Kein Digitalminister: Neue Regierung, alte Struktur

Veröffentlicht am 14.02.2018

Die größte digitalpolitische Überraschung des Koalitionsvertrages ist ein Thema, das mit keinem Wort erwähnt wird: Die Organisation der Digitalpolitik in der neuen Bundesregierung. Eigentlich waren sich Union und SPD vor den Verhandlungen einig, dass das Themenfeld koordiniert werden muss. Drei Varianten standen zur Auswahl:

Foto: CC BY 2.0 Flickr User Surian Soosay. Bildname: Electronic Profile. Ausschnitt bearbeitet.
  • Ein Staatsminister im Kanzleramt. Das war die Forderung im Unions-Wahlprogramm.
  • Ein eigenes Digitalministerium. Diese Variante ist in der SPD umstritten, aber SPD-Generalsekretär und Digital-Chefverhandler Lars Klingbeil gehört zu den Befürwortern.
  • Ein Ministerium für „… und Digitalisierung“. Diese Variante tauchte in den Vorbereitungspapieren für die Koalitionsverhandlungen auf. Im der Union zugeschriebenen Text-Entwurf für den Koalitionsvertrag war von einem Ministerium für Verkehr und Digitalisierung die Rede, die SPD schrieb, dass die Digitalpolitik im Kanzleramt und in einem von ihr geleiteten Ressort koordiniert werden soll.

Die mit Spannung von den digitalpolitischen Stakeholdern erwarte Entscheidung fiel einfach aus. Zwar gab es Medienberichte, nach denen der frühere Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium (BMVI) und jetzige CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer Kandidat für das Amt des Ministers für „Verkehr und Digitales“ sein soll. Das deckt sich aber weder mit Text des Koalitionsvertrages, in dem das Ministerium weiter den Namen „Verkehr und digitale Infrastruktur“ trägt, noch mit den Äußerungen der Verhandler.

Der mögliche neue Finanzminister und Vize-Kanzler, der Hamburger SPD-Bürgermeister Olaf Scholz, erklärte im ARD-Bericht aus Berlin, das die Schaffung eines Digitalministers „eher eine PR-Maßnahme als eine echte Veränderung“ sei. Der als künftiger Wirtschaftsminister gehandelte Peter Altmaier (CDU) zeigte sich im Interview mit den Tagesthemen am 8. Februar erfreut, dass es gelungen sei

„alle Ministerien die für Digitalisierung zuständig sind, für die neuen Zukunftstechnologien zuständig sind, in den Händen von CDU und CSU zu behalten.“

In der Tat bekommen – wenn denn die Bildung der GroKo nicht am SPD-Mitgliedervotum oder unvorhergesehenen Entwicklungen noch scheitert – fast alle bisherigen Ministerien, die sich mit der Digitalisierung beschäftigen, künftig einen Ressortchef aus CDU oder CSU.

Das sind zunächst die Ministerien der Digitalen Agenda:

Die Bedeutung des Ministeriums für Bildung und Forschung (CDU) für die Digitalisierung dürfte mit der Umsetzung des Digitalpaktes und der teilweisen Aufhebung des Kooperationsverbotes eher noch steigen.

Das wichtigste SPD-Ministerium mit digitalen Themen dürfte damit das Ministerium für Justiz und Verbraucherschutz werden – das in der vergangenen Legislaturperiode bei Netzthemen oft eine ganz andere Position als Innen- und Verkehrsministerium eingenommen hat. Da kaum zu erwarten ist, dass sich das grundlegend ändert, dürften die gegenseitigen Reibungsverluste, Blockade- und Verzögerungsversuche aus der letzten Bundesregierung sich in der neuen wahrscheinlich fortsetzen. Zu guter Letzt bleibt das für „Arbeiten 4.0“ zuständige Ministerium für Arbeit und Soziales ebenfalls SPD-geführt.

Die Reaktionen der Verbände und der Opposition zum Fehlen jeglicher Aussagen im Koalitionsvertrag zur Koordinierung der Digitalpolitik in der Regierung sind durchweg kritisch. Selbst Verbände, die sich erfreut über Festlegungen im Koalitionsvertrag zeigen, sind skeptisch, wie die Umsetzung gelingen soll, wenn sie in der Regierung nicht anders als bisher organisiert wird.

Die fehlende Abgrenzung der Themenfelder im Koalitionsvertrag deutet bereits an, dass auch bei den Fachpolitikern im Bundestag das Ringen um die Zuständigkeit für Digital-Themen weitergehen wird.

Der vorstehende Artikel erscheint im Rahmen einer Kooperation mit dem Tagesspiegel Politikmonitoring auf UdL Digital. Sascha Klettke ist Chef vom Dienst und Analyst für Netzpolitik.

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