Digitale Zukunftsköpfe: Fünf Fragen an Laura Sophie Dornheim (Die Grünen)

Foto: Laura Sophie Dornheim | Felix Speiser
Foto: Laura Sophie Dornheim | Felix Speiser
Veröffentlicht am 07.09.2021

Jung und digital im Bundestag 2.0? Nach unserer Serie über vier junge MdB nach der Bundestagswahl 2017 und ihre Erfahrungen im Parlament stellen wir im Vorfeld der diesjährigen Wahl am 26. September einige Kandidat:innen vor, die schon bald eine neue und digitalaffine Generation im Bundestag vertreten könnten. Was ist ihre Motivation? Und welche digitalpolitischen Themen möchten sie angehen?

In der Reihe potenzieller digitaler Köpfe der Zukunft folgt nach dem Auftakt mit Maximilian Funke-Kaiser (FDP) nun Laura Sophie Dornheim von den Grünen. Die 38-Jährige ist im Berliner Landesverband Sprecherin der Arbeitsgemeinschaft „Digitales und Netzpolitik“ und tritt zur Bundestagswahl im Wahlkreis Berlin-Lichtenberg an. Sie hat Wirtschaftsinformatik auf Diplom studiert, besitzt einen Doktortitel in Gender Studies und arbeitet als Managerin in einem Software-Unternehmen.

Frau Dornheim, warum möchten Sie in den Bundestag?

Ich liebe die Arbeit in der Digitalbranche, die immer neuen Entwicklungen und Möglichkeiten. Seit ich 14 bin, habe ich in Start-Ups und Software-Firmen gejobbt, zuletzt fünf Jahre als Führungskraft eines internationalen Unternehmens. Seit vier Jahren leite ich parallel die Berliner AG für grüne Digitalpolitik. Aber mit ehrenamtlichem Engagement lässt sich politisch eben nur bedingt viel erreichen.

Es gibt aber, gerade in Sachen Digitalisierung, so viel zu tun! Deshalb will ich meine Erfahrung in den Bundestag einbringen, denn Digitalkompetenz ist dort immer noch nicht im Überfluss vorhanden. Außerdem ist für mich klar: Wenn ich mehr Frauen in unseren Parlamenten haben will, muss ich da auch selber voran gehen.

Wenn Sie ein digitalpolitisches Ziel für die kommende Legislaturperiode nennen müssten, welches wäre Ihnen persönlich am wichtigsten und warum?

pixabay-geralt-internet-cyber-netzwerk-finger-3563638-1280x720
Foto: CC0 1.0, Pixabay / geralt / Ausschnitt bearbeitet

Ich will endlich den Rechtsanspruch auf einen schnellen (!) Internetzugang für alle umsetzen. Solange wir bei der grundlegendsten digitalen Infrastruktur so hinterher sind, sind viele anderen digitalpolitischen Themen für viele Menschen in diesem Land irrelevant.

Spätestens seit der Corona-Pandemie muss allen klar sein, dass ein guter und verlässlicher Zugang zum Netz essentielle Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe ist.

Home Office muss überall, auch in ländlichen Regionen, möglich sein und keine Schülerin sollte für schnelle Downloads vor einem Coffee Shop rumstehen müssen.

Was ist aus Ihrer Sicht in der Digitalpolitik bisher schief gelaufen?

Das ist leider eine lange Liste, vom Vectoring-Irrglauben bis zum gebrochenen Versprechen, keine Upload-Filter vorzuschreiben. Aber ich will nicht in die Politik gehen, um Mängellisten zu führen, ich will gestalten. Also konzentriere ich mich lieber auf die Gestaltungsmöglichkeiten, die wir haben. Diese Liste ist ja mindestens genauso lang.

Ein hochaktuelles Thema ist da zum Beispiel die rechtliche Rahmensetzung für KI und algorithmische Entscheidungen. Hier will ich dafür sorgen, dass Algorithmen, die uns Arbeit abnehmen, demokratische Werte wie Transparenz, Minderheitenschutz und Gleichbehandlung nicht schwächen oder aushöhlen, sondern stärken.

In welchem digitalpolitischen Feld würden Sie ein positives Resümee ziehen?

Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ist ein absoluter Meilenstein im Hinblick auf eine eigenständige, europäische Digitalpolitik. Klar, auch hier gibt es bei manchem Detail noch etwas zu optimieren, Stichwort Cookie-Banner, aber das umfangreich verbriefte Recht an den eigenen Daten ist eine große Errungenschaft. Was vielen gar nicht bewusst ist: Die DSGVO setzt natürlich auch schon Rahmenbedingungen für den Einsatz von KI.

Foto: Pixabay User Shutter_Speed | CC0 1.0 | Ausschnitt bearbeitet

Ein echtes Highlight war aus meiner Sicht die Entwicklung der Corona-Warn-App. Dank der intensiven Einmischung von Tech-Aktivist:innen wurde kein unrealistisches und aus pandemischer Sicht unbrauchbares Überwachungstool geschaffen, sondern eine extrem datensparsame App, die mehrere Tausend Infektionen verhindert hat. Und das alles auch noch Open Source!

Überhaupt, was mich auch sehr freut, ist die wachsende Unterstützung von Civic Technology-Initiativen, bundesweit und in vielen Ländern. Digitalisierung ist nicht nur die Sache von Start-Ups und globalen Internetgiganten, sondern wird auch von vielen kleinen Initiativen ohne Profitabsicht vorangetrieben. Exemplarisch sei hier der Prototype Fund genannt, der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung bereitgestellt wird.

Wie wird Deutschland aus Ihrer Sicht im Jahr 2030 digitalpolitisch dastehen?

Wunsch oder Wirklichkeit? Im Idealfall sind Funklöcher oder ein fehlender Breitbandanschluss kein Thema mehr, jedes Schulkind weiß in Grundzügen, wie Algorithmen funktionieren. Alle können im Netz über Politik diskutieren, ohne von Hass und Hetze bedroht zu werden, und die öffentliche Verwaltung ist eine attraktive Arbeitgeberin für die besten Software-Entwickler:innen.

Das klingt utopisch, aber ich will ja auch nicht in die Politik gehen, um mich mit dem Status Quo abzufinden.

Schlagworte

Empfehlung der Redaktion