KI-Enquete-Kommission: Die Messung von Erfolg

Foto: CC BY 2.0 Credit: ccPixs.com. Ausschnitt bearbeitet.
Veröffentlicht am 02.10.2018
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Am 27. September konstituierte sich die Enquete-Kommission KI des Bundestages. Die Kommission „Künstliche Intelligenz – Gesellschaftliche Verantwortung und wirtschaftliche, soziale und ökologische Potenziale“, wie sie vollständig heißt, soll Antworten auf die Vielzahl an technischen, rechtlichen, politischen und ethischen Fragen im Kontext von KI erarbeiten.

Hierzu hat das Gremium, bestehend aus 19 Bundestagsabgeordneten und 19 Experten, bis nach der parlamentarischen Sommerpause 2020 Zeit. Das letzte Jahr der Legislatur soll dann dazu genutzt werden, erste gesetzgeberische Schritte einzuleiten. Die Kommission wird von der Sprecherin für Verteilungsgerechtigkeit und soziale Integration der SPD-Fraktion, Daniela Kolbe, geführt. Stefan Sauer (CDU) ist ihr Stellvertreter. Weitere Mitglieder und Experten der Kommission sind:

Ordentliche Mitglieder:

CDU/CSU: Christoph Bernstiel, Hansjörg Durz, Ronja Kemmer (Obfrau), Jan Metzler, Stefan Sauer (stv. Vorsitzender), Prof. Dr. Claudia Schmidtke, Andreas Steier

SPD: Saskia Esken, Daniela Kolbe (Vorsitzende), Falko Mohrs, René Röspel (Obmann/Sprecher)

AfD: Dr. Marc Jongen, Uwe Kamann (Obmann)

FDP: Mario Brandenburg (Obmann), Daniela Kluckert

Die Linke: Dr. Petra Sitte (Obfrau), Jessica Tatti

Bündnis 90/Die Grünen: Dr. Anna Christmann (Obfrau), Dieter Janecek

Stellvertretende Mitglieder:

CDU/CSU: Axel Knoerig, Ulrich Lange, Jana Schimke, Tankred Schipanski, Nadine Schön, Tino Sorge, Marcus Weinberg

SPD: Dirk Heidenblut, Arno Klare, Siemtje Möller, Dr. Jens Zimmermann

AfD: Joana Cotar, Dr. Götz Frömming

FDP: Carl-Julius Cronenberg, Manuel Höferlin

Die Linke: Anke Domscheit-Berg, Alexander Ulrich

Bündnis 90/Die Grünen: Dr. Danyal Bayaz, Tabea Rößner

Sachverständige:

Ernannt von der CDU/CSU-Fraktion:

Susanne Dehmel (Mitglied der Geschäftsleitung Recht & Sicherheit, Bitkom), Prof. Dr. Wolfgang Ecker (Leiter, iCommunity Deep Learning – Infineon), Prof. Dr. Alexander Filipović (Professor für Medienethik, Hochschule für Philiosopie München),Dr. Tina Klüwer (Geschäftsführerin und Mitgründerin, parlamind), Prof. Dr. Antonio Krüger (Professor für Künstliche Intelligenz im Handel, Universität des Saarlandes), Prof. Dr. Jörg Müller-Lietzkow (Professor für Medienökonomie und Medienmanagement, Universität Paderborn), Dr. Sebastian Wieczorek (Leiter, Leonardo Machine Learning Foundation – SAP)

Ernannt von der SPD-Fraktion:

Prof. Dr.-Ing. Sami Haddadin (Professor für Robotik und Systemintelligenz. TU München), Jan Kuhlen (Rechtsanwalt und Mitglied bei D64), Lena-Sophie Müller (Geschäftsführerin, D21), Lothar Schröder (Mitglied des Vorstands, ver.di; stv. Aufsichtsratsvorsitzender Deutsche Telekom)

Ernannt von der AfD-Fraktion:

Prof. Dr. Boris Hollas (Professor für Künstliche Intelligenz und Theoretische Informatik, HTW Dresden), Prof. Dr. Knut Löschke (Honorarprofessor für „Kultur und Ethik des Unternehmertums“, HTWK)

Ernannt von der FDP-Fraktion:

Dr. Aljoscha Burchardt (Lab Manager, Language Technology Lab des DFKI), Andrea Martin (Chief Technology Officer, IBM Deutschland, Österreich und Schweiz)

Ernannt von der Fraktion die Linke:

Dr. Florian Butollo (Leiter, Forschungsgruppe „Arbeit in hoch automatisierten digital-hybriden Prozessen“ – „Weizenbaum Instituts für die vernetzte Gesellschaft“), Prof. Dr. Katharina Zweig (Professorin für Graphentheorie und Analyse komplexer Netzwerke, TU Kaiserslautern)

Ernannt von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen:

Prof. Dr. Hannah Bast (Professorin für Algorithmen und Datenstrukturen, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg), Dr. Stefan Heumann. (Mitglied des Vorstands, Stiftung Neue Verantwortung)

Kommissionsarbeit

Welche die Arbeitsschwerpunkte der Kommission sein sollen, ist noch nicht abschließend geklärt. Die Parteien haben dazu unterschiedliche Auffassungen. So wollen die Grünen den Bürgern mögliche Sorgen vor der Künstlichen Intelligenz nehmen und deswegen auch die Gründung einer gemeinwohlorientierten Stiftung ähnlich der Nesta in Großbritannien anstreben. Dieter Janecek, Sprecher für digitale Wirtschaft und digitale Transformation der Grünen erklärt, dass ein entsprechender Antrag bis Ende des Jahres eingebracht werden soll. Auch einen eigenen Think Tank zu KI wollen die Grünen aufbauen, der erste Termin mit einer Expertenanhörung ist für den 5. November geplant. Dort, wie auch in der Enquete-Kommission, strebt Janecek an,

„die Widersprüche der KI zu beschreiben und die riesigen Chancen der Technologie in Handlungsempfehlungen zu bringen, die sozial und nachhaltig sind“.

