Bundestagswahl 2017: Linke, Grüne und FDP im Twitter-Wahlkampf


Auf den #Schulzzug aufspringen und #r2g ansteuern oder versuchen, eigene Themen zu setzen? Vor dieser Frage stehen derzeit die kleineren Parteien im Bundestagswahlkampf, der in den sozialen Netzwerken längst begonnen hat. Während sich die Aufmerksamkeit von Medien und Öffentlichkeit auf den SPD- Spitzenkandidaten Martin Schulz und den Zweikampf mit der Amtsinhaberin Bundeskanzlerin Angela Merkel richten, müssen sich Linke, Grüne und Co. richtig was einfallen lassen, um trotzdem wahrgenommen zu werden. Bei Twitter sind es die Bundesgeschäftsführer Michael Kellner (Bündnis 90/Die Grünen), Matthias Höhn (Die Linke) und Marco Buschmann (FDP), die den Generalsekretären der Regierungsparteien (öffnet in neuem Tab)Paroli bieten. Die AfD verfügt weder über einen Generalsekretär noch über einen Bundesgeschäftsführer.
Michael Kellner: Twittern für den Klimaschutz
„Irres Statement“, findet der politische Bundesgeschäftsführer der Grünen Michael Kellner (öffnet in neuem Tab), „klingt so als wäre er gegen den Obersalzberg geknallt und mit völliger Geschichtsvergessenheit aufgewacht”.
In Kellners „Pinned Tweet” an prominenter Stelle seines Profils geht es um den CSU-Politiker Hans-Peter Friedrich, der Ende Januar twitterte (öffnet in neuem Tab):
„AmericaFirst heißt offene Märkte, transatlantische Freundschaft und Verteidigung unserer Kultur! Identisch also mit #GermanyFirst (öffnet in neuem Tab)“.
Michael Kellner kommentiert oft – vor allem rechtspopulistische Aussagen von #AFD (öffnet in neuem Tab), #CSU (öffnet in neuem Tab) und #Seehofer (öffnet in neuem Tab), den Kellner auch schon mal #Trumphofer (öffnet in neuem Tab) nennt. Generalsekretär der CSU Andreas Scheuer empfiehlt er das Wahlprogramm der Grünen. Über Bundeskanzlerin Merkel schreibt Kellner hingegen wenig, aber er stellt klar (öffnet in neuem Tab): „Wer Angela #Merkel (öffnet in neuem Tab)wählt, wählt auch Horst #Seehofer.“
Bei der SPD und #Schulz (öffnet in neuem Tab) beklagt Kellner eine „Leerstelle (öffnet in neuem Tab)“ beim Klimaschutz, aber er freut sich auch über ein gemeinsames Meinungshoch (öffnet in neuem Tab) in den aktuellen Umfragen. Mit SPD-Kollegin Katarina Barley herrscht auf Twitter zumindest Einigkeit; Kellner retweetet ihr Foto der beiden beim Holocaust-Mahnmal in Berlin (öffnet in neuem Tab) als „Zeichen für Mitmenschlichkeit und Toleranz”. Denn Kellner ist offen für die rot-rot-grüne Koalition. Lafontaine, der in einem Artikel #r2g (öffnet in neuem Tab) ablehnt, wirft Kellner „Angst vorm Regieren (öffnet in neuem Tab)“ vor und bekräftigt: „Dabei gerade jetzt für eine freie Gesellschaft und ökologische Welt.” Linken-Politikerin Sarah Wagenknecht (öffnet in neuem Tab), die „klingt als wäre sie Spitzenkandidatin der #AfD“, kritisiert Kellner allerdings laut.
Am häufigsten erwähnt Kellner die eigene Partei und postet zu den traditionellen grünen Themen wie #Klimaschutz (öffnet in neuem Tab) und #Kohleausstieg (öffnet in neuem Tab). Kellner nutzt Twitter eher selten, um die Spitzenkandidaten Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir zu profilieren. Er informiert aber oft über den Wahlkampf. „Programmdebatten machen Spaß (öffnet in neuem Tab)“, kommentiert er den Entstehungsprozess des grünen Wahlprogramm-Entwurfs und postet das Ergebnis (öffnet in neuem Tab) mehrmals. Kellner verweist auf steigende Mitgliederzahlen (öffnet in neuem Tab) und Interaktion mit potentiellen Wählern, beispielsweise per Messenger-Dienst (öffnet in neuem Tab) oder Haustür-Wahlkampf (öffnet in neuem Tab). Und stolz erinnert Kellner auch immer wieder an die Selbstverpflichtung (öffnet in neuem Tab) seiner Partei für fairen Wahlkampf – ohne #SocialBots (öffnet in neuem Tab), aber mit „#Netzfeuerwehr (öffnet in neuem Tab) gegen Betrug und Hetze“– zum Beispiel (öffnet in neuem Tab)um „die Lügen der #AFD zu stoppen“.
