Digitalpolitik: Bundesregierung beschließt Blockchain-Strategie

Foto: CC0 1.0, Pixabay User geralt | Ausschnitt angepasst
Veröffentlicht am 05.10.2019

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Die Bundesregierung hat ihre Blockchain-Strategie vorgestellt. Mit ihr will sie Deutschland technologisch zukunftsfähig aufstellen. Ein Katalog aus 44 Maßnahmen zeigt die Handlungsfelder auf – ein besonderer Fokus liegt dabei auf der Energiewirtschaft. Denn mit der innovativen Technologie soll die Energiewende vorangetrieben werden.

Mit ihrer Blockchain-Strategie möchte die Bundesregierung einen Rahmen für die Technologie als „Baustein für das Internet der Zukunft“ schaffen. Innovationen sollen genutzt werden, jedoch werden Grenzen deutlich. So erteilt die Regierung Stablecoins, wie der von Facebook geplanten Libra, eine Absage. Sie sollen keine Alternative zu staatlichen Währungen werden, heißt es, dafür wolle sich die Bundesregierung auf europäischer und internationaler Ebene einsetzen.

Das Kabinett hat die Blockchain-Strategie am Mittwoch, den 18. September, beschlossen. Der vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) und dem Bundesministerium der Finanzen (BMF) vorgelegte Plan macht fünf Handlungsfelder aus, für die ein Katalog aus insgesamt 44 Maßnahmen aufgeführt wird. Diese will die Bundesregierung bis Ende 2021 umsetzen, „um die Chancen der Blockchain-Technologie zu nutzen und ihre Potentiale zu mobilisieren“. Schwerpunkte sind der Finanzsektor (1), die Förderung von Innovationen durch Projekte und Reallabore (2), Rahmenbedingungen für Investitionen (3), digitale Verwaltungsdienstleistungen (4) und die Verbreitung von Wissen sowie Vernetzung und Zusammenarbeit (5).

Foto: CC BY-SA 2.0 Flickr User BriYYZ. Bildname: View of the Plenary Chamber of the Bundestag from the Dome of the Reichstag. Reconstruction design by Norman Foster. Ausschnitt bearbeitet

Unter Blockchain versteht die Bundesregierung allgemein dezentral geführte informationstechnische Systeme, bei denen Werte, beispielsweise Währungen, direkt zwischen den Teilnehmern ausgetauscht werden können (Synonym für Distributed-Ledger-Technologien). Die Verifizierung erfolgt dezentral und alle Teilnehmer haben Zugriff auf den Status und auf eine überprüfbare Historie der vorgenommenen Transaktionen. Die Transaktionen werden zu Blöcken zusammengefasst und miteinander verknüpft.

Acht prioritäre Maßnahmen

Bei den Maßnahmen greift die Bundesregierung acht heraus, die Priorität haben sollen. Im Finanzsektor soll etwa das deutsche Recht für elektronische Wertpapiere geöffnet werden. Bisher müssen Wertpapiere, auch wenn sie nur elektronisch gehandelt werden, in Papierform vorgehalten werden. Diese Aufgabe übernimmt die Deutsche-Börse-Tochter Clearstream als Zentralverwahrer. Zunächst soll sich die Öffnung auf Anleihen beschränken. Zur Einführung der elektronischen Aktie und Investmentfondsanteile will die Regierung noch in diesem Jahr einen Gesetzentwurf veröffentlichen.

Als vorrangiger Punkt ist zudem ein Gesetzentwurf zur Regulierung des öffentlichen Angebots bestimmter Krypto-Token geplant. Der wohl bekannteste Krypto-Token ist Bitcoin. Durch die Digitalwährung erhielt die Blockchain-Technologie, auf der Bitcoin basiert, international Aufmerksamkeit. Insgesamt listet der Kryptomarktplatz CoinMarketCap aber mehr als 2800 Kryptowährungen auf.

Hohen Stellenwert hat im Themenfeld Innovationen die Maßnahme, Hochschulzertifikate mit Blockchain zu verifizieren. Außerdem soll eine Blockchain-basierte Anbindung von Energieanlagen an eine öffentliche Datenbank vorangetrieben werden. Intelligente Stromzähler (Smart-Meter-Gateways) sollen vernetzt werden und so für eine möglichst clevere Verteilung sorgen, die die Stromproduktion der eigenen Solaranlage, Bedarfe und Überkapazitäten berücksichtigt. Dazu hatte die Bundesregierung im Mai bereits eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben, die Ende des Jahres veröffentlicht werden soll. Sollte diese positiv ausfallen, kann die Projektphase 2020 beginnen. Für die Projektförderung allgemein ist zudem Nachhaltigkeit ein wichtiges Entscheidungskriterium.

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Bei Rahmenbedingungen für Investitionen gilt die Priorität einem „Round Table“ zum Thema Blockchain und Datenschutz. Dazu soll das Format des Runden Tischs zu den Anforderungen der Datenschutz-Grundverordnung genutzt werden. Im ersten Halbjahr 2020 sollen sich Wirtschaft und Behörden mit Vertretern der Nutzerseite und zivilgesellschaftlichen Organisationen über Fragen des Datenschutzes austauschen. Bei digitalen Verwaltungsdienstleistungen liegt der Fokus zunächst auf einem Pilotprojekt für Blockchain-basierte digitale Identitäten, das prüfen soll, ob diese einen „klaren Mehrwert gegenüber bestehenden Lösungen“ bringen und dem Datenschutz gerecht werden. Ein digitaler Nachweis über die persönliche Identität wird beispielsweise bei Online-Geldüberweisungen benötigt. Die Bundesregierung kündigt zudem eine Dialogreihe zur Blockchain-Technologie an.

