Mit der Alten Tante SPD in den Social Media Wahlkampf

Bettina Müller, Pressefoto SPD
Veröffentlicht am 29.10.2013

Bettina Müller ist dieses Jahr erstmalig im Bundestag als Abgeordnete vertreten. Die gelernte Krankenschwester und studierte Juristin hat einen ungewöhnlichen Lebenslauf, jedoch keinen sehr ungewöhnlichen Namen. Um sich dennoch im Internet zu profilieren, betreibt sie ein Facebook-Profil als Tante Lieselotte unter dem Namen Lieselotte Duppdupp, um über ihre Aktivitäten als SPD-Politikerin zu berichten. Für uns hat sie ihre Erfahrungen mit den sozialen Medien in einem Interview erklärt.

UdL Digital: Sie hatten im Wahlkampf prominente Unterstützung. Wie haben Sie die Alte Tante SPD für sich gewonnen?

Bettina Müller: Genau genommen hat sie uns (die beiden Hessischen Landtagsabgeordneten Heinz Lotz und Lisa Gnadl und mich) gefragt, ob sie im Wahlkampf behilflich sein könne. Unter der Bedingung, dass wir anschließend wieder aufräumen, durften wir für unser Wahlkampfteam das Kinderzimmer ihres erwachsenen Sohnes nutzen.

UdL Digital: Fiktive Charaktere sind bei der SPD sehr beliebt – Jakob Maria Mierscheid ist in diesem Jahr 80 geworden. Was wird aus Lieselotte Duppdupp?

Bettina Müller: Lieselotte wurde vor kurzem 75 und denkt noch lange nicht ans Aufhören. In unserem SPD-Unterbezirk gibt es sogar von der Arbeitsgemeinschaft 60+ Überlegungen, sie zum Ehrenmitglied zu benennen.

UdL Digital: Was haben Sie sich noch ausgedacht, um als Bundestagskandidatin mit dem Namen „Müller“ wahrgenommen zu werden?

Bettina Müller
Bettina Müller, Pressefoto SPD

Bettina Müller: Im echten Leben hat mich der Name nie gestört oder an irgendwas gehindert. Klarer Vorteil bei meinem Namen ist, dass man ihn sich gut merken kann. Ein Problem ist er eigentlich nur online. Da bin ich schon froh, dass ich die Domain muellerbettina.de bekommen konnte. Wenn sie meinen Namen bei einer Suchmaschine eingeben, wird man unzählige Bettina Müllers finden. Das beginnt bei einer Tierärztin, über eine Art-Directorin, bis hin zu einer Pressesprecherin. Bei Facebook habe ich bei 50 Bettina Müllers aufgehört zu zählen. Im Bundestag gibt es 5 Abgeordnete mit Namen Müller.

UdL Digital: Würden Sie anderen Kollegen eine solche Social-Media Strategie empfehlen? Welche Herausforderungen sind mit dieser Strategie verbunden?

Bettina Müller: Um eine Social-Media-Strategie zu empfehlen, bin ich nicht die Richtige. Der Hauptgrund, warum ich zumindest Facebook nutze ist doch, dass ich auf diese Möglichkeit der Kommunikation nicht verzichten möchte. Gleichzeitig habe ich meinem Wahlkampfteam aber auch gesagt, dass ich mein privates Profil auch privat benutze. Ich fände es komisch, wenn dort andere in meinem Namen Nachrichten posten.

Tante Lieselotte war eine andere Geschichte. Wir wollten jemanden haben, der Sachen sagen kann, die ich oder die beiden Landtagsabgeordneten vielleicht nicht sagen würden. Zum Beispiel hat sie mit einem Lokalredakteur, der mich in einem Kommentar in Grund und Boden schreiben wollte, um eine Flasche Eierlikör gewettet, dass ich es sehr wohl in den Bundestag schaffe.