Petra Sitte, innovationspolitische Sprecherin der Linksfraktion, will in der Kommission einen besonderen Schwerpunkt darauf setzen, zu untersuchen welche Folgen KI für die Arbeitswelt haben wird. Dabei müsse auch das Thema „Computerdividende“ diskutiert werden: „Wenn durch den zunehmenden Einsatz von KI immer weniger Menschen immer mehr produzieren, müssen die sozialen Sicherungssysteme entsprechend gestärkt werden“, sagte sie.

„Wir brauchen eine gemeinwohlorientierte KI.“

Aber eben auch eine Regulierung, die Deutschland weiterhin wettbewerbsfähig macht. „Wir haben Glück, dass wir irgendwann mal das Auto erfunden haben, langsam muss da aber mal was Neues kommen“, sagt Mario Brandenburg, der technologiepolitische Sprecher der FDP, der selber Informatiker ist. Start-ups müssten deshalb nicht nur gute Förderung, sondern auch die Freiheiten bekommen, die sie beispielsweise  in den USA oder der Schweiz haben könnten.

Der Start der Enquete ist nach Meinung von Daniela Kolbe,

„der späteste Zeitpunkt, um noch gestaltend eingreifen zu können“.

Den Zeitplan bis Herbst 2020 findet sie „ambitioniert, aber machbar.“ Doppelarbeit mit anderen Gremien, wie der Datenethikkommission der Regierung, will sie vermeiden und sich deshalb entsprechend mit deren Mitgliedern austauschen.

Für den 15. Oktober ist eine Klausurtagung der Enquete-Kommission geplant, bei der auch Arbeitsgruppen gebildet werden sollen. Die erste reguläre Sitzung steht am 5. November an, anschließend sind zunächst monatliche Treffen geplant. Diese werden sich aber wahrscheinlich auf jede Sitzungswoche ausweiten, um den Zeitplan einhalten zu können.

Studie zu KI-Strategien

Auseinandersetzen werden sich die Abgeordneten und Experten der Kommission im Dezember auch mit der KI-Strategie der Bundesregierung, die im Dezember vorgestellt werden soll, und deren Eckpunkte schon am 18. Juli veröffentlicht wurden. Bisher wird bei der Förderung von KI von einem Betrag von 100 bis 300 Millionen Euro gesprochen. Die Staatsministerin für Digitalisierung Dorothee Bär verriet bei einer Veranstaltung am 26. September, dass Angela Merkel mit dieser aber noch nicht zufrieden sei und „noch eine Schippe drauf gelegt“ werden solle.

Andere Staaten, wie China, Großbritannien oder Frankreich, sind in der Entwicklung einer KI-Strategie schon weiter als Deutschland. Die Stiftung Neue Verantwortung (SNV) hat am 26. September ein Papier veröffentlicht, in dem sie überprüft, wie in diesen Ziele definiert und deren Einhaltung gemessen wird. Denn nach Auffassung der Stiftung wird die KI-Strategie der Bundesregierung nur dann ein Erfolg, wenn sie klare Zielsetzungen, Handlungsmaßnahmen und Erfolgskriterien enthält. Um klare Vorgaben zu machen, wie etwa eine bestimmte Anzahl von auszubildenden KI-Experten, bräuchte es laut Stiftung eine tiefgreifende Befassung mit dem KI-Begriff. Diese fehle aber im momentanen politischen Diskurs. Doch auch die anderen Länder scheinen sich mit der Definition von klaren Zielen in ihren KI-Strategienschwer zu tun. Nur Großbritannien definiert konkret, wie viele KI-Wissenschaftler es ausbilden oder ins Land lassen möchte. Die meisten Länder bleiben abstrakt und Vage in der Frage, wie sie ihre Strategie umsetzen wollen. Schon allein Angaben, wie die Höhe der Haushaltsmittel, die veranschlagt werden sollen, fehlen. Deutschland besitze jetzt die Chance, sich mit seiner Strategie positiv abzusetzen. Als eine Idee wird von der SNV der Aufbau eines Monitorings oder Benchmarkings durch ein unabhängiges Forschungsinstitut ins Gespräch gebracht.

KI-Leitlinien des eco

Doch nicht nur die SNV beschäftigt sich momentan mit der KI-Strategie. Auch der Verband der Internetwirtschaft (eco) hat die Gründung der Enquete-Kommission zum Anlass genommen, um Leitlinien zum Umgang mit KI vorzustellen. Darin fordert der Verband unter anderem einen europaweit einheitliche Regeln für den Einsatz von KI. Gleichzeitig warnt er aber vor einer Überregulierung des Marktes, bevor dieser überhaupt richtig angelaufen sei. Stattdessen sollte die Bundesregierung lieber ein innovationsfreundliches Klima erzeugen. Das soll auch durch das mitnehmen der Bevölkerung gelingen. Um das zu erreichen fordert der eco, dass die Vermittlung von Basiswissen über KI Teil des öffentlichen Bildungsauftrags wird. Dadurch könne auch gleich der Fachkräftemangel in der Sparte abgemildert werden.

Der vorstehende Artikel erscheint im Rahmen einer Kooperation mit dem Tagesspiegel Politikmonitoring auf UdL Digital. Martin Müller ist Analyst für Digitalpolitik.  

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