Homeoffice: Rechtsanspruch ja – aber auf was?

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Veröffentlicht am 06.11.2020

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Die Regierungskoalition diskutiert aktuell über eine Regelung für das Arbeiten von zu Hause. Nach Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat auch die Unionsfraktion Vorschläge präsentiert. Ein Streitpunkt ist, ob es einen Rechtsanspruch auf Homeoffice braucht. Eine Einigung steht noch aus. Doch bisher steht die Mehrheit der Deutschen dem Recht auf Homeoffice skeptisch gegenüber.

Die Corona-Krise hat die Arbeitswelt im Eiltempo verändert. Das Arbeiten vom heimischen Schreibtisch aus ist mittlerweile für viele Menschen tägliche Realität. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sprach sich für ein gesetzlich verankertes Recht auf Homeoffice aus, bekam für seinen Vorschlag aber eine klare Absage von der CDU/CSU-Fraktion. Nun kontert die Union mit eigenen Ideen. Konkret geht es in dem Eckpunktepapier des Fraktionsarbeitskreises „Zukunft der Arbeit“ darum, mobiles Arbeiten steuerlich zu begünstigen, Arbeitszeiten zu flexibilisieren und Co-Working-Spaces auszubauen. Anders als bei dem Vorschlag aus dem Bundesarbeitsministerium (BMAS) soll es keinen gesetzlichen Rechtsanspruch für mobiles Arbeiten geben.

Kein Recht auf Homeoffice

Die Kerninhalte des Entwurfs für ein „Mobile Arbeit Gesetz“ waren Anfang Oktober bekannt geworden. Dazu gehörte unter anderem ein Rechtsanspruch für Arbeitnehmer*innen auf 24 Tage Homeoffice im Jahr. Ein kategorisches Nein des Arbeitgebers sollte dadurch ausgeschlossen werden. Der Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD sieht hingegen kein Recht auf Homeoffice sondern ein Auskunftsrecht vor. Erteilen Arbeitgeber*innen keine Erlaubnis zum Homeoffice, sollen sie dies begründen müssen. Mit Verweis auf den Koalitionsvertrag stoppte das Bundeskanzleramt dann auch vorläufig die weitere Abstimmung innerhalb der Bundesregierung.

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Das Unionskonzept vom 27. Oktober wollen die beteiligten Abgeordneten als Gegenentwurf zum Aufschlag des BMAS verstanden wissen. Darin schlagen sie unter anderem eine Änderung von Arbeitszeit-Regelungen vor. Während die gesetzlichen wöchentlichen Höchstarbeitszeiten bestehen bleiben sollen, sollen Arbeitszeiten flexibler über die Woche verteilt werden können. Außerdem wollen sie die Möglichkeit schaffen, Videokonferenzen auch außerhalb der eigentlichen Kernarbeitszeiten anzusetzen.

Recht auf Nicht-Erreichbarkeit

Zum Ausgleich wird angeregt, ein Recht auf Nicht-Erreichbarkeit einzuführen. Demnach müssten Arbeitgeber*innen auf dem Smartphone oder dem Computer ein System einrichten, in dem die Arbeitnehmer*innen Zeiten einstellen können, zu denen sie nicht zu erreichen sind. Heil forderte in seinem Entwurf hingegen eine Pflicht zur digitalen Zeiterfassung, um zu vermeiden, dass Arbeitnehmer*innen freiwillig zu viel arbeiten.

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Darüber hinaus fordert die Fraktionsarbeitsgruppe einen physischen Raum für informelle Kontakte und Begegnungen. Arbeiten Beschäftigte mehr als 80 Prozent ihrer Arbeitszeit mobil, müsse beispielsweise ein Co-Working-Space bereitgestellt werden. Steuerliche Entlastungen sollen außerdem dabei helfen, anfallende Kosten für Arbeitsmaterialien, wie Breitbandanschlüsse oder Bürostühle, zu finanzieren. Die Arbeitgeber*innen sollen den Bürobedarf steuerfrei erwerben können, auch wenn dieser zusätzlich privat genutzt wird. Ob und welchen Kompromiss die Koalition findet, bleibt abzuwarten.

Bürger*innen sind skeptisch

Aber auch eine Mehrheit der deutschen Bevölkerung steht der Idee eines gesetzlichen Rechtsanspruchs auf Homeoffice, wie von Heil vorgeschlagen, skeptisch gegenüber. Das geht aus einer Umfrage des Digitalverbands Bitkom hervor. Von den 1.000 befragten Personen sprachen sich 56 Prozent gegen und 40 Prozent für einen gesetzlichen Rechtsanspruch auf Homeoffice aus. Dieses Verhältnis variiert aber mit dem Alter der Befragten. Von den befragten 16- bis 29-Jährigen sprachen sich 51 Prozent für einen Rechtsanspruch auf Homeoffice aus. Aber woher rührt die Skepsis?

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Viele der befragten Bundesbürger*innen befürchten eine Zwei-Klassen-Gesellschaft. Für knapp die Hälfte der Befragten (48 Prozent) spricht die Ungerechtigkeit gegenüber Kolleg*innen, deren Tätigkeit nicht von daheim ausgeübt werden kann, gegen ein Recht auf Homeoffice. Unter den Gegner*innen des Rechts auf Homeoffice sagen dies sogar 63 Prozent. Vier von zehn (40 Prozent) befürchten weniger Austausch mit Kolleg*innen, unter den Gegner*innen sind es 53 Prozent. Jeder Dritte (32 Prozent) meint, Kolleg*innen im Homeoffice würden weniger arbeiten, bei den Gegner*innen des Rechtsanspruchs sagen das 45 Prozent. Und jeder Fünfte (20 Prozent) sieht einen unzulässigen Eingriff in die unternehmerische Freiheit, bei den Gegner*innen ist es jeder Dritte (32 Prozent).

Anreize für flexibles und mobiles Arbeiten

„Homeoffice sollte nicht staatlich verordnet werden, sondern die Entscheidung darüber, wie gearbeitet wird, muss beim Arbeitgeber liegen. Moderne flexible Arbeitsformen sind kein Selbstzweck und müssen im Einklang mit der Unternehmenskultur stehen und zu den innerbetrieblichen Prozessen passen“, findet Bitkom-Präsident Achim Berg. Der Verband empfiehlt daher auch, den Bereich der Heimarbeit nicht zu überregulieren. Stattdessen sollten Anreize für zeit- und ortsflexibles Arbeiten gesetzt werden.

Diesen Weg will auch Telefónica Deutschland mit einem flexiblen Hybridmodell gehen, das standortunabhängiges sowie zeitlich flexibles Arbeiten ermöglichen soll. Das Unternehmen baut auf den Erkenntnissen aus den vergangenen Monaten auf und will mit „5 Bold Moves“ auf die digitale Arbeitswelt von morgen einstellen. Ziele der Initiative sind, Flexibilität bei der Gestaltung des Arbeitsalltags und der Wahl des Arbeitsortes, ein ergebnisorientierter Führungsstil, ein Vorrang für virtuelle Meetings und deutlich weniger Dienstreisen.

Mehr Informationen:

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