Von intelligentem Moos und schnellem Geld: young+restless zur Nachhaltigkeit und Digitalisierung

Foto: Henrik Andree
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Veröffentlicht am 09.10.2017

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Die zunehmende Digitalisierung schürt Hoffnungen und weckt Wünsche: Alles soll schneller, einfacher, effizienter und günstiger werden. Aber auch nachhaltiger? Ob die Wirtschaft die Chancen der Digitalisierung ausreichend nutzt, um sich auch in dieser Hinsicht neu zu erfinden, diskutierten am 5. Oktober Experten der Branche bei young+restless im Telefónica BASECAMP.

Kreativ und nachhaltig

Einen Einblick in die Kreativwirtschaft gab Sarah Linse, Projektmanagerin bei den Kultur- und Kreativpiloten in Berlin. Jedes Jahr zeichnen die Piloten im Namen der Bundesregierung 32 Unternehmen aus der Kultur- und Kreativwirtschaft aus. Mit dem Preis verbunden ist ein einjähriges Mentoring-Programm. Die Unternehmen werden außerdem Teil des sich immer weiter vergrößernden Kreativpiloten-Netzwerks. Sarah Linse betonte, dass die Kultur- und Kreativbranche insgesamt mit 137 Milliarden Euro im Jahr einen beachtlichen Umsatz mache. „Das ist im Branchenvergleich nicht gerade wenig„.

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Foto: Henrik Andree

Es lohnt sich also, in neue Ideen zu investieren. Das Thema Nachhaltigkeit spielt auch bei den Kreativpiloten eine große Rolle – und das auf verschiedenen Ebenen, wie Sarah Linse an mehreren Beispielen deutlich macht. Nachhaltigkeit im klassischen ökologischen Sinne etwa propagiert das Unternehmen Green City Solutions. Es sorge mit „intelligenten Moosen“ dafür, im öffentlichen Raum Schadstoffe aus der Luft zu binden – und das viel effektiver als mit Bäumen, erklärt Sarah Linse. Das Unternehmen verspricht eine „perfekte Kombination
aus Pflanzen und IoT
„.

ökologisch-nachhaltige Rahmen für die Digitalisierung des Energiesektors

Viele der jungen und kreativen Unternehmen, die auf den Markt drängen, nutzen ganz selbstverständlich digitale Chancen und haben dabei auch die Nachhalrtigkeit im Blick. Das sei auch im Energiesektor so, erläuterte Dr. Stefanie Groll von der Heinrich-Böll-Stiftung. Der Mitmachaspekt sei ein Kennzeichen der deutschen Energiewende, die unter anderem durch Bürgergenossenschaften geprägt werde. „Und das ist ein Pfund“, betonte Groll. Die Frage laute: „Wie kann Digitalisierung dazu beitragen, dass dieses Pfund erhalten wird?

Die Politikwissenschaftlerin vertritt die These, dass die Digitalisierung des Energiesystems eine ethische Fundierung braucht. Sie plädiert für demokratische und ökologisch-nachhaltige Leitlinien. Leider gingen diese häufig in technischen und betriebswirtschaftlichen Diskussionen unter. Hier sei die Politik gefordert: Der Staat müsse in die digitale Infrastruktur investieren sowie Steuern und Handelshindernisse abbauen, damit das Energiesystem auch bürgernah bleiben könne, forderte die Expertin.

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Dr. Stefanie Groll (Foto: Henrik Andree)

Ein junges Unternehmen aus Brandenburg, das sich der Weiterentwicklung der E-Mobilität verschrieben hat, ist Clean Energy Global GmbH. Geschäftsführer Philipp Rosengarten präsentiert als „Kopf des Monats“ bei dieser Ausgabe von young&restless das sogenannte „cleanenergypack“. Das Leichtbau-Batteriesystem könne sowohl mobil für Autos, als auch für den stationären Einsatz verwendet werden, erklärt er. Momentan sei das Unternehmen gemeinsam mit Siemens dabei, eine Wechsel-Station zu entwickeln. Das Ziel: Autobatterien in weniger als einer Minute zu tauschen. Es sei jedoch auch möglich, die cleanenergypacks an herkömmlichen Station zu laden, erklärt Rosengarten.

