Tijen Onaran im Interview: „Ich netzwerke also bin ich!“

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Foto: Urban Zintel
Veröffentlicht am 29.10.2018
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„Making the world more digital and female“ – das ist Tijen Onarans Motto. Die professionelle Netzwerkerin ist Gründerin von Global Digital Women und bittet in der ganzen Republik Frauen aus der Digitalbranche zum „Afterwork“. Nebenbei ist Onaran Speakerin, Moderatorin und Publizistin. Der aktiven Politik hat Onaran zwar mittlerweile den Rücken gekehrt, politisch ist ihre Mission aber allemal. Frauen sind in der Digitalbranche stark unterrepräsentiert und zu wenige Frauen gründen Unternehmen. Dagegen hilft nur eins: Netzwerken und gegenseitiges Empowerment. Wobei die Politik trotzdem mit gutem Beispiel vorangehen könnte, hat Tijen Onaran im Interview mit UdL Digital erklärt.

Sie haben im Jahr 2016 den Verein Women in Digital gegründet und zwei Jahre später dann Global Digital Women. Für welche Ziele stehen Ihre Netzwerke jeweils? Was war Ihre persönliche Motivation sie zu gründen?

Meine persönliche Motivation bei allen Formaten, die ich ins Leben gerufen habe, ist der Glaube an die Kraft von Netzwerken! Verkürzt gesagt: „Ich netzwerke also bin ich!“. In einer Zeit, in der Berufsbilder und Karrierewege immer individueller und vielfältiger werden, ist es wichtiger denn je genau diesen Geschichten Raum zu geben. Menschen inspirieren Menschen!

Das Credo von Global Digital Women ist #bedigital, #thinkglobal. Warum ist es wichtig, digital zu sein und dabei global zu denken?

Es ist vor allem wichtig global zu denken, um digital zu handeln. Der Schlüssel zur erfolgreichen Digitalisierung liegt in meinen Augen in gelebter Diversität. Nur wenn unterschiedliche Menschen ihre Köpfe zusammenstecken, entsteht Innovation – und damit auch digitale Geschäftsmodelle.

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Global Digital Women bringt Frauen aus aller Welt, die in der Digitalbranche tätig sind, bei den #GlobalAfterwork Events zusammen. Inwiefern hilft die Vernetzung, Frauen in der Digitalwirtschaft voranzubringen?

Vernetzung ist der Karrieremotor schlechthin! Ob als Gründerin eines Start-ups oder Angestellte in einem Unternehmen: wer gut vernetzt ist, kann schneller auf Wissen zugreifen, selbst Wissen zur Verfügung stellen und damit die Sichtbarkeit erlangen, die es häufig für den nächsten Karriereschritt braucht. Im Kontext der Digitalisierung ist die Vernetzung sogar wichtiger denn je: denn es geht nicht mehr darum, dass eine Person der/die Gestalter/-in eines Projektes ist, sondern dass Teams Innovation vorantreiben und leben.

Vor allem im IT-Sektor sind Frauen stark unterrepräsentiert. In der weltweit größten Online-Gemeinde für Programmierer, Stack Overflow, liegt der Frauenanteil beispielsweise bei zehn Prozent. Was ist Ihre persönliche Erklärung dafür und was müsste die Politik tun, damit mehr Frauen programmieren?

Die Erklärungen warum es so wenig Frauen im IT-Sektor gibt, sind so divers wie die Meinungen zum Thema Programmieren. Zudem wird Programmieren in meinen Augen auch zum Mythos erhöht. Ja, Programmieren ist eine Zukunftskompetenz, aber eben eine und nicht die Entscheidende! Viel wichtiger ist doch, dass wir auch im IT-Sektor Diversität leben: es braucht Programmiererinnen, aber genauso braucht es auch Geisteswissenschaftlerinnen. Wichtig ist, dass beide Seiten die Sprache der jeweils anderen verstehen! Was die Politik tun kann? Wie wäre es mit bestem Beispiel voranzugehen und den Anteil von IT‘lerinnen in Ministerien, Verwaltungen sowie im Parlament zu erhöhen?

Unter den deutschen Startup-Gründern sind laut des Deutschen Startup Monitors 2017 nur 14,6 Prozent weiblich. Warum gründen Ihrer Ansicht nach Frauen so viel seltener Startups? Wie müssen sich die politischen Rahmenbedingungen verändern, damit Frauen mehr gründen?

Um unternehmerisch zu handeln, muss ich lernen unternehmerisch zu denken! Daher bin ich sehr dafür, dass Unternehmertum selbstverständlicher Bestandteil der Lehrpläne wird. Ein erster Schritt wäre schon getan, wenn mehr Gründerinnen und Gründer an Schulen ihre Geschichte teilen. Wie haben sie gegründet? Was lief gut, was nicht? Was oder wer hat ihnen geholfen? „If you can see it, you can bei it!“ – das gilt insbesondere auch für Unternehmertum und noch mehr für Unternehmerinnen. Wenn ich sehe, dass ein weibliches Vorbild ihren Weg als Unternehmerin gegangen ist, fühle ich mich als junges Mädchen auch inspiriert meine Idee zu verwirklichen! Und wir brauchen den Mut, mehr in Unternehmen zu investieren, die von Frauen gegründet werden. Aber die Diversität in der Venture Capital Szene ist wiederum ein vollkommen anderes Thema.

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