Energie & Klima: Blockchain für die Energiewende

In der Praxis soll Blockchain unter anderem in der Energiewirtschaft erprobt werden.

„Hier können wir doppelt punkten, indem wir in Pilotprojekten die Chancen der Blockchain-Technologie nutzen und gleichzeitig die Digitalisierung der Energiewende vorantreiben“, sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU).

Neben dem als prioritär eingestuften Punkt der Anbindung von Energieanlagen (Smart-Meter-Gateways) an eine öffentliche Datenbank will die Bundesregierung die Forschung, Entwicklung und Demonstration von Blockchain in der Energiewirtschaft fördern. Im Fokus steht dabei insbesondere die Energieeffizienz, denn derzeit könne mit der Technologie „ein erheblicher zusätzlicher Strom- und Ressourcenverbrauch“ einhergehen. Für eine Gesamteinschätzung fehlten jedoch noch Erfahrungen. Derzeit laufen mehrere Projekte, wie das 7. Energieforschungsprogramm, die „Smart Service Welt II„, die Anwendungsfälle, wie Blockchain-basierte virtuelle Großspeicher für PV-Anlagenbetreiber testet, das Förderprogramm „SINTEG-Schaufenster Intelligente Energie“ und das Kopernikus-Projekt „ENSURE – Neue Netzstrukturen„.

Außerdem will die Regierung ein „technologieübergreifendes Pilotierungslabor für den Bereich Energie etablieren“. Energiewirtschaft, Gesellschaft und Behörden sollen anhand ausgewählter Anwendungsfälle „systematische Effizienzgewinne“ untersuchen und Technikfolgeabschätzungen vornehmen. Dabei sollen andere, neue Technologien (KI, Big Data) einbezogen werden.

Großes Potential sieht die Regierung in der Energiewirtschaft für Smart Contracts. Smart Contracts sind „intelligente“, digitale Verträge, die Vertragsbeziehungen automatisieren können. So wird bei Eintritt eines Ereignisses (Lieferung von Strom) ein zweites ausgelöst (Bezahlung). Für die Energiewirtschaft soll ein eigenes Smart-Contract-Register aufgebaut werden. Gemeinsam mit der Deutschen Energie-Agentur (dena) wird eine öffentliche, frei zugängliche Plattform entwickelt.

Daten im Energiesektor sollen zudem leichter verfügbar werden. Die Bundesregierung plant ein Pilotprojekt für eine Datenplattform, die Herkunft und Konzentration von CO2 in einem Stadtgebiet visualisiert. Wie dies im Einklang mit der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) geschehen kann, soll überprüft werden. Die Nachhaltigkeit der Projekte ist dabei ein übergeordnetes Ziel. Darüber hinaus will die Bundesregierung eine staatliche Förderung ökologisch nachhaltiger Blockchain-Anwendungen prüfen. Untersucht werden soll auch, wie die Transparenz in Liefer- und Wertschöpfungsketten durch Blockchain erhöht werden kann.

Logistik: Digitale Warenströme

Auch die Logistik wird als Reallabor zum Test von Blockchain angesehen. Die Erforschung und Entwicklung von „effektiven Governance-Strukturen“ soll in der Logistik-Industrie gefördert werden. Im Fokus stehen Anwendungen im Zusammenhang mit Prozessabläufen und Smart-Contract-Ansätzen, die beispielsweise in der Seefahrtslogistik (Projekt „Sofia“) praktisch zum Einsatz kommen. Unterstützt werde die „lückenlose digitale Abbildung der Warenströme und Frachtpapiere“. Daneben werden Verbundprojekte zur Risikovermeidung im Lieferketten-Management sowie zur Transparenz- und Qualitätssicherung gefördert.

Auf europäischer Ebene beteiligt sich die Bundesregierung am Aufbau einer Europäischen Blockchain Services Infrastruktur (EBSI). Anfang 2020 sollen erste Anwendungsfälle abgebildet werden.

Etwas vage klingt der Plan, Blockchain in der Fahrzeughaltung anzuwenden.

„Die Bundesregierung erwägt, ein Projekt aufzulegen, mit dem geprüft wird, ob ein Blockchain-basiertes System dazu beitragen könnte, Fahrzeugdaten beinhaltende Systeme miteinander zu verknüpfen (…)“, heißt es.

Das Projekt ist auf die nächsten sechs Jahre angelegt.

Weitere Anwendungsfelder

Als weitere Anwendungsgebiete für Blockchain werden zum Beispiel das Gesundheitswesen, die Verwaltung, das Gesellschafts- und Genossenschaftsrecht und die Kreativwirtschaft genannt. Den Wissensaustausch über die Blockchain-Technologie will die Bundesregierung fördern und die Weiterverwendung offener Daten verbessern. Dazu sollen bestehende Open-Data-Initiativen ausgebaut werden.

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