„Nachsitzen“ im Sachen Digitaliserung beim deutschen Bildungssystem

In anderen gesellschaftlichen Bereichen ist die Digitalisierung bisher weniger stark angekommen als in der Kreativwirtschaft oder im Energiesektor. So wirft Nils Karn vom Hasso-Plattner-Institut einen eher ernüchternden Blick auf das deutsche Bildungssystem. „Es ist leider so, dass unsere Schulen nicht besonders digital sind“, sagt der wissenschaftliche Mitarbeiter bei dem Pilotprojekt Schul-Cloud, das die Digitalisierung des schulischen Lernens vorantreiben soll und vor ungefähr einem Jahr gestartet wurde.

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Nils Karn (Foto: Henrik Andree)

Bei Befragungen an Schulen habe sich herausgestellt, dass es viele Anwendungsmöglichkeiten für eine solche Schul-Cloud gäbe – zum Beispiel, um Unterrichtsstoff digital zu speichern und überall abrufen zu können. Auch könnten Schüler durch digitales Begleitmaterial beim Lernen unterstützt werden. Probleme seien jedoch immer noch eine veraltete Technik und datenschutzrechtliche Bedenken, erklärt Nils Karn. Bei den bisherigen Versuchen in Schulen in fast allen Bundesländern habe das Projekt positives Feedback bekommen, berichtet er. Es scheint aber, als sei noch viel zu tun. Schüler, Lehrer und Programmierer hätten oft sehr unterschiedliche Vorstellungen. „Meine Aufgabe ist, zwischen den Welten zu vernetzen“, erklärt Karn.

Ziele der nachhaltigen Entwicklung mit der zunehmenden Digitalisierung verknüpfen

Einen etwas anderen Blickwinkel – den einer Umweltorganisation – bringt Alexander Liedke vom WWF ins Spiel. „Ich würde mir tatsächlich wünschen, dass Digitalisierung in meinem Alltag eine größere Rolle spielt“, betont er. Gleichzeitig aber fordert er, dass die Sustainable Development Goals mit der zunehmenden Digitalisierung verknüpft werden. Beispielweise müsse man immer im Blick behalten, wo die dafür notwendigen Ressourcen herkommen. „Darauf müssen wir eine ganzheitliche Sicht haben.

Auch die anderen Teilnehmenden der Diskussionsrunde, die die Journalistin Jana Kugoth leitet, appellieren an ein stärkeres Bewusstsein für die Folgen von Digitalisierung. Beispielsweise vor Handykauf sollte man erst nachdanken, fordert Sarah Linse. Denn für die Produktion von Smartphones werden knappe Rohstoffe wie beispielsweise seltene Erden benötigt, erklärt Stefanie Groll.

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Von links: Nils Karn, Sarah Linse, Jana Kugoth, Alexander Liedke, Dr. Stefanie Groll (Foto: Henrik Andree)

An Ideen, die Digitalisierung nachhaltig zu gestalten, mangelt es nicht bei diesem young&restless-Abend. Gleichzeitig aber schwingt in den Vorträgen und Diskussionen immer der Rat mit, genau hinzugucken. Stefanie Groll etwa warnt vor sogenannten Rebound-Effekten, bei denen zwar auf der einen Seite eingespart, aber an anderer Stelle wieder ausgegeben wird – beispielsweise, wenn man mittels moderner Technik weniger Strom verbrauche, aber mit dem gesparten Geld nach Barcelona fliege. Nachhaltigkeit sieht anders aus.

Dieser Text wurde von young+restless/meko factory zur Verfügung gestellt –

Von Inga Dreyer

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young+restless ist das Netzwerktreffen für Young Professionals aus dem politischen Berlin, der Startup-Szene, der Medienwelt sowie der Kreativwirtschaft. Das Format ist eine Mischung aus Impulsen, Themen (als Round-Table-Gespräche und als Präsentationen organisiert) sowie Networking.

Seit Februar 2015 findet die Veranstaltungreihe im Telefónica BASECAMP statt.
Kuratiert wird y+r von meko factory gUG in Kooperation mit POLICY LAB, der politischen Ideenfabrik und polisphere | think tank for political consulting

Premium-Sponsor: Telefónica BASECAMP
Sponsoren: degewo, innogy, YouGov, Händlerbund e.V.
Partner: Bundesverband Deutsche Startups e.V.
Premium-Medienpartner: Der Tagesspiegel, FluxFM
Medienpartner: BerlinValleyNews, next.news, THE Hundert, #mekolab, UVK Verlag, Voice Republic

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