Landwirtschaft 4.0: Im Spannungsfeld von Open Data und Datenkontrolle


Wie viele und welche Nährwerte enthält der Boden und wie hoch ist der Wasseranteil? Wie groß ist die Tomatenpflanze und wieviel Dünger bekommt sie? Wieviel Liter Milch gibt Kuh Erna und wieviel frisst sie? Im digitalen Zeitalter bilden diese und viele weitere Informationen eine riesige Datenlandschaft für Landwirte (öffnet in neuem Tab). Sie brauchen diese Daten um Produktionsentscheidungen zu treffen, aber auch um politische Auflagen einzuhalten. Zufrieden sind viele Bauern mit den Rahmenbedingungen der Landwirtschaft 4.0 aber noch nicht: Sie wünschen sich mehr Kontrolle über ihre eigenen Daten und leichteren Zugang zu den Daten staatlicher Stellen.
Dazu gehöre aber auch, dass die Behörden selbst Daten freigeben, sagt Thinus Glitz, Landwirt und Produktmanager bei Farmnet 365 (öffnet in neuem Tab).
„Es gibt Pflanzenschutzmittel, die darf ich laut Auflage nicht näher als fünf Meter an ein Gewässer spritzen, aber ich habe keine Datenbank, keine App, wo ich das abrufen kann“, sagt Glitz beim Tagesspiegel Trendfrühstück zur Landwirtschaft 4.0. „Ich kann Ihnen sagen wie die Datenbank heute politisch aussieht, da steht ‘fünf’ in Buchstaben drin, wie soll ich denn daraus eine Information stricken?“, fragt er weiter.
Auch der Deutsche Bauernverband (DBV) fordert von Bund und Ländern Open Data (öffnet in neuem Tab). Geo-und Wetterdaten oder topographische Karten, die bei den Behörden, zum Beispiel den Katasterämtern liegen, sollten „kostenfrei, zeitnah und vollständig zugänglich sowie maschinenlesbar“ verfügbar gemacht werden.
Eine ähnliche Diskussion gibt es bei den Universitäten. Prof. Dr. Uwe Schmidt (öffnet in neuem Tab) lehrt Biosystemtechnik (öffnet in neuem Tab) an der Humboldt Universität zu Berlin. Er spricht sich für Open-Science (öffnet in neuem Tab), aber auch einem „Umdenken in der Wissenschaft“ aus. „Wir sind angehalten, in hochkarätigen Forschungsjournals zu publizieren, in Englisch – das nützt dem Landwirt nichts“, sagt er beim Trendfrühstück. Die Wissenschaft müsse mehr mit Landwirten kooperieren, „anwendungsorientiert“ forschen und die Ergebnisse öffentlich und kostenlos zur Verfügung stellen.
Landwirte wünschen sich neutrale Plattformen
Um das zu erreichen möchte der CDU-Bundestagsabgeordnete Alois Gerig (öffnet in neuem Tab) eine „neutrale Plattform für Daten” einrichten. Die Politik würde diese “anschieben”, es gäbe aber noch viele Hausaufgaben zu machen:
„Da kommt die Datensicherheit ins Spiel: dass ich nicht will, dass als Landwirt jeder meine Daten verwenden kann, sondern ich will, dass meine Daten zentral abrufbar für mich verfügbar sind“,
sagt der Vorsitzende des Ausschusses für Landwirtschaft und Ernährung (öffnet in neuem Tab).
Auch im Positionspapier der CDU/CSU (öffnet in neuem Tab) bekräftig die Fraktion, sich für die Datenhoheit der Bauern einzusetzen. Die „Verwendung dieser Daten für Kontrollen durch die Agrar- oder Fachverwaltungen“ müsse die Zustimmung von Landwirten erfordern.