Die virtuellen Herausforderung sind doch nichts anderes, als die Herausforderungen des echten Lebens: man muss ehrlich sein, sich treu bleiben und genau überlegen, mit wem man eigentlich gerade redet. Mein Wahlkreis ist absolut ländlich geprägt. Was wäre denn passiert, wenn ich plötzlich wie aus dem Nichts mit einem Facebook-Profil, flankiert mit einem Blog, einem Twitter-Account und täglich dutzenden hochpolitischen Kommentaren auf den Homepages der regionalen Zeitungen angekommen wäre? Das kauft mir doch keiner ab.

UdL Digital: Bei dieser Social-Media Studie wurden Sie bei Facebook nicht gefunden und deshalb als Offliner bezeichnet. Sind Sie ein Offliner?

Bettina Müller: Nein, aber es wäre jetzt auch kein Weltuntergang für mich. Zu Beginn des Wahlkampfes hatte ich mit Facebook nichts am Hut. Aber bereits am Abend der Nominierung wurde ich von sehr vielen Menschen darauf angesprochen. Das hat mich darauf neugierig gemacht, ob Facebook etwas bringt. Mittlerweile bin ich davon sogar überzeugt.

UdL Digital: Wie steht es mit Twitter und Co. Wollen Sie weitere Social Media-Kanäle für Ihre Kommunikation erschließen?

Bettina Müller: Mal sehen. Es wird neben Tante Lieselotte vermutlich noch eine offizielle Seite auf Facebook geben. Die wird aber ganz klar von meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern betrieben. Den Rest will ich nicht ausschließen, weiß es aber noch nicht.

UdL Digital: Sie leben in einem Mehrgenerationenhaus mit Eltern, Kindern und Enkelkind. Haben Sie Social Media von Ihren Kindern gelernt?

Bettina Müller: Meine Tochter hat mir erklärt, wie man Bilder postet. Das macht mir mittlerweile richtig Spaß. Wenn mein Enkelkind einmal soweit ist, werden Twitter und Co. vermutlich alte Kamellen sein. Facebook gibt es doch erst seit rund 10 Jahren.

UdL Digital: Sie sind für den Wahlkreis Main-Kinzig, Wetterau und Schotten über die hessische Landesliste in den Bundestag eingezogen. Welche Bedeutung hat das Internet für solch eine ländliche Region?

Bettina Müller: Das Internet ist von entscheidender Bedeutung für den ländlichen Raum. Im Main-Kinzig-Kreis findet gerade durch das Engagement des Landrates eine Breitbandinitiative statt, die bis 2015 alle Haushalte mit schnellem Internet verbindet (mit mindestens 25 und bis zu 50 Megabit pro Sekunde). Dafür muss ein Leitungsnetz von 650 Kilometern Länge gebaut werden. Es sind übrigens nicht nur die jungen Familien und Unternehmer, die sich auf schnelles Internet in jedem Winkel freuen. Das zieht sich durch alle Schichten wie ein roter Faden.

UdL Digital: Sind die Kisten inzwischen aus dem Zimmer bei Lieselotte Duppdupp geräumt und gut in Berlin angekommen? Welche Pläne haben Sie für Berlin und für die (Alte Tante) SPD?

Bettina Müller: Bei alten Kinderzimmern bleibt immer ein kleiner Rest Wehmut zurück. In Berlin muss ich noch bis Mitte November auf meine neuen Büroräume warten. Mein Plan ist es, in den Gesundheitsausschuss zu kommen. Das wollte ich schon von Anfang an, da ich Krankenschwester und Anwältin mit den Schwerpunkten Betreuungs-, Sozial- und Sorgerecht bin. Es wäre schön, wenn mir mein Wunsch erfüllt würde. Für die alte Tante SPD wünsche ich mir, dass sie sich auch weiterhin mit so viel Streitlust engagiert, wie in den vergangenen 150 Jahren. Aber da brauche ich mir nun wirklich keine Sorgen zu machen, weder online noch offline.

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