eCall: Verkehrsminister Scheuer (CSU) will mehr Sicherheit durch Fahr-Assistenzsysteme

Veröffentlicht am 11.04.2018

Auch vor dem Hintergrund der EU-weiten Einführung des eCall-Systems für Pkw zum 31. März hat Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) die Strategie der Bundesregierung für „Null Verkehrstote“ bekräftigt.

Foto: eCall – European Global Navigation Satellite Systems Agency

Seit dem 31. März sind die Hersteller von Kraftfahrzeugen europaweit verpflichtet, das eCall-System in alle neuen Fahrzeugmodelle einzubauen. Das eCall-System sendet bei einem Unfall automatisch einen Notruf ab. Rettungsdienste wäre es so wahrscheinlich möglich, deutlich schneller vor Ort sein. Dadurch sollen die Folgen von Unfällen gemindert werden. Laut EU-Angaben gab es im Jahr 2016 rund 25.500 Unfalltote und 135.000 Schwerverletzte europaweit. Das eCall System soll diese Zahl der Unfalltoten um zehn Prozent verringern – also 2.500 Verkehrsopfer weniger.

Zwar ist gesetzlich geregelt, dass die eCall-Daten zweckgebunden einzusetzen sind und nur den Rettungsleitstellen zur Verfügung gestellt werden dürfen. Die dafür existierende Schnittstelle zwischen Auto und Internet kann aber auch für andere Zwecke genutzt werden, u.a. für Werbung. Diese Gefahr sieht u.a. auch Dr. Thilo Weichert, ehemaliger Datenschutzbeauftragter des Landes Schleswig-Holstein.

Der ADAC sieht Nachbesserungsbedarf beim Datenschutz und der Wahlfreiheit: Der Fahrzeugbesitzer solle die Wahlfreiheit bekommen, welchen Serviceprovider er auswählen möchte. Zudem müsse jeder Besitzer stets informiert sein, welche Daten zu welchem Zweck verwendet würden.

Kritik an eCall kommt auch von Prof. Dr. Volker Lüdemann, wissenschaftlicher Leiter des Niedersächsischen Datenschutzzentrums der Hochschule Osnabrück. Er sieht in eCall die Gefahr, dass Daten umfangreicher als für den Nutzer ersichtlich verwendet werden könnten. Zum Beispiel könnte das sogenannte Routen auch erweiterte Geschäftsmodelle aufgrund der gesendeten Daten an weitere Empfänger erschließen, wenn das Auto im Notfall nicht direkt nur den Rettungswagen rufe, sondern auch die Pannenhilfe des Herstellers. Denkbar wäre, dass auch alle weiteren Dienste von der herstellereigenen Leitstelle gesteuert würden. Der Kunde hätte so zum Beispiel nicht mehr die freie Wahl der Werkstatt.

„Wenn der Wettbewerb so aber ausgeschaltet wird, kann das teuer werden“, warnt Lüdemann.

Er kritisiert zudem die EU-Kommission, dass diese bei der Verordnung für den eCall die Notfallrettung mit Industrieförderung verbunden habe. So sei ausdrücklich festgeschrieben, „dass die Einführung des eCalls die europäische Informationstechnologie auf den Weltmärkten stärken soll“. Auch der Auto Club Europa befürchtet einen Wettbewerbsvorteil für Vertragswerkstätten durch eCall.

Die Gefahr, dass die Fahrzeugdaten zweckentfremdet verwendet werden – von privaten Diensten oder Behörden – sieht auch der Europaabgeordnete der Grünen, Jan Philipp Albrecht.

„Es wäre daher der korrekte Ansatz gewesen, wenn ein jeder Fahrzeughalter der Nutzung des Systems in seinem Fahrzeug zustimmen müsste – aber diese Möglichkeit war in der europäischen Verordnung nicht vorgesehen“, kritisiert Albrecht.

Durchweg positiv fällt dagegen das Urteil der Deutschen Verkehrswacht aus, die im eCall-System einen wichtigen Beitrag für das „Vision Zero“-Ziel sieht.

Der vorstehende Artikel erscheint im Rahmen einer Kooperation mit dem Tagesspiegel Politikmonitoring auf UdL Digital. Benjamin Plank ist als Analyst für das Themenfeld Netzpolitik verantwortlich.

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