Die Macht der Bilder: Snapchat, Instagram & Co.

Veröffentlicht am 30.04.2016

Im Telefónica BASECAMP stand in dieser Woche alles im Zeichen von Snapchat, Instagram & Co.: Anfang der Woche enthüllten wir noch die Snapchat-Hauptstadt von Deutschland (Frankfurt an der Oder!) und diskutierten schließlich den immer stärkeren Einfluss von (Bewegt-)Bildern in der digitalen Kommunikation! Dass die Rolle des Bildes nicht nur für das Telefónica BASECAMP-Team ein spannendes Thema ist, zeigte das große Interesse hunderter Gäste am Dienstag Abend an der Podiumsdiskussion mit Experten.

Die Macht der Bilder

Ob Snapchat, Periscope, Facebook oder Instagram – die Auswahl an Kommunikationsmittel ist heute so vielfältig wie nie. Wir instagramen, snapchatten, periscopen, teilen und posten was das Zeug hält. Bilder sind das stärkste Kommunikationsmittel, um unsere Stimmung, unseren Status, unseren Tag und alles was darin passiert mit anderen und auf einen Blick zu teilen. Und nie wurden so viele Fotos und Videos mit Smartphones aufgenommen und über digitale Medien verteilt wie jetzt. Tendenz ungebrochen steigend. Wie verändert das unsere Medienlandschaft und Medienkompetenz?

Diese und weitere Fragen diskutierte die Moderatorin und Schauspielerin Minh-Khai Phan-Thi mit den Gästen im Telefónica BASECAMP. Spannende Impulse und eine kritische Auseinandersetzung mit den Entwicklungen, die Instagram, Snapchat oder Periscope für die Mediennutzung bedeuten brachten die Experten Laura Ewert, Daniel Fiene, Prof. Dr. Gerald Lembke, Carl Jakob Haupt sowie das Publikum vor Ort in die Diskussion ein.

Der eigene Instagram-Account als schönes Archiv des Lebens

Mit ihrem Artikel „Instagram macht uns alle zu Psychopathen“ stieß die Journalistin Laura Ewert im vergangenen Jahr eine Debatte über die (Selbst-)Darstellungen und (Selbst-)Inszenierungen auf Instagram an. Über die Millionen Bilder, die täglich hochgeladen, geliked und kommentiert werden und, so die Autorin im Artikel, „einer Lightversion des Stalkings“ nahekommen. Der Dienst erlaubt es in die (vermeintliche) Realität desjenigen einzutauchen, der uns Einblicke in sein Leben gewährt – und das meist bearbeitet durch einen der vielen Fotofilter, der den Alltag des anderen, seine akkurat eingerichtete Wohnung, sein unangestrengtes Sportprogramm bei bestem Wetter und seine perfekt angerichtete Kaffeetafel zum neidisch werden erscheinen lässt. Man wäre am liebsten selbst bei allem dabei. Laura Ewerts Artikel wurde bisher alleine über Facebook 32.000 mal geteilt.

In der Diskussion im Telefónica BASECAMP machte sie noch einmal deutlich, dass ihr die soziale Realität lieber sei als das, was sekündlich über Bild-Apps wie Instagram geteilt werde. Über den Trend  Avocadobrote bei Instagram zu inszenieren, als Paradebeispiel der Food-Selfies bei Instagram, das Laura Ewert heranzog, diskutierten wir auch bei Mobile Living „Digital & Food“ im vergangenen Herbst. Fotos von Essen bestätigte auch Journalist und Blogger Daniel Fiene am Dienstag Abend noch einmal als einen von fünf besonders beliebten Fototypen, die bei Instagram zu finden sind. Die weiteren: Sonnenuntergänge, der neueste Modeeinkauf, Fitnessstudio-Selbstportraits und Kaffeetassen.

Mit der Selbstdarstellung über das scheinbar Alltägliche in ästhetischer Bildsprache inklusive der Bearbeitung mit einem der vielen Fotofilter, die die App mit nur einem Klick zur Verfügung stellt, diene der eigene Auftritt bei Instagram mitunter als „Lebensreferenz“, so Fiene. Diesen Punkt nahm Carl Jakob Haupt, Journalist, Mode-Blogger und Gründer von Dandy Diary noch einmal genauer auf. Er beschrieb die Motivation, bei Instagram zu Teilen was im Alltag so passiert, als „Ich möchte dir zeigen, wer du denken sollst wer ich bin“. Also alles nur Schein, was wir dort zu sehen bekommen?

Das Social Media-Ich vs. das wahre Ich

Nun erlebt aktuell vor allem eine App einen riesen Hype: Snapchat. Und die scheint genau diesen schönen Schein aufzubrechen und ein Stück Realität in die digitale Selbstdarstellung zurückzubringen. Fiene und Haupt, die bei Snapchat selbst sehr aktiv sind, beschrieben wie Snapper andere Snappern näher und echter in ihr Tagesgeschehen einbeziehen, ganz ohne lang überlegte Inszenierung einer Bildkomposition und Bearbeitung per Instagram-Filter, wie die beiden erläuterten. 10-sekündige Videosequenzen – die im Laufen, im Café, in der U-Bahn oder Morgens nach dem Aufstehen aufgenommen werden – geben ein schnelles Update aus dem Alltag. Das habe nichts mehr mit der polierten Welt zu tun, die Instagram suggeriert, so Fiene.

