DSL-Netzes profitieren können.

Diese Unabhängigkeit ist aber nicht nur für Personen in abgelegenen Regionen interessant, sondern auch für diejenigen, die die Welt bereisen wollen, ohne auf einen Internetanschluss zu verzichten. Satelliten-Internet kann zudem nicht nur als Ergänzung, sondern auch als Back-Up Lösung eingesetzt werden. So können Unternehmen bei Internet-Ausfällen auf die Satelliten-Alternative zurückgreifen, um Schäden und die Unterbrechung von Arbeitsprozessen zu vermeiden.

Noch sind DSL-Anschlüsse schneller

Dabei bedeutet Satelliten-Internet nicht gleich Satelliten-Internet. Unterschiedliche Unternehmen bieten unterschiedliche Varianten mit unterschiedlichen technischen Möglichkeiten: Bei geostationären Satelliten muss eine Internetseite, die angefordert wird, etwa 128.000 Kilometer durchs All zurücklegen. Die Anforderung wird 36.000 Kilometer in Richtung Himmel geschickt, von dort „ins Internet“ zum Server und die gleiche Strecke wieder zurück.

Foto: iStock / Svitlana Hulko

Dagegen müssen Daten bei Low-Orbit-Satelliten, die gerade einmal 300 Kilometer über der Erde kreisen, einen deutlich kürzeren Weg von 1.200 Kilometern zurücklegen. Technisch sind hier in der Geschwindigkeit bis zu 200 Mbit/s beim Download und bis zu 25 Mbit/s beim Upload möglich. Diese Leistungen sind abhängig vom jeweiligen Anbieter und gleichen sich langsam aber sicher an die Werte von DSL-Anschlüssen an. An die Übertragungsraten von Glasfaseranschlüssen wird das Satelliten-Internet perspektivisch aber nicht herankommen.

Probleme bei der Umsetzung

Wie bei allen technischen Neuerungen treten allerdings auch beim Satelliten-Internet die Realität und die Versprechungen an manchen Stellen auseinander. So kann die erwähnte Upload-Geschwindigkeit momentan noch nicht mit den Leistungen eines DSL-Anschlusses mithalten. Und auch die Kapazität eines Satelliten ist begrenzt, weshalb Unternehmen keine Flatrate anbieten, sondern per Fair-Use-Policy das Tempo bei Übernutzung drosseln. Das hat zur Konsequenz, dass etwa abendliches Streaming zum Problem werden könnte.

Darüber hinaus hat die Dauer der Signalübertragung (Latenzzeit) beim Satelliten-Internet einen schlechten Ruf. Diese Schwäche ergibt sich aus der langen Strecke zwischen der Erde und den Satelliten im All, die die Daten zurücklegen müssen. So verursachen die genannten geostationären Satelliten hohe Latenzzeiten, während Low-Orbit-Satelliten hier zwar deutlich besser abschneiden, aber ebenfalls noch nicht das Niveau eines Glasfaseranschlusses erreichen.

Auch das Versprechen der Standort-Unabhängigkeit bekommt bei genauerem Hinsehen ein paar Risse: Die Einrichtung der Satelliten-Schüssel kann zu Problemen führen, denn für einen stabilen Internet-Zugang ist eine korrekte und präzise Ausrichtung zentral. Bei der notwendigen freien Sicht in Richtung Süden können jedoch selbst Bäume zu Störvariablen werden. Auch in der Nähe von Flughäfen sind die Schüsseln nicht erlaubt, da sie den Flugverkehr stören könnten. Es gibt also durchaus vereinzelte Standortbeschränkungen.

Viele konkurrierende Anbieter

An der Behebung solcher Probleme arbeiten mittlerweile mehrere verschiedene Anbieter von Satelliten-Internet. Der bekannteste ist sicherlich die Firma Starlink von Elon Musk, deren Internetzugang bereits in vielen Ländern weltweit verfügbar ist. Mit einer Latenzzeit von 20 Millisekunden und einer Downloadrate von bis zu 220 Mbit/s für Business-Kunden sticht das Unternehmen auch bei den angebotenen Leistungen heraus.

Trotzdem steigt die Zahl an konkurrierenden Unternehmen: Eutelsat ist beispielsweise der führende Satellitenbetreiber in Europa, der mit Partnern wie SkyDSL zu den weltweiten Top-Anbietern gehört. Bekannte Unternehmen aus Deutschland sind zudem Filiago und EUSANET aus Oberfranken.

Warum an einer europäischen Lösung gearbeitet wird

Um von diesen Anbietern unabhängig zu sein, wird auf politischer Ebene mittlerweile nach einer eigenen europäischen Lösung gesucht. Situationen wie in der Ukraine durch Russlands Angriffskrieg, wo Starlink das ukrainische Militär und Teile der Zivilbevölkerung mit Internet versorgt hat, will man in Zukunft vermeiden. Das Europäische Parlament hat zur Absicherung der digitalen Infrastruktur deshalb im Februar 2023 ein eigenes europäisches Satelliten-Internet unter dem Projektnamen Iris² (Infrastructure for Resilience, Interconnectivity and Security by Satellite) auf den Weg gebracht.

Diese „weltraumbasierte Säule“ für ein digitales, widerstandsfähiges und sicheres Europa soll geschätzt ca. 6 Milliarden Euro kosten und das zugehörige Netzwerk von Satelliten spätestens 2027 vollständig verfügbar sein. Die ersten Dienste könnten nach aktuellem Stand aber bereits dieses Jahr ausgeliefert werden.

Ob damit die Versprechen des Satelliten-Internets tatsächlich eingelöst werden können, muss sich erst noch zeigen. Auf jeden Fall wird uns das Thema in den nächsten Jahren weiterhin begleiten.

Event-Hinweis:

Am 9. April 2024 werden wir im BASECAMP bei der nächsten Ausgabe von „Trend2Go!“ über Satelliten-Internet aus dem All sprechen. Zu Gast sind dann Anna Christmann (Koordinatorin der Bundesregierung für die Deutsche Luft- und Raumfahrt) und Katrin Bacic (CEO UNIO Enterprise).

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