Neuregelung für Störerhaftung: BMWi-Entwurf liegt vor

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Veröffentlicht am 03.03.2015

„Die Potenziale von lokalen Funknetzen (WLAN) als Zugang zum Internet im öffentlichen Raum müssen ausgeschöpft werden. Wir wollen, dass in deutschen Städten mobiles Internet über WLAN (öffnet in neuem Tab) für jeden verfügbar ist. Wir werden die gesetzlichen Grundlagen für die Nutzung dieser offenen Netze und deren Anbieter schaffen.“ – So steht es auf Seite 48 des Koalitionsvertrags (öffnet in neuem Tab) zwischen CDU (öffnet in neuem Tab), CSU (öffnet in neuem Tab) und SPD (öffnet in neuem Tab). Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (öffnet in neuem Tab) will bis zum Sommer einen Gesetzentwurf (öffnet in neuem Tab) vorlegen, der diesen Regulierungsauftrag aus der Koalitionsvereinbarung umsetzt.

Der noch unabgestimmte Entwurf des BMWi (öffnet in neuem Tab) sieht derzeit mindestens zwei ergänzende Absätze im Paragraph 8 des Telemediengesetzes (öffnet in neuem Tab) vor und stellt klar, dass nicht nur Provider (öffnet in neuem Tab), sondern auch Anbieter von drahtlosen lokalen Netzwerken Diensteanbieter im Sinne des Telemediengesetzes sind. Sie sollen allerdings nur dann nicht für Rechtsverstöße in Haftung genommen werden können, wenn „zumutbare Maßnahmen ergriffen wurden, um eine Rechtsverletzung durch Dritte zu verhindern“. Darunter versteht der Gesetzentwurf zum einen u.a. die Verschlüsselung des Zugangs. Zum anderen sollen die Anbieter die Einwilligung der Nutzer einholen, über diesen Internetzugang keine Rechtsverletzung zu begehen.Rechtsprechung-Default-Motiv-1500x984

Gesetz verfehlt Ziel

Kritiker befürchten allerdings, dass das Gesetz mit dieser strengen Regulierung sein Ziel verfehlt. „Im Hinblick auf offene WLAN-Hotspots (öffnet in neuem Tab) ist Deutschland (öffnet in neuem Tab) bereits heute Schlusslicht in Europa. Mit dem vorliegenden Entwurf hat es die Bundesregierung (öffnet in neuem Tab) geschafft, den Abstand noch weiter zu vergrößern”, sagt Valentina Kerst, Co-Vorsitzende des Think Tanks D64 (öffnet in neuem Tab).

Alle Diensteanbieter, die das WLAN nicht im Rahmen einer geschäftlichen Tätigkeit oder als öffentlicher Anbieter zur Verfügung stellen, müssen über die genannten Bedingungen hinaus die Namen der Nutzer ihres WLANs kennen. Das sieht ein dritter neuer Absatz des Telemediengesetzes vor, der aber noch nicht in seiner endgültigen Fassung abgestimmt ist. Diese Vorgabe, die im privaten Freundes- und Familienkreis problemlos zu erfüllen wäre, hätte große Auswirkungen für die Freifunk-Initiative (öffnet in neuem Tab). Die Unterstützer dieser Initiative schaffen bewusst ein „öffentlich und anonym“ zugängliches Netzwerk und kennen ihre Nutzer namentlich nicht. Auch auf eine Rechtsbelehrung wird bisher verzichtet.

Eigener Entwurf der Opposition

Die Oppositionsfraktionen verweisen angesichts der aktuellen Diskussion auf ihren eigenen Gesetzentwurf zur Änderung des Telemediengesetzes (öffnet in neuem Tab), den sie im November 2014 in den Bundestag eingebracht hatten. Die Bundestagsfraktionen Die Linke (öffnet in neuem Tab) und Bündnis 90/Die Grünen (öffnet in neuem Tab) fordern darin, den Ausschluss der Verantwortlichkeit auch auf gewerbliche und nichtgewerbliche Betreiber von Funknetzwerken auszudehnen. Der Vorsitzende der Medien- und Netzpolitischen Kommission der SPD, Marc Jan Eumann (öffnet in neuem Tab), unterstützt diesen Aspekt und stellt vor dem Hintergrund des vorliegenden Gesetzentwurfes klar, dass es beim Ausschluss von der Störerhaftung (öffnet in neuem Tab) keinen Unterschied zwischen gewerblichen, geschäftsmäßigen oder nichtgewerblichen und privaten Anbietern geben solle.

Das Bundeswirtschaftsministerium sieht derzeit eine Kabinettsabstimmung des Gesetzes im Sommer (Juli/August) 2015 vor.

Der vorstehende Artikel erscheint im Rahmen einer Kooperation mit dem Tagesspiegel Politikmonitoring „Berliner Informationsdienst“ (öffnet in neuem Tab) auf UdL Digital. Nadine Brockmann ist als Analystin für das Themenfeld Netzpolitik verantwortlich.

 

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