BNetzA: Blockchain in den Netzsektoren

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Veröffentlicht am 10.07.2020

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Wer über die Zukunft der Digitalisierung diskutiert, kommt an einem Begriff nicht vorbei: Blockchain. Die Bundesnetzagentur hat deshalb verschiedene Stakeholder um Stellungnahme gebeten und die Erkenntnisse zum Einsatz der Technologie in den Netzsektoren zusammengefasst. Das Ergebnis: Im Telekommunikationsbereich wird die Technologie bereits in mehreren Projekten erprobt, besonderes Interesse zeigt zunächst jedoch vor allem der Energiesektor.

Beim Thema Blockchain denken viele unmittelbar an Kryptowährungen wie Bitcoin. Die auf dezentraler Speicherung basierende Technologie bietet allerdings noch weit mehr Anwendungsmöglichkeiten. „Grundsätzlich kann jeder Prozess, der digital darstellbar ist, mithilfe einer Blockchain abgebildet werden“, heißt es in einem Diskussionspapier der Bundesnetzagentur (BNetzA) zu Potenzialen und Herausforderungen der Blockchain-Technologie in den Netzsektoren Energie und Telekommunikation. Die Behörde hatte das Papier im November 2019 vorgelegt und bis Mitte Januar die Meinungen verschiedener Interessensvertreter*innen eingeholt. Am 30. Juni veröffentlichte die BNetzA nun die Stellungnahmen von 20 Unternehmen, sieben Verbänden und einer Forschungseinrichtung.

Die Technologie befinde sich „noch in einem recht frühen Entwicklungsstadium, fasst BNetzA-Präsident Jochen Homann die Ergebnisse der Stakeholder-Anhörung zusammen. „Im Wesentlichen werden in den Netzsektoren derzeit Pilotprojekte durchgeführt und Konzepte zum Einsatz der Technologie erarbeitet. Vereinzelt werden bereits marktreife Anwendungen eingesetzt.“

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Der große Vorteil für die Netzsektoren liege darin, dass mithilfe der Blockchain Transaktionen „direkt, transparent und manipulationssicher“ durchgeführt werden können, schreibt die BNetzA in ihrer Zusammenfassung. Die Technologie sei dadurch sehr sicher vor Manipulationen und schaffe Vertrauen zwischen verschiedenen Akteuren, zum Beispiel bei der automatischen Abwicklung von Geschäftsprozessen mittels sogenannter „Smart Contracts“. In erster Linie würden in den Netzsektoren private Blockchain-Architekturen angewandt, öffentliche Blockchains seien kaum anzufinden.

Blockchain in der Telekommunikation

Im Telekommunikationssektor gibt es laut den Teilnehmer*innen der Konsultation bereits eine Reihe von Pilotprojekten. So entwickeln Anbieter unter anderem „Blockchain-as-a-Service-Dienste“ für Dritte. Telekommunikationsunternehmen erarbeiten dabei Konzepte für „Blockchain-Ökosysteme“ im „B2B“-Bereich, also für Geschäftsbeziehungen zwischen zwei oder mehr Unternehmen. Zu den Leistungen zählen zum Beispiel die Bereitstellung von sicheren Hardwareinfrastrukturen und Speicherkapazitäten. Außerdem können „Mehrwertdienste wie Datenschnittstellen, Datenmigrationen, rechtssichere digitale Identitäten und qualifizierte elektronische Signaturen“ angeboten werden.

Ein weiterer Anwendungsbereich für den Sektor sei die Abwicklung von Zahlungen zwischen Telekommunikationsanbietern. Auf Basis von „Smart Contracts“ könnten zum Beispiel Abrechnungen zwischen verschiedenen Unternehmen im Bereich Roaming automatisch durchgeführt werden. Dies führe zu weniger Fehlern und mache die Zahlungsprozesse leichter nachvollziehbar. Auch im Internet der Dinge könnten Transaktionen mithilfe von Blockchain sicherer und automatisiert ablaufen – „Akteure, Maschinen und Ressourcen“ könnten so manipulationssicher identifiziert werden.

Die Unternehmen und Organisationen äußerten zwar keine Bedenken zu regulatorischen Hemmnissen im Telekommunikationsrecht, im Bereich der Finanzregulierung seien jedoch Anpassungen nötig. Vor allem müsste „rechtliche Klarheit“ zu Blockchain-Anwendungen wie „Token, Digital Assets und Krypto-Währungen“ geschaffen werden. Eine weitere Herausforderung für den Telekommunikationssektor sei die Vereinbarkeit der Blockchain-Technologie mit dem Datenschutz.

Großes Potential für den Energiesektor

Auch wenn es bereits mehrere Projekte im Telekommunikationsbereich gibt, bezog sich der Großteil der Stellungnahmen (22 von 28) auf Anwendungen im Energiebereich. Vorteile durch Blockchain werden unter anderem bei der Grün- und Regionalstromzertifizierung (Herkunftsnachweise) erwartet. Potenzial gebe es aber auch für Peer-to-Peer-Stromhandelsmodelle“. Das sind Geschäftsbeziehungen zwischen Stromkund*innen und „Prosumern“, also Akteuren, die sowohl Strom produzieren als auch konsumieren. Außerdem könnte die Blockchain-Technologie bei der Marktkommunikation helfen, Abrechnungsprozesse im Bereich der E-Mobilität erleichtern und bei der Bereitstellung und Abrechnung von Systemdienstleistungen Anwendung finden.

Die Konsultationsteilnehmer*innen aus dem Energiesektor bemängeln allerdings fehlende Anreize im Regulierungsrahmen, neue Technologien einzusetzen. Außerdem gäbe es „technisch-regulatorische Vorgaben“, die zum Beispiel eine direkte Kommunikation zwischen intelligenten Messsystemen und Blockchains ausschließen. Die BNetzA hält dem entgegen, dass „Innovationen in aller Regel ein ‚Marktthema‘ sind“.

Auf die Sektoren Post und Eisenbahn, die auch unter die Verantwortung der BNetzA fallen, bezogen sich die eingereichten Stellungnahmen dagegen kaum. Hier scheine die Technologie „noch eine deutlich untergeordnete Rolle zu spielen“. Ein mögliches Anwendungsgebiet für die Post sei das Supply-Chain-Management, für den Eisenbahnsektor unter anderem die Übertragung von Fahrbefehlen.

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Wie sich die Erprobung von Blockchain in den Netzsektoren entwickelt, will die BNetzA weiter beobachten. Der Austausch mit Marktteilnehmer*innen zu spezifischen Themen soll deshalb ebenfalls fortgesetzt werden. Interessierte Akteure können Themenvorschläge einsenden. Die Behörde will dann eine Auswahl vornehmen und über das weitere Vorgehen informieren.

Elektronische Patientenakte und digitaler Euro

Die Blockchain-Technologie findet aber auch über die Netzsektoren hinaus in anderen Bereichen Aufmerksamkeit. Im Gesundheitssektor etwa gehen mit der Einführung der elektronischen Patientenakte datenschutzrechtliche Bedenken einher. Denen soll mit Hilfe von Blockchain-Anwendungen entgegengewirkt werden. Im Rahmen des vom Bundesforschungsministerium (BMBF) geförderten Projekts BloG³ zum Beispiel wird seit März 2020 ein „blockchain-basiertes dezentrales Daten- und Rechteverwaltungssystem“ getestet, mit dem verteilte Daten zu onkologischen Patient*innen in einem individuellen Gesundheitsprofil verknüpft werden. Die teilnehmenden Institutionen erhoffen sich davon mehr Transparenz beim Umgang mit den personenbezogenen Daten.

Dass Blockchain im Finanzbereich bereits Anwendung findet, zeigte der Bitcoin-Boom. Neben privaten Akteuren finden aber auch bei Zentralbanken Überlegungen zu digitalen Währungen statt. „Digitales Zentralbankgeld“ (Central Bank Digital Currencies, CBDCs) könnte das Finanzsystem „grundlegend verändern“, findet der Digitalverband Bitkom. In einem Leitfaden fordert er deshalb auch, das „Tempo bei der Erprobung […] eines digitalen Zentralbank-Euro auf Blockchain-Basis“ anzuheben. Das Potenzial der Blockchain-Technologie müsse genutzt werden, ansonsten werde Europa international schnell abgehängt.

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