Matthias Höhn: Twittern gegen die AfD
Der Bundesgeschäftsführer der Linken Matthias Höhn (öffnet in neuem Tab) ist nicht ganz so aktiv in dem sozialen Netzwerk wie sein Kollege von den Grünen und auch die Nutzung des Mediums ist anders. Höhn kommentiert am liebsten aktuelle politische Geschehnisse oder Aussagen. Oft reichen ihm die 140 Zeichen bei Twitter nicht aus, dann verlinkt er auf seine längeren Facebook-Kommentare. „Armut auf Rekordhoch (öffnet in neuem Tab)“ thematisiert Höhn ebenso wie Abschiebungen nach Afghanistan (öffnet in neuem Tab), die er verurteilt. Die vom Bundesverteidigungsministerium geplante Aufstockung der Bundeswehr bezeichnet er als „überflüssigen Unfug (öffnet in neuem Tab)“. Höhn spricht sich gegen elektronische Fußfesseln (öffnet in neuem Tab) aus oder kritisiert (öffnet in neuem Tab) #Getex (öffnet in neuem Tab), die Gemeinsame Terrorismusabwehr-Exercise von Bundeswehr und Polizei.
SPD-Spitzenkandidat Martin Schulz steht Höhn skeptisch gegenüber und postet beispielsweise (öffnet in neuem Tab) die Anschuldigung, Schulz Wahlkampfmanager habe von fragwürdigen Zahlungen profitiert. Auch prangert er die SPD in ihrer Haltung zur Verschärfung des Asylrechts (öffnet in neuem Tab) an. Eine Koalition mit den Sozialdemokraten schließt er nicht aus (öffnet in neuem Tab), es brauche jedoch einen #politikwechsel (öffnet in neuem Tab) in der Partei. Bundeskanzlerin Merkel erwähnt Höhn fast gar nicht, aber die CDU kritisiert er (öffnet in neuem Tab) beispielsweise für Pläne, die Rüstungsausgaben nach der Wahl steigern zu wollen. Am meisten aber schreibt Höhn über die #AFD in seinen Tweets, kommentiert beispielsweise Aussagen von Mitgliedern der rechtspopulistischen Partei im Landtag von Sachsen-Anhalt, wo Höhns Wahlkreis liegt.
Für Parteikampagnen und Wahlkampfaktionen nutzt Höhn Twitter derzeit eher nicht. Die Aufforderung, zum Wahlkampf #linksaktiv (öffnet in neuem Tab) zu werden – ein Retweet der @dieLinken (öffnet in neuem Tab) – bleibt einer der wenigen Posts zum Thema. Und wie bei Kollege Kellner liegt der Fokus eher auf den Themen der Partei als auf den Personen an der Spitze. Co-Parteivorsitzende Katja Kipping erwähnt er bei 200 Tweets in einem Jahr immerhin viermal, alle anderen der Zwei-plus-Zwei Spitze bekommen zwei Tweets, in denen er sie auch gleich alle zusammen aufführt. Der letzte dieser Tweets stammt von November 2016 (öffnet in neuem Tab) und handelt vom linken Kandidaten zur Wahl des Bundespräsidenten, Professor Christoph Butterwegge.
Marco Buschmann: Twittern für Lindner
Der Star auf dem Twitterkanal des Bundesgeschäftsführers der FDP Marco Buschmann (öffnet in neuem Tab) heißt Christian Lindner. Denn der hat gleich zwei Spitzenkandidaten-Jobs: Er soll die FDP wieder in den Bundestag bringen und vorher in der Landtagswahl von NRW stark machen. Bei diesen Aufgaben gibt Buschmann dem Freidemokraten Rückenwind, nennt ihn sogar häufiger als SPD-Kollegin Barley den 100-Prozentmann Schulz. Genau 59 Mal erwähnt Buschmannden FDP-Bundesvorsitzenden @c_lindner (öffnet in neuem Tab) in den letzten 200 Tweets. Oft postet Buschmann Lindners Aussagen von Auftritten bei Talkshows oder FDP Veranstaltungen.
„Meine (öffnet in neuem Tab) So (öffnet in neuem Tab)rge (öffnet in neuem Tab) ist nicht (öffnet in neuem Tab), dass es #Digitalisierung gibt, sondern dass sie ohne uns stattfindet”, zitiert er den FDP-Chef.
Digitale Themen (öffnet in neuem Tab) sind auch Buschmann wichtig, beispielsweise digitale Bürgerrechte und Netzausbau, den Lindner mit der Privatisierung der Post (öffnet in neuem Tab) finanzieren will.
Die Grünen sieht Buschmannals Konkurrent um die Stimmen der SPD. Vor allem der „Linksruck der #SPD unter #Schulz treibt #FDP lauter neue Mitglieder zu”, schreibt Buschmann Ende Februar. Den SPD-Kandidaten kritisiert Buschmann (öffnet in neuem Tab) beispielsweise dafür, dass seine Partei nicht wie versprochen den Solidaritätszuschlag für Gering- und Normalverdiener abgeschafft habe. „#Merkel hat die Politik zu lange narkotisiert (öffnet in neuem Tab)“, paraphrasiert Buschmann Lindner und die CDU sei wirtschaftspolitisch ausgefallen (öffnet in neuem Tab).
Und auch Buschmann twittert vom Wahlkampf:
„Wow! #FDP-Bundesvorstand hat in Klausurtagung so viele programmatische Beschlüsse gefasst wie nie”.
Er freut sich über neue Mitglieder in der FDP (öffnet in neuem Tab) und kann positive Umfrageergebnisse zur Sonntagsfrage (öffnet in neuem Tab) posten. Mit „gib der Republik wieder Hoffnung (öffnet in neuem Tab)” in einem Schriftzug, der an „Star Wars“ erinnert, wirbt Buschmann für den Eintritt in die FDP.