Breitbandausbau: Technologieoffen und verzahnt

Veröffentlicht am 30.06.2015

Im Rahmen der Reihe „Wirtschaftsgespräche der CDU/CSU-Bundestagsfraktion“ diskutierten am 08.06.2015 Unternehmensvertreter mit Vertretern der Bundesregierung und der Unionsfraktion über „Breitbandausbau – Deutschl@nd digital vernetzt“. Nach einer Begrüßung durch den AG-Vorsitzenden Ulrich Lange räumte Volker Kauder in seiner Eröffnungsrede mit dem Missverständnis auf, dass Kabelverbindungen sicherer seien als Funkverbindungen und verwies auf den Cyberangriff auf den Deutschen Bundestag. Der Breitbandausbau müsse deshalb ernsthafter mit der Datensicherheit verknüpft werden, warnte Kauder. Im Zentrum der Rede des Fraktionsvorsitzenden stand allerdings der Aufruf zur digitalen Aufholjagd. Unterstützung gebe es dafür von der Politik durch den geplanten Breitbandausbau. Davon sollen insbesondere die Mittelständler in den ländlichen Regionen profitieren.

Bundesförderprogramm zum Ende der Sommerpause

Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Verkehr und Digitale Infrastruktur (BMVI), Dorothee Bär, knüpfte in ihrem Statement an diese Forderung an und kündigte ein Bundesförderprogramm an, sobald die Erlöse aus der laufenden Frequenzversteigerung im Mobilfunk feststehen. Während Bär hervorhob, dass Deutschland das erste Land der EU sei, das die Digitale Dividende II vergebe, stellte sie mit Blick auf die Bundesländer fest, dass der Ehrgeiz bei der Nutzung der Mittel unterschiedlich sei. Für den Bund mache das die Verteilung der Mittel schwierig.

Rainer Bomba, Staatssekretär im BMVI, berichtete von den Erfahrungen, die das Ministerium bei den betroffenen Bürgern im Rahmen der durchgeführten Regionalkonferenzen sammeln konnte. Zudem kündigte er die Vorlage der Förderrichtlinie zum Ende der parlamentarischen Sommerpause an. Diese werde so gestaltet sein, dass sie die Bundesförderung mit der Landesförderung verzahne. Die Bewertung der Förderkriterien soll nach einem Scoring-Modell erfolgen. Der Entwurf sei laut Bomba im Grunde fertig und müsse jetzt nur noch innerhalb des Kabinetts abgestimmt werden. Neben der finanziellen Förderung – der Bund stellt zusätzlich zu den Einnahmen aus der Versteigerung 1,1 Milliarden Euro zur Verfügung – müsse aber auch an anderen Stellen, beispielsweise im Baurecht nachjustiert werden, damit nur noch Glasfaserkabel verbaut werden dürfen. Einen positiven Effekt verspricht sich Bomba auch von der Umsetzung der im April 2014 im EU-Parlament beschlossenen Richtlinie über Maßnahmen zur Kostenreduzierung beim Ausbau von Hochgeschwindigkeitsnetzen für die elektronische Kommunikation.

Vectoring gegen FTTH

Ein Beispiel aus der Praxis brachte Landrat Sven Hinterseh aus dem Schwarzwald-Baar-Kreis in die Diskussion ein. Um den Handlungsbedarf beim Breitbandausbau zu evaluieren, hat der Landkreis vor vier Jahren gemeinsam mit der Hochschule Furtwangen den Status Quo in der Region erhoben und dabei festgestellt, dass der Ausbaubedarf 300 km beträgt, davon rund 200 km Neubau. Insgesamt sollen am Ende des Projektes 60.000 Gebäude ans Glasfasernetz angeschlossen werden. Die Kosten von rund 130 Million Euro für die Erschließung sollen teils auf die Verbraucher in Form einer Anschlussgebühr in Höhe von 1.000 bis 2.000 Euro umgelegt werden.

Die geladenen Unternehmensvertreter, Norbert Westfal (Geschäftsführer EWE Tel GmbH), Marcus Isermann (Leiter Politische Interessenvertretung Regulierung und Bundesländer der Deutschen Telekom), Dr. Christoph Clément (Mitglied der Geschäftsleitung, Bereich Legal, Regulatory & Corporate Security, Vodafone Deutschland) und David Zimmer (Geschäftsführer, Inexio Informationstechnologie und Telekommunikation KGaA) bemühten sich darum, in zwei Diskussionsrunden Fragen nach Ausbaustrategien und Techniknutzung zu beantworten. Ob nun Vectoring oder eine andere technische Lösung zum Zuge kommen wird, blieb weiter offen. Isermann machte in seinem Vortag allerdings deutlich, dass FTTH bis 2018 nicht möglich sei, da dies mit Kosten von bis zu 90 Milliarden Euro verbunden wäre. Für ihn ist die Vectoring-Technologie nach wie vor „State of the Art“, da zudem die Ausbau-Option für ein „Super-Vectoring“ mit 250 MBit/s besteht. Hierfür müssten lediglich vier Milliarden jährlich investiert werden. Sollte die Bundesnetzagentur den im Februar gestellten Antrag auf Vectoring „im sogenannten Nahbereich eines Hauptverteilers“ bewilligen, könnten nach Angaben der Telekom kurzfristig bis 2018 rund 80 Prozent der Haushalte mit Breitband versorgt werden. Diese Forderung trifft jedoch auf erbitterten Widerstand der Mitbewerber.

Förderrichtlinie ohne übertriebene Kriterien

Einig waren sich die Referenten in der abschließenden Diskussion bei den grundsätzlichen Anforderungen an eine Förderrichtlinie. Finanzielle Unterstützung sollte „ultima ratio“ für ausgewiesene Bedarfsgebiete sein. Zudem sollte die Ausschreibung allen offenstehen, alle Modelle – Deckungslücken- sowie Betreibermodell – fördern und nicht übertriebene Kriterien definieren.

Günther Oettinger, EU-Kommissar für Digitale Wirtschaft und Gesellschaft, machte in seinem abschließenden Impulsreferat noch einmal klar, dass Deutschland auch zukünftig den Ehrgeiz haben müsse, in allen Gliedern der Wertschöpfungskette vertreten zu sein. Neben dem Breitbandausbau biete auch die Erweiterung des deutschen auf einen europäischen Binnenmarkt die Chance auf eine bessere Positionierung im internationalen Wettbewerb.

Der vorstehende Artikel erscheint im Rahmen einer Kooperation mit dem Tagesspiegel Politikmonitoring auf UdL Digital. Nadine Brockmann ist als Analystin für das Themenfeld Netzpolitik verantwortlich.

 

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