Die kurzen Snapchat-Clips werden an ausgewählte Freunde im Sinne des Instant-Messagings geschickt oder mit der weltweiten Snapchat-Community (100 Mio. aktive Nutzer) geteilt. Ihre Halbwertszeit, bis sie sich schließlich selber löschen, wenige Sekunden bzw. 24 Stunden. In dieser Zeit aber, erzeugten sie ein Gefühl von Teilhabe und Authentizität, so Haupt und Fiene. Und das könne die Bildplattform Instagram nicht ermöglichen.

Die Flüchtigkeit als Vorteil von Snapchat, hätte jedoch auch einen Haken: Die Informationsflut ließe nicht zu Botschaften im Kontext zu sehen, so der Digitalexperte und Buchautor Prof. Dr. Gerald Lembke in der Podiumsdiskussion. Das sei ein grundsätzliches Problem der zahlreichen digitalen Kommunikationsangebote, in denen jeder alles mit jedem teilen und jeder Smartphone-Besitzer zum reichweitenstarken Sender von Inhalten werden kann. Aber wieso wollen wir überhaupt immer und ständig zeigen, was wir den ganzen Tag über machen? Der Medienwissenschaftler zog einen größeren Bezugsrahmen heran: Es ginge um das Befriedigen des menschlichen Grundbedürfnisses nach Achtung.

Veränderung der Medienlandschaft durch Snapchat, Periscope und Facebook-Live

Für die Empfänger, Follower, Community kommt es dadurch zu einem enormen Tempo und einer Fülle von Informationen. Im Newsfeed erscheinen jederzeit hunderte Bilder – ob statisch bei Instagram oder bewegt bei Snapchat. Statusmeldungen und Meinungen von der Familie und von Freunden, von Stars und News von Unternehmen vermischen sich. Das mache den Medienkonsum insgesamt oberflächlicher, so Prof. Dr. Lembke. Ganz zu schweigen von der sich mehr und mehr auflösenden Gatekeeper-Funktion der „klassischen“ Medienschaffenden.

Wie das zu bewerten sei, waren sich der Wissenschaftler und Journalist aber letztlich uneinig. Als Journalist sieht Fiene sogar den Vorteil, durch mehr – und vor allem durch Rundum-Einblicke in Themen – medial Vertrauen gewinnen zu können. Außerdem sei es eine Chance, eine noch bessere journalistische Berichterstattung liefern zu können; schließlich wächst die Zahl an unterschiedlichsten Quellen, vor allem durch Dienste wie Periscope und Facebook-Live. „Jeder Facebook-Livestream, den wir uns zusätzlich anschauen können, bereichert, worüber wir berichten“, so der Journalist zu  Recherchen zu aktuellen Themen.

Mit Blick auf die Potentiale, diskutierten die Experten deshalb auch, wie sich Unternehmen und vor allem Medienunternehmen auf den digitalen Plattformen aktuell präsentieren und zukünftig präsentieren könnten. Einig war man sich, dass das Gros der Medienschaffenden und Verlagshäuser das Echtzeit-Potential der Dienste wie Snapchat, Periscope oder Facebook-Live bisher nicht in dem Maße nutzen, wie es möglich wäre. Das Podium und die Gäste im Telefónica BASECAMP suchten nach Antworten. Die Problematik liege zum Beispiel darin, dass etwa Snapchat durch Personifizierung und ganz individuellen Einblicke der Account-Halter lebe und damit im Medienumfeld an einzelne Autoren gekoppelt werden müsse. Positiv nutze zum Beispiel die BILD-Zeitung Snapchat und Periscope. Nicht nur, dass BILD-Chefreporter Paul Ronzheimer seine Follower quasi mit in seinen Alltag zwischen Berlin und Libyen nimmt. Auch das Blatt selbst präsentiert sich hier von einer anderen Seite, als es über Print der Fall ist: Die Botschaft hier sei nicht mehr „Kauft unsere Zeitung“, so der Impuls aus dem Publikum, sondern es ginge um Brand-Building und eine umfangreiche Online-Strategie, der sich etablierte Medien heute ebenso wenig entziehen können, wie Neuerscheinungen.

Reale Welt = Virtuelle Welt

Gab es wohl bei einigen Gästen vor den Einblicken und Impulsen des Podiums noch einige Fragezeichen im Kopf, was zum Beispiel Snapchat ist, wie es funktioniert und was damit möglich ist, so motivierten die Experten alle vor Ort, die App einfach mal auszuprobieren.

Und das auch, weil die „reale Welt“ und die „virtuelle Welt“ sich heute nicht mehr trennen lassen, sondern verschwimmen. Mit Blick auf die Ergebnisse der jüngst erschienenen Sinus-Studie, die Prof. Dr. Gerald Lembke zitierte, werde uns noch einmal vor Augen geführt, dass die vielfältigen Möglichkeiten der digitalen Kommunikation nicht abnehmen, sondern stärker das Kommunikationsverhalten bestimmen werden. Denn die zukünftigen Generationen werden die digitalen Angebote wie selbstverständlich nutzen und darüber Inhalte austauschen. Probieren wir Snapchat also einfach mal aus, auch wenn wir vielleicht nicht sofort verstanden haben, wie es funktioniert.

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