SPD fordert Gesetze: Fake News und Hasskommentare

Veröffentlicht am 20.12.2016

Mehrere SPD-Politiker haben in der letzten Sitzungswoche des Jahres gefordert, dass die Große Koalition noch in dieser Legislaturperiode weitere netzpolitische Gesetzesvorhaben auf den Weg bringen und beschließen soll. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann skizzierte in einem Interview mit dem „Spiegel“ Grundzüge eines Gesetzes gegen Fake News und Hasskommentare. Der netzpolitische Sprecher der SPD-Frakti­on, Lars Klingbeil, forderte Regeln zur Produkthaftung in Sachen IT-Sicherheit noch vor der Bundestagswahl zu beschließen.

„Produkthaftung ist für mich ein Punkt, der noch kommen muss. Das ist auch relevant für die Bewertung, die ich in acht Monaten treffen kann, ob wir im Bereich der IT-Sicherheit wirklich vorangekommen sind. Ich habe keine Lust, acht Monate nur Wahlkampf zu machen und nicht mehr zu arbeiten in der Koalition“,

sagte Klingbeil beim „Faktencheck Cyber Security“ der TÜV Nord Group am 14. Dezember in Berlin. Auch mehrere Unionspolitiker, darunter Bundesinnenminister Thomas de Maizière und der internetpoliti­sche Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thomas Jarzombek, hatten nach dem Hackerangriff auf Telekom- Router neue Haftungsregeln für IT-Produkte gefordert. Neu an Klingbeils Äußerungen ist, dass ein Sozialdemokrat jetzt mit einiger Vehemenz gesetzgeberi­sche Aktivitäten vom Koalitionspartner einfordert.

Gesetz gegen Fake News

Cybermobbing
Foto: CC-By 2.0 Flickr User Pro Juventute
Die Debatte um ein Einschreiten des Gesetzgebers gegen Fake News und Hasskommentare in sozialen Netzwerken hatte nach der US-Wahl schnell Deutschland erreicht. Ein ge­fälschtes Zitat der Grünen-Politikern Renate Künast, das an­geblich aus der Süddeutschen Zeitung stammen sollte, war mehrere Tage lang auf Facebook verbreitet worden. Sowohl Künast als auch die Süddeutsche Zeitung hatten bei Face­book die Löschung verlangt. Nach Künasts Angaben dauerte es drei Tage, bis Facebook reagiert hat.

Oppermann möchte Facebook jetzt eine bessere Erreichbar­keit und schnellere Reaktionszeiten gesetzlich vorschreiben:

„Ich will soziale Netzwerke, die eine Markt- und meinungs­beherrschende Stellung haben – und dazu gehören Facebook oder Twitter – gesetzlich dazu verpflichten, auf deutschem Boden eine an 365 Tagen im Jahr 24 Stunden erreichbare Rechtsschutzstelle einzurichten“, sagte Oppermann dem „Spiegel“.

An diese Stelle sollen sich Opfer von Fake News oder Hassbotschaften wenden können.

„Ich stelle mir das so vor: Wenn Betroffene ihre Rechtsverletzung dort glaubhaft machen können und Facebook die betroffene Meldung nicht unverzüglich binnen 24 Stunden löscht, muss Facebook mit empfindlichen Bußgeldern bis zu 500.000 Euro rechnen“, so Oppermann.

Zudem müsse es auf Wunsch der Betroffenen spätestens nach 48 Stunden eine Richtigstellung mit der glei­chen Reichweite geben.

Auf die Frage, wann das Gesetz kommen soll, antwortete Oppermann:

„Wir sind noch in einem frühen Stadium. Und klar: Ein solcher Vorschlag führt zu vielen Diskussionen. Es wird weitere Vorschläge geben. Heiko Maas ist federführend. Wir sollten noch vor der Wahl eine Lösung finden.“

Er sei sich im Grundsatz mit Bundesjustizminister Maas und dem CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden Volker Kauder einig, dass man eine härtere Gangart gegen Plattformen brauche, gerade auch gegen Facebook. Entscheidungen würden aber erst fallen, nachdem Maas im Januar die Ergebnisse eines Monitorings vorgelegt habe.

Auch aus der Union kommen Signale für Gesetzesänderun­gen, um Facebook stärker zu regulieren. Die stellvertretende CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Nadine Schön erklärte:

„Ziel muss es sein, dass in Deutschland das Telemediengesetz endlich umfassend Anwendung findet. Sollte Facebook dem nicht nachkommen, gilt es, das Telemediengesetz zu verschärfen.“

Anders als die Sozialdemokraten wollen CDU-Abgeordnete aber auch das Strafrecht ändern, um gegen die Urheber von Fake News vorzugehen. Der Vorsitzende des Innenausschusses im Bundestag Ansgar Heveling (CDU) sag­te der Rheinischen Post, es gebe zwar im Strafrecht bereits Möglichkeiten, etwa bei Verleumdung, er halte aber eine Strafverschärfung für sinnvoll, wenn es hierbei um einen gezielten Kampagnencharakter gehe. Ähnlich äußerten sich auch der Unions-Rechtspolitiker Patrick Sensburg und der Verteidigungspolitiker Henning Otte.

Justizminister Maas erinnerte dagegen in der „Bild am Sonn­tag“ (BamS) daran, dass Staatsanwälte und Richter auch mit den geltenden Gesetzen gegen Fake News vorgehen könnten:

„Verleumdung und üble Nachrede sind nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt. Das muss die Justiz auch im Netz konsequent verfolgen“, sagte Maas.

So drohte bei „übler Nachrede und Verleumdung einer Person des öffentlichen Lebens“ eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren. „Das sollte jedem klar sein, der versucht, mit solchen Lügen politische Debatten zu manipulieren. Den rechtlichen Rahmen sollten wir konsequent ausschöpfen“, so der Bundesjustizminister gegenüber der BamS. Die Opposition ist skeptisch, dass neue Strafgesetze gegen Fake News rechtsstaatlich umsetzbar sind.

„Wer bei der Problematik #FakeNews auf das Strafrecht setzt, steht einen Schritt vor der Einführung eines Wahrheits-Ministeriums“, schrieb der grüne Netzpolitiker Konstantin von Notz auf Twitter. Und auch Nutzer der sozialen Medien haben ihre Zweifel, ob eine solches Strafgesetz praktikabel anzuwenden ist. Nur halb scherzhaft fragten mehrere Twitter-User, ob dann auch die Satire-Seite „Der Postillon“ verboten werde.

Der vorstehende Artikel erscheint im Rahmen einer Kooperation mit dem Tagesspiegel Politikmonitoring auf UdL Digital. Sascha Klettke ist Chef vom Dienst und Analyst für Netzpolitik.

Schlagworte

Empfehlung der Redaktion