Mobilfunk einfach erklärt: Was bedeutet die Einführung von Cell Broadcast in Deutschland?

Veröffentlicht am 24.08.2021

Wie funktioniert der Mobilfunk? Wie kommt das, was ich sage, zu meinem Gesprächspartner am anderen Ende der Welt? Diese und andere Fragen wollen wir in unserer Serie „Mobilfunk einfach erklärt“ beantworten – heute: Was ist eigentlich Cell Broadcast und warum wird das in Deutschland nun eingeführt?

Die Bundesregierung hat am Mittwoch, 18. August, 2021 die Einführung von Cell Broadcast zur Bevölkerungswarnung in die Wege geleitet. Genau genommen hat das Kabinett eine Formulierungshilfe für die Koalitionsfraktionen zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) beschlossen, die dann im Bundestag eingebracht werden wird. Demnach sollen die Betreiber öffentlicher Mobilfunknetze dazu verpflichtet werden, technische und organisatorische Vorkehrungen für die Cell Broadcast-Technologie zu treffen, damit Warnmeldungen vor Katastrophen an alle Handys in betroffenen Gebieten versendet werden können.

Wie funktioniert Cell Broadcast?

Foto: Telefónica

Mit Hilfe der Cell Broadcast-Technologie können alle Mobilfunktelefone, die in einer Funkzelle eingebucht sind, eine Warnung per Textnachricht erhalten. Als Funkzelle bezeichnet man ein Gebiet, in dem das Signal vom Sendemast eines Mobilfunknetzes fehlerfrei empfangbar ist. Die Benachrichtigungen per Cell Broadcast werden dabei wie bei einem Rundfunksignal und ohne Kenntnis der Telefonnummern automatisch an die beim Sendemast zu diesem Zeitpunkt eingebuchten Geräte gesendet.

Da die Technologie in allen Mobilfunkstandards verankert ist (vom alten GSM bis zum aktuellen 5G), können auch Menschen ohne eine installierte Warn-App auf dem Smartphone oder mit älteren Handymodellen erreicht werden. Damit ist die Hoffnung verbunden, bei einer Katastrophe schnell, unkompliziert und anonym möglichst viele Menschen in einem betroffenen Gebiet warnen zu können. Zudem nimmt Cell Broadcast im Gegensatz zu SMS deutlich weniger Netzkapazitäten in Anspruch, wodurch ein in Krisensituationen schon überlastetes Netz geschont werden kann. Die Warnungen erreichen die Empfängergeräte allerdings nur, solange die Funkzellen senden und nicht durch extreme Bedingungen ausfallen. Wichtig ist auch, dass alle Endgeräte und deren Betriebssysteme die Warnungen zulassen, was derzeit der Fall ist.

Warum wird Cell Broadcast jetzt (erst) eingeführt?

Foto: Pixabay User antonbe und Elchinator | CC0 1.0 | Ausschnitt bearbeitet | Montage

Technisch gesehen ist Cell Broadcast bereits seit Jahrzehnten möglich, doch bisher hatte der politische Wille zur Nutzung gefehlt. Nach den immensen Hochwasserschäden durch Starkregen und Überflutungen in diesem Sommer ist dieser Wille nun da. So wurde die Änderung des Telekommunikationsgesetzes von der Bundesregierung am Mittwoch im Rahmen der „Aufbauhilfe 2021“ angekündigt. Zudem gibt es seit 2018 aber auch eine EU-Richtlinie, die alle Mitgliedstaaten verpflichtet, bis 2022 ein System aufzubauen, das Menschen per Handy vor Katastrophen warnt.

Bundesinnenminister Horst Seehofer betonte beim aktuellen Beschluss, dass Cell Broadcast vor allem als Ergänzung zu den bereits existierenden Warnmitteln wie Sirenen, Apps oder dem Rundfunk gedacht ist:

„Die Warnung der Bevölkerung muss klappen, auf allen Kanälen. Wenn man nachts geweckt wird, muss man sofort wissen, was passiert ist und wie man sich verhalten soll.“

Künftig soll es möglich sein, über das vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe betriebene Modulare Warnsystem (MoWaS) auch Cell Broadcast-Warnungen auszulösen. Der Aufbau und Betrieb des Systems soll über den Bundeshaushalt finanziert werden.

Und wann werden die ersten Warnungen verschickt?

Bis wir die angedachten Warnungen auf unseren Mobiltelefonen empfangen können, wird es allerdings noch etwas dauern. Zunächst müssen Bundestag und Bundesrat über die entsprechende Änderung des Telekommunikationsgesetzes beraten und abstimmen – was voraussichtlich Anfang September der Fall sein wird. Und auch die technischen Details der Umsetzung sowie die Absicherung des Systems gegen Missbrauch müssen noch zwischen der Bundesnetzagentur, dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik und den Mobilfunknetzbetreibern abgeklärt werden – wahrscheinlich bis Ende des Jahres. Wenn das geschehen ist, haben die Netzbetreiber bis zu zwölf Monate Zeit, das neue Warnsystem zu implementieren. Voraussichtlich Mitte bis Ende 2022 könnte Cell Broadcast dann einsetzbar